Echte Begegnungen ermöglichen
Als Berater*in für Entwicklungszusammenarbeit zu arbeiten, erfordert Offenheit und Kommunikationfähigkeit.

Echte Begegnungen ermöglichen

Berater*innen auf Zeit sind in der Entwicklungszusammenarbeit tätig und begleiten mit speziellem Fachwissen Partnerorganisationen, Mitarbeiter*innen, Projekte, Prozesse und fördern Netzwerkarbeit. Ein Berufsfeld zwischen Spannung und Flexibilität.

Text: Maike von Haas

Dr. Friederike Repnik berät zum Umgang mit gewaltbelasteter Vergangenheit. Foto: Agiamondo/Christoph Seelbach

„Ich wollte schon immer mit Menschen arbeiten und hatte nach dem Abitur im Rahmen eines Freiwilligen Sozialen Jahres die Erfahrung gemacht, dass gerade in der Begegnung mit Menschen und in der Verletzbarkeit von Menschen eine große Kraft liegt, insbesondere dann, wenn sie bereit sind, sich damit zu zeigen“, erklärt Dr. Friederike Repnik.

Repnik ist sogenannte Beraterin auf Zeit beim Agiamondo e.V., einer katholischen Organisation, die Fachpersonal für internationale Zusammenarbeit für kirchliche und zivilgesellschaftliche Organisationen vermittelt und im Rahmen des zivilen Friedensdienstes (ZFD) gemeinsam mit Partnerorganisationen weltweit einen Beitrag zur Friedensförderung leistet. Friederike Repniks Fokus liegt auf dem Umgang mit gewaltbelasteter Vergangenheit und Versöhnung.

Berater*innen auf Zeit haben häufig eigene Erfahrung als Fachkraft in der Entwicklungszusammenarbeit gesammelt und waren über einen längeren Zeitraum in einem Land tätig. Sie vermitteln ihre Erfahrung und Wissen in einem Schwerpunktgebiet — der berufliche Hintergrund kann dabei beispielsweise ein psychologischer sein, ein sozialer, journalistischer, kulturwissenschaftlicher, agrarwissenschaftlicher oder betriebswirtschaftlicher.

Friederike Repnik ist studierte Religionswissenschaftlerin und vorwiegend für sechs Länder- beziehungsweise Regionalprogramme zuständig. Bei Bedarf arbeitet sie auch für weitere Länder. Während Fachkräfte im ZFD beim Agiamondo e.V. immer Teil eines Teams vor Ort in einem Land sind, leben Berater*innen auf Zeit an einem Ort und reisen für kürzere Zeit in die Länder der Entwicklungszusammenarbeit. So auch Friederike Repnik, die ihren Hauptwohnsitz in Berlin hat und 2022 mehrere, mehrwöchige Reisen in den Südsudan, nach Kolumbien, Sri Lanka, Liberia, Guatemala, Israel/Palästina und Kamerun unternahm.

Schwierige Themen angehen

Ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) absolvierte Friederike Repnik in einer psychiatrischen Klinik und ging anschließend im Rahmen eines Freiwilligendienstes nach Israel. Im Diplomstudium der Sozialen Arbeit konzentrierte sie sich auf den Umgang mit psychisch kranken und suchtkranken Menschen. Ein Auslandspraktikum in Peru ermöglichte erste Berührungen mit der Entwicklungszusammenarbeit. Im sich anschließenden Magisterstudium der Religions- und Kulturwissenschaften befasste sie sich zunehmend mit den Themen Gewalt, Vertreibung, Flucht und Trauma.

Mit diesem Wissen ging sie nach ihrem Studium als Fachkraft der kirchlichen internationalen Zusammenarbeit nach Kolumbien und arbeitete dort vier Jahre in der psychosozialen Begleitung von vertriebenen Familien. In dieser Zeit führte sie ein Forschungstagebuch und hielt darin relevante Erfahrungen fest. Es folgte eine Promotion an der Universität Bremen über Gewalt, Trauma und Religion in Kolumbien. Im Anschluss war sie Freiberuflerin und absolvierte eine Weiterbildung in der Traumapädagogik/Traumafachberatung. Bei Agiamondo ist die Beraterin auf Zeit nun fast fünf Jahre tätig.

Organisieren und beraten

Ihre Arbeit erlebt Friederike Repnik als sehr zufriedenstellend: „Echte Begegnung ist immer etwas Besonderes, denn wenn Menschen sich trauen, über eigene Erfahrungen zu sprechen, kann das zur Integration der Erfahrungen beitragen. Gewalt schafft Schweigen, und wenn es dann jemand schafft zu reden, ist das ein großer Schritt. Das wirkt sozialer Fragmentierung entgegen und stabilisiert Menschen, die es so schaffen, wieder Teil von sozialen Prozessen zu werden und in Begegnung und Beziehung zu kommen.“

In ihrer aktuellen Tätigkeit fördert Friederike Repnik Begegnung und Austausch, baut Netzwerke auf und begleitet Fachkräfte, Koordinator*innen und Partnerorganisationen vor Ort: „In Kontexten der Gewalt ist es für die Mitarbeitenden von Organisationen wichtig, immer wieder aus den eigenen Dynamiken herauszukommen und andere Perspektiven kennenzulernen.“

In Zusammenarbeit mit Kolleg*innen und Partnerorganisationen bereitet die Religionswissenschaftlerin unter anderem internationale Workshops vor und führt diese durch. Zu ihren Aufgaben gehört auch, Konzepte und Artikel zu schreiben und Vorträge zu halten. Nicht zuletzt berät sie ihre Geschäftsstelle in Köln zu Fragen politischen oder fachlichen Diskursen und Impulsen, die im Themenfeld Umgang mit gewaltbelasteter Vergangenheit und Versöhnung gesetzt werden könnten und sollten.

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