Viel los im Quartiersmanagement
Gemeinschaftsgärten sind ein beliebtes Projekt im Quartiersmanagement. Foto: © Leonardo.Ai

Viel los im Quartiersmanagement

Stadtteile und Viertel mit besonderen Herausforderungen stärken: Dieser sinnstiftenden Aufgabe kommen Fachkräfte im Quartiersmanagement nach. Dabei setzen sie auf vielfältige Projekte und Nachbarschaftskontakte auf Augenhöhe. Eine Quartiersmanagerin berichtet.

Text: Anja Schreiber

Wenn brache Flächen und Parkplätze zu Gemeinschaftsgärten und Begegnungszonen werden, wenn in Nachbarschaftsbüros Sozial- und Berufsberatung angeboten werden, dann war wahrscheinlich das Quartiersmanagement am Werk. Als Organ der Stadtentwicklung übernimmt es vielfältige Aufgaben für die Stärkung der Identität in einem Stadtteil mit spezifischen Herausforderungen. Fachkräfte in diesem Bereich sind daher häufig vor Ort im Einsatz, moderieren, koordinieren und organisieren den Entwicklungsprozess des Viertels mit konkreten Projekten.

Wie die Arbeit im Quartier konkret aussieht, zeigt sich an den Aufgaben der 38-jährigen Elina Schick. Sie ist Quartiersmanagerin im Bonner Macke-Viertel: „In unserem Viertel ist der Anteil von Senior*innen, Arbeitslosen und Menschen, die Sozialleistungen erhalten, höher als im Bonner Durchschnitt. Außerdem haben Geflüchtete in unserer Nachbarschaft ein neues Zuhause gefunden.“ Deshalb hat das von der Stadt Bonn geförderte Quartiersbüro laut seiner Richtlinien die Aufgabe, sozial stabile Strukturen zu schaffen, sie langfristig zu erhalten und zugleich die Wohnverhältnisse im Quartier auf Dauer zu verbessern.

„Das Quartiersbüro ist die erste Anlaufstelle für alle Menschen, die Unterstützungsbedarf haben“, berichtet Elina Schick. „Wir sind ein niederschwelliges Angebot, das in einer super Lage mitten im Quartier liegt, direkt neben einer Apotheke.“ Die Quartiersmanagerin und ihre Kollegin kommen mit den Besucher*innen des Büros ins Gespräch: „Da viele Menschen meist mehrere Anliegen haben, versuchen wir, herauszufinden, was ihre größte Baustelle ist. Bei uns können die Leute ohne Termin vorbeikommen, wenn sie zum Beispiel einen Brief vom Sozialamt bekommen haben.“ Sie können dann die Menschen zu den richtigen Fachstellen im Quartier weitervermitteln. „Da viele im Dschungel der Beratungsangebote gar nicht wissen, wohin sie gehen sollen, ist das für die Betroffenen besonders hilfreich.“

Großes Angebot – viele Hüte

Neben den Einzelgesprächen bietet das Büro auch verschiedene Veranstaltungsformate für Gruppen an: von der Krabbelgruppe über die Hausaufgabenhilfe bis zur Handysprechstunde und Formularhilfe. Auch ein wöchentliches Quartierscafé und eine Lebensmittelausgabe gehören dazu. „Gemeinsam mit 40 Ehrenamtlichen haben wir zum Beispiel ein eigenes Stadtteilfest organisiert und beteiligen uns am Macke-Viertel-Fest“, erklärt Elina Schick. Wenn sich Bürger*innen engagieren wollen, ist sie ebenfalls Ansprechpartnerin und hilft bei der Umsetzung von Ideen. „Viele unserer Angebote werden von Ehrenamtlichen geleitet. Wir unterstützen und begleitet sie bei ihrem Engagement. So sorgen wir beispielsweise dafür, dass Ehrenamtliche nicht zu viel machen und stehen ihnen bei Fragen oder Konflikten zur Seite.“ Auch für die Öffentlichkeitsarbeit vor Ort ist die Quartiersmanagerin zuständig: „Ich verfasse unter anderem unseren E-Mail-Newsletter und aktualisiere unsere Website. Mit der Öffentlichkeitsarbeit des Kreisverbandes Bonn des Deutschen Roten Kreuzes – unserem Träger – arbeite ich in Sachen Soziale Medien zusammen.“ Eine weitere wichtige Aufgabe der Quartiersmanagerin Elina Schick sei es, sich mit den verschiedenen Akteur*innen im Viertel und in der Bundesstadt zu vernetzen, etwa mit den unterschiedlichen sozialen Einrichtungen für Senior*innen, Kinder und Jugendliche: „Wir haben guten Kontakt zu den verschiedenen Ämtern, aber auch zu kirchlichen und konfessionslosen Trägern.“

Wie vielfältig die Aufgabenstellungen der Quartiersmanager*innen aussehen können, zeigen verschiedene Stellenausschreibungen. Das Senior*innenheim „Schloss Hochaltingen“ im bayerischen Fremdingen suchte zum Beispiel eine*n „Quartiersmanager (m/w/d)“. Die entsprechende Fachkraft soll Maßnahmen und Projekte koordinieren und begleiten, dabei auch eigene Projekte planen und umsetzen. Zu ihren Aufgaben gehört es zum Beispiel, den Austausch zwischen Bewohner*innen, Angehörigen, Akteur*innen und Bürger*innen zu fördern, ehrenamtliche Strukturen aufzubauen sowie Strukturen und Interessensgruppen zu vernetzen. Öffentlichkeitsarbeit ist ebenfalls Teil des Tätigkeitsprofils.

Von der Stadtbau Aschaffenburg GmbH wurde ebenfalls eine Stelle für einen oder eine Quartiersmanager*in ausgeschrieben – und zwar für die Sanierungsgebiete in der Innenstadt und im Stadtteil Damm. Allerdings unterscheidet sich das Aufgabenprofil deutlich von der Ausschreibung für das Heim für Senior*innen, denn die oder der Quartiersmanager*in hat den Tätigkeitsschwerpunkt im Bereich der Stadtentwicklung. So soll der oder die Stelleninhaber*in die „im integrierten Stadtentwicklungskonzept (ISEK)“ beziehungsweise die „im Integrierten Handlungskonzept (IHK) dargelegten Maßnahmen“ umsetzen und weiterentwickeln. Die Person hat die Aufgabe, Kooperationsstrukturen innerhalb der Sanierungsgebiete aufzubauen und bei der Erstellung von Förderanträgen mitzuarbeiten. Der oder die Quartiersmanager*in ist die Schnittstelle mit Scharnierfunktion zwischen Stadtverwaltung und Akteur*innen vor Ort und arbeitet in den Gremien des Quartiersmanagements mit. Auch die Evaluation abgeschlossener Maßnahmen und Projekte ist Teil der Tätigkeit.

Gute Chancen für Quereinsteiger*innen

Elina Schick berichtet, dass viele Quartiersmanager*innen ein Studium der Sozialen Arbeit, der Pädagogik oder im Bereich der Stadtplanung absolviert hätten. Über das Studium hinaus bieten verschiedene Hochschulen und Akademien berufsbegleitende Weiterbildungen im Bereich Quartiersmanagement und Gemeinwesenarbeit an. Die Anforderungen an die Vorbildung von Quartiersmanager*innen sind in der Regel vom Träger der Einrichtung abhängig. „Ist ein Quartiersbüro zum Beispiel im Rahmen eines Städtebau-Programms eingerichtet worden, sind dort in der Regel Stadtplaner*innen tätig“, erklärt Elina Schick.

Die Geistes- und Sozialwissenschaftlerin selber ist eine Quereinsteigerin: Sie hat einen Magisterabschluss in den Fächern Politische Wissenschaften, Neuere Geschichte und Jura. Nach ihrem Studienabschluss war sie in einer Umweltorganisation und dann viele Jahre in einer Agentur für Wissenschaftskommunikation tätig: „Zum Quartiermanagement bin ich durch einen Zufall gekommen. Ich lernte über meine Tochter das Quartiersmanagement im Macke-Viertel kennen und dachte: Was für eine supertolle Einrichtung!“ Kurze Zeit später erfuhr Elina Schick von einer Stellenausschreibung und bewarb sich erfolgreich „Ich habe dann eine einjährige zertifizierte Weiterbildung zur Quartiersentwicklerin absolviert“, sagt sie.

Dass Quartiersmanager*innen je nach Stellenprofil und Aufgabenbereich ganz unterschiedlichen Anforderungen gegenüberstehen, zeigen die offenen Jobs: So war die Voraussetzung für die Stelle in Aschaffenburg möglichst ein Hochschulabschluss in Geografie, Städtebau oder Sozialwesen oder eine vergleichbare Qualifikation. Außerdem wurden Kenntnisse einschlägiger Rechts- und Verwaltungsvorschriften erwartet. Ein anderes Anforderungsprofil veröffentlichte das Heim für Senior*innen „Schloss Hochaltingen“. Es erwartete ein „abgeschlossenes Studium der Sozialpädagogik/Sozialen Arbeit oder eine abgeschlossene Ausbildung zur Pflegefachkraft“. Zugleich legte die Ausschreibung großen Wert auf das Selbstverständnis der Bewerber*innen. Der Träger formulierte in den Anforderungswünschen zum Beispiel, dass sich Bewerber*innen mit inklusiver Quartiersarbeit identifizieren und als Bürgermoderator*innen verstehen sollten. Bewerber*innen sollten sich zudem im Bereich Öffentlichkeitsarbeit auskennen und idealerweise bereits über Erfahrungen in der partizipativen Arbeit mit Menschen verfügen. Außerdem ein „Profi im Projektmanagement und der Erstellung von Konzepten“ gewünscht.

Das Soziale im Fokus

In beiden Stellenanzeigen wurde großer Wert auf Soft Skills gelegt. So erwartete die Stadtbau Aschaffenburg von den potenziellen Quartiersmanager*innen selbstständiges, verantwortungsvolles und ergebnisorientiertes Arbeiten, aber auch Kommunikationsfähigkeit, Motivationskraft, Organisations- und Teamfähigkeit. Darüber hinaus sollten die Bewerber*innen bereit sein, auch Abendtermine zu absolvieren und ihre Arbeitszeit flexibel zu gestalten. Das Schloss Hochaltingen wünschte sich eine*n Quartiersmanager*in, der oder die zuverlässig, motiviert, kommunikativ und einfühlsam ist sowie gerne eigenverantwortlich und gleichzeitig teamorientiert arbeitet.

Auch Elina Schick weiß, wie wichtig Soft Skills für ihre Arbeit sind: „Ich muss sehr flexibel sein, denn an unseren Bürotagen kommen ständig Leute mit ganz unterschiedlichen Anfragen rein.“ Um sich allen Besucher*innen gleich gut widmen zu können, braucht sie Gelassenheit und manchmal auch Konfliktfähigkeit. „Ich muss gut zuhören können und Gelassenheit ausstrahlen – und zwar egal, ob es 9 Uhr oder 14 Uhr ist.“ Das sei eine Herausforderung. „Aber wir haben viele Freiheiten, sowohl vonseiten des Trägers als auch von städtischer Seite wird uns großes Vertrauen entgegengebracht. So können wir auch spontan auf Bedarfe im Viertel reagieren und unsere Angebote anpassen“, berichtet die Quartiersmanagerin. Ihr persönliches Fazit ist eindeutig: „Ich habe den schönsten Job für mich gefunden. Das Arbeitsumfeld ist toll. Ich erlebe viel Wertschätzung und kann Menschen wirklich weiterhelfen.“

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