
Lydecca – die doppelte Chefin
Jobsharing klingt nicht nur besser als Teilzeit, es bietet auch handfeste Vorteile und Chancen. Die Journalistinnen Lydia Leipert und Rebecca Zöller erleben das als Führungsduo beim Bayerischen Rundfunk tagtäglich.
Text: Janna Degener-Storr
Lydecca Zoelpert – so heißt der Teamlead im Digitalbereich des Bayerischen Rundfunks. Schreibt man eine E-Mail an Lydecca.Zoelpert@br.de, dann landet diese in den Postfächern von Lydia Leipert und Rebecca Zöller. Die beiden Journalist*innen teilen sich nämlich die Führungsposition in der Redaktion, die Spielfilme, Dokumentarfilme und Serien digital betreut.
Wenn es um die Personalarbeit im gemeinsamen Team geht, dann arbeiten die beiden sehr eng zusammen. Die inhaltlichen Tätigkeiten haben sie dagegen weitgehend unter sich aufgeteilt, sodass ihre Mitarbeiter*innen immer ziemlich genau wissen, wen sie zu welchen Fragen ansprechen sollen.
Wer arbeitet wann und wo? Wer weiß Bescheid?
Vormittags arbeitet das Führungsduo parallel, die Nachmittage haben die Journalistinnen unter sich aufgeteilt, und es gibt auch einen Bereitschaftsdienst, den sie abwechselnd übernehmen. „Unser Team ist darüber informiert, wer von uns wann da ist. Aber ich kann auch mal eine Frage zum ‚Tatort‘ beantworten, für den eigentlich Lydia zuständig ist. Denn wenn sie in den Urlaub geht oder krank ist, gibt sie die wichtigsten Informationen an mich weiter“, erklärt Rebecca Zöller.
Auch wenn eine von beiden an einer mehrstündigen Sitzung teilnimmt, informiert sie die andere live über Tools wie Trello oder Microsoft Teams, die sich auch für Übergaben eignen. „Wir sind da inzwischen richtig gut eingespielt. Dass man das lernt, ist ein Vorteil des Jobsharings“, sagt Lydia Leipert. Die beiden Münchnerinnen haben zwar ein gemeinsames Büro, arbeiten aber auch viel im Homeoffice.
Für die Kommunikation untereinander wählen sie je nach Dringlichkeit das passende Mittel. „Wenn wirklich die Hütte brennt, muss man anrufen. Für die langfristigen Sachen eignen sich E-Mails oder MS Teams, das bei uns im Haus viel genutzt wird“, sagt Zöller. Und ihre „workwife“ ergänzt: „Aber wir schicken uns oft auch eine kurze Nachricht per Whatsapp.“
Gemeinsam unterwegs – privat und im Beruf
Beide haben Kinder und sind froh über die Gewissheit, dass die Arbeit auch dann läuft, wenn sie selbst Feierabend haben. Und doch verschwimmen die Grenzen zwischen Privatleben und Beruf gerade durch das Jobsharing – zumal sie schon vorher gute Freundinnen waren. „Wenn uns bei der Arbeit etwas beschäftigt, rutscht das auch mal in eine private Party rein. Wir trennen das auch nicht kategorisch, denn die Arbeit ist ja ein wichtiger Teil von uns und unserem Leben“, sagt Zöller.
Seitdem sie sich einen Job teilen, nutzen Lydia Leipert und Rebecca Zöller regelmäßig die Unterstützung durch einen Coach. Zunächst ging es darum, das Tandem zu etablieren und die organisatorischen Rahmenbedingungen festzulegen. Dann haben sie eine gemeinsame Vision und eine Strategie zum Erreichen ihrer Ziele entwickelt. Und aktuell geht es beispielsweise darum, wie man als Team seinen Mitarbeiter*innen Feedback gibt und mit ihnen über Konflikte spricht. Der BR habe wie die meisten großen Unternehmen ein Budget dafür, erklären die beiden.
In ihrem Buch „Geteilte Arbeit. Doppelt durchstarten“ erzählt das erfahrene Jobsharing-Duo, wie es anfängliche Schwierigkeiten gemeistert hat und welche Argumente – auch aus Arbeitgebersicht – für das Modell sprechen. Neben den Autorinnen selbst kommen auch andere Jobsharer zu Wort sowie unterschiedliche Expert*innen, die sich mit Themen wie Design-Thinking, New Work und guter Führung beschäftigen.
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