
Mama arbeitet wieder
Nach der Elternpause zurück in den Job zu finden, ist aus verschiedenen Gründen eine echte Herausforderung. WILA-Autorin Elisabeth Werder berichtet von ihren Erfahrungen zwischen Krippeneingewöhnung, Jobsuche und Berufseinstieg.
Erfahrungsbericht: Elisabeth Werder
Als meine Tochter anderthalb Jahre alt war, begannen wir die Eingewöhnung in der Krippe. Für mich war klar: Wenn sie dort gut angekommen ist, möchte ich wieder mehr arbeiten. Für ein halbes Jahr ging sie zunächst vormittags für drei Stunden in die Einrichtung, um uns beiden einen sanften Übergang in den nächsten Lebensabschnitt zu ermöglichen. Da ich während der Elternzeit und auch davor in geringem Umfang als selbstständige Journalistin tätig war, überlegte ich, mich in Gänze selbstständig zu machen.
Schnell kam ich wieder davon ab: Erstens, weil ich quasi immer, wenn mein Kind geschlafen oder fremdbetreut war, gearbeitet habe. Feierabend, ein Wochenende oder gar Urlaub gab es nicht. Zweitens, weil ich keine Rückfalloption hatte: War mein Kind oder ich krank, musste ich meine Aufträge trotzdem erfüllen, was nur durch Entbehrungen wie weniger Schlaf, weniger Familienzeit oder mit externer Unterstützung möglich war. Drittens: Zu wenig Planungssicherheit, auch in finanzieller Hinsicht.
Die Fühler ausstrecken
Also begann ich, die ersten Bewerbungen zu schreiben. Zunächst ausschließlich an wohnortnahe, passgenaue Teilzeitstellen im Journalismus oder Marketing – welche rar gesät waren. Trotz einiger Bewerbungsgespräche bekam ich kein konkretes Jobangebot. Mit der Zeit wurde ich mutiger, bewarb mich auch auf weniger passgenaue Stellen und zeigte mich offen bezüglich einer Fort- oder Weiterbildung. Die Personalabteilungen zeigten sich wenig kompromissbereit: Teilweise wurde ganz unverhohlen gesagt, dass die Stelle nicht teilzeitgeeignet und damit auch nicht familientauglich sei; teilweise wurden andere Vorwände vorgeschoben oder es passte tatsächlich für beide Seiten nicht.
Frustriert von der monatelangen erfolglosen Jobsuche bat ich bei der Arbeitsagentur um Unterstützung. Die bekam ich in Form von Beratungsgesprächen, neuen Jobangeboten und einem Bildungsgutschein für eine Weiterbildung im Online-Marketing. Die Eingewöhnung war mittlerweile abgeschlossen und mein Kind gut in der Einrichtung angekommen, die erste Kita-Krankheitswelle hatten wir ebenfalls erfolgreich hinter uns gebracht. Um die Möglichkeiten zur Jobsuche voll auszuschöpfen und, falls es endlich klappen sollte, genug Zeit für den Job zu haben, verlängerten wir die Betreuungszeiten in der Kita auf sechs Stunden pro Tag.
Bewerbungsphase
Nach rund einem Jahr erfolgloser Jobsuche begann ich meine Weiterbildung. Wieder ein halbes Jahr später klappte es schließlich mit dem Traumjob: Nach einem Vorstellungsgespräch bei einem Hersteller von Baby-Produkten war für mich sofort klar, da will ich hin. Tatsächlich war auch diese Stelle eigentlich in Vollzeit ausgeschrieben, was sich beim ersten Gespräch als Hindernis herausstellte. Weil es für beide Seiten so gut passte, wurde mir der Job trotzdem angeboten. Die Herausforderung, die Stelle trotzdem voll zu besetzen, lösten wir dank Job-Sharing und neuer Aufgabenverteilung.
So schmerzhaft und enttäuschungsreich die lange Bewerbungsphase auch war, bot sie mir Entwicklungspotenzial: Ich wusste, dass ich nur in einem Unternehmen arbeiten kann und möchte, in dem ich als Mutter gesehen und wertgeschätzt werde. In dem meine Skills und Fähigkeiten, die ich durch die Elternschaft dazugewonnen habe, anerkannt werden – anstatt kleingeredet oder gar abgewertet zu werden. Natürlich schränkt das die Auswahl potenzieller Arbeitgeber*innen ein: Vor allem auf familien- oder frauengeführte Unternehmen, solche aus der Baby- oder Familienbranche oder junge „female empowerment Companies”.
Zwei Wochen nach dem dritten Geburtstag meiner Tochter wagte ich ganz offiziell wieder den Einstieg ins Berufsleben: Für 20 Stunden pro Woche unterstütze ich seit November ein junges Unternehmen als Content Managerin im Marketing. Meine Arbeitswoche verteilt sich auf vier Arbeitstage à fünf Stunden, einen davon grundsätzlich im Homeoffice. Schnell habe ich gemerkt, dass sich das Warten auf die richtige Stelle gelohnt hat: Mein gutes Gefühl aus dem Bewerbungsgespräch hat sich bestätigt. Ich arbeite in einem tollen Team, durfte sofort eigene Projekte in Angriff nehmen und kann mir meinen Arbeitsalltag frei gestalten.
Family-Work-Balance
Gleitzeit, eigenverantwortliches Arbeiten und eine großzügige Homeoffice-Regelung ermöglichen mir das Leben als Working Mom: Den Morgen verbringe ich bewusst und ohne Zeitstress mit meiner Tochter, so klappt das Abgeben in der Kita meist ohne Tränen. Wenn sie krank ist, bleibe ich eben spontan zuhause und verschiebe meine Arbeitsstunden auf den Mittagsschlaf des Kindes oder die Stunden, die mein Mann zuhause ist.
Gerade weil mir so viele Freiheiten und Zugeständnisse gemacht werden, ist mein Commitment gegenüber meinem Arbeitgeber groß. Anstatt meine Mutterrolle im Büro außen vor zu lassen, tauschen wir uns gegenseitig über unsere Erfahrungen aus. Natürlich gibt es auch Situationen, in denen die Vereinbarkeit von Job und Familie eine Herausforderung ist: Zu Beginn fiel mir die Umstellung schwer, viele Stunden des Tages von meiner Tochter getrennt zu sein.
Wenn man zum Beispiel einen wichtigen beruflichen Termin hat und das Kind an diesem Morgen mit Fieber aufwacht, sorgt das für Gefühlschaos. Umso hilfreicher sind ein*e verständnisvolle*r Partner*in, ein familienfreundlicher Arbeitgeber oder ein „Back-Up” in Form der Großeltern oder eines Babysitters. Es ist wie bei jedem Neuanfang: Es braucht Geduld, Übung und Gelassenheit, in die neue Rolle hineinzuwachsen.
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