Berufe für Biolog*innen
Biolog*innen können sich im Bereich Gewässer weiterbilden. Foto: © Leonardo.Ai

Berufe für Biolog*innen

Biolog*innen müssen sich schon früh mit der Frage auseinandersetzen, wo sie später einmal unterkommen wollen. Gerade in dieser Branche ist nichts für immer – und Weiterbildungen öffnen neue Türen.

Text: Christine Lendt

Fachkräftemangel? Im Bereich der Biologie machte sich dies lange eher nicht bemerkbar – entgegen diesem Vorurteil ist die Anzahl der sozialversicherungspflichtigen Biolog*innen in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen. Den Fachkräften stehen nach ihrem Studium fast alle Berufsfelder offen, die ein biowissenschaftliches Verständnis verlangen. Das geht über die klassische Forschung an der Universität oder in der freien Wirtschaft weit hinaus. So stellt beispielsweise der Verband Biologie, Biowissenschaften und Biomedizin in Deutschland e.V. (VBIO) in seiner Publikation „Perspektiven – Berufsbilder von und für Biologen“ exemplarisch 87 Lebensläufe vor, die aufzeigen, was sich alles mit dem Hintergrund eines Biologie-Studiums anfangen lässt.

„Die sehr breite biowissenschaftliche Ausbildung ermöglicht den Einstieg in viele Bereiche. Gerade die berufliche Flexibilität von Biolog*innen, bei einer besonders ausgeprägten Begeisterungsfähigkeit für ihr Fach, ist bei den Arbeitgebern hoch angesehen“, bestätigt Dr. Carsten Roller, Ressortleiter Ausbildung und Karriere beim VBIO. „Spätestens im Masterstudium sollte man erste Weichenstellungen vornehmen und sich ehrlich fragen, ob man sich in fünf Jahren eher in der Forschung sieht, in der Lehre, in der Selbstständigkeit, im Amt, gar im Vertrieb oder doch eher in einer NGO.“ Carsten Roller verweist allerdings auch darauf, dass lebenslange Stellen in einem einzigen Bereich heutzutage fast nur noch im Beamtenverhältnis üblich seien und es selbst dort die Bereitschaft zum lebenslangen Lernen brauche.

Forschung und mehr

Die biowissenschaftliche Ausbildung prädestiniere natürlich erst einmal für die Laborarbeit, stellt Carsten Roller fest: „Aber spätestens mit dem akademischen Abschluss stellt sich die Frage, ob man noch selbst im Labor arbeiten oder dort in einer Führungsposition andere zum selbständigen Laborarbeiten anleiten möchte.“ Wer Freude daran hat anderen etwas beizubringen, kann sich in die Lehrtätigkeit nicht nur an Hochschulen oder Schulen vertiefen. Absolvent*innen, denen die Arbeit in der Natur wichtig ist, können in einem der zahlreich vorhandenen Biologenbüros anfangen, wobei auch dort die Arbeit am Computer den Alltag dominiert.

„Wem der Umgang mit Menschen wichtig ist, kann zum Beispiel in der Kommunikation oder der Beratung Karriere machen. Der Übergang zu Marketing ist hier fließend“, ergänzt Carsten Roller. Er selbst kam durch die Beschäftigung mit den Stammbäumen in der Mikrobiologie früh in Kontakt mit der Informatik. „Die Nähe zur Bioinformatik hat mir viele Türen geöffnet, obwohl ich mich zwischenzeitlich in eine andere Richtung weiterentwickelt habe“, erklärt er. Weil biowissenschaftliches Know-how in sehr vielen Bereichen gesucht wird, gibt es seiner Einschätzung nach fast keinen Arbeitgeber, der nicht schon einmal eine Person mit biowissenschaftlicher Ausbildung angestellt habe.

In allen Bereichen gilt es sich mit Schlagwörtern wie Nachhaltigkeit, Dekarbonisierung, Green Chemistry oder Umweltverträglichkeit auseinanderzusetzen. „Hier hilft biowissenschaftliches Denkvermögen, das dann gegebenenfalls an die jeweilige Branche angepasst werden muss. Hier sollten Berührungsängste fehl am Platz sein“, so Carsten Roller. Sehr unterschiedlich können die spezifischen Fähigkeiten und Qualifikationen aussehen, die in den einzelnen Berufsfeldern gefragt sind, hat doch jeder Arbeitsplatz eigene Anforderungsprofile. „Es lohnt sich, die Stellenanzeigen genau zu studieren oder den Mitarbeitenden der potentiellen Arbeitgeber genau zuzuhören“, rät Carsten Roller und verweist auf eine Online-Seminarreihe, die der VBIO seit einigen Jahren anbietet: In dieser werden auch spezifische Soft-Skills vermittelt, indem die Referent*innen aus der Berufspraxis hilfreiche Hinweise geben, welche spezifischen Fähigkeiten und Qualifikationen sie in ihrer eigenen Karriere weiter gebracht haben. Auf dem Youtube-Kanal des VBIO können Interessierte eine ganze Reihe von Webinaren nachholen.

Je nach Bereich andere Fähigkeiten

Aktuelle Entwicklungen und Technologien dürften sich auch auf die Zukunft der Biologie-Berufe auswirken. Die Bedeutung der Biologie und der biologischen Wirkprinzipien wird in immer mehr Branchen erkannt und genutzt und werden“, resümiert Carsten Roller. „Dies wird wohl auch weiterhin gültig sein, nachdem sich der Hype um entsprechende Modewörter wie Nachhaltigkeit oder Bioökonomie gelegt hat. Also gute bis beste Aussichten für die Biologie-Berufe. Allerdings gilt auch hier das Prinzip ‚Survival oft he fittest‘. Auch wichtige Schlüsselqualifikationen solle man frühzeitig anstreben.

Fachkräfte auf Jobsuche können sich bezüglich spezifischer Qualifikationen an aktuellen Ausschreibungen orientieren: So suchte das Staatliche Amt für Landwirtschaft und Umwelt Mecklenburg-Vorpommern aktuell eine Fachkraft für den naturschutzrechtlichen Vollzug, bei dem naturschutzfachliche Aspekte bei der Genehmigung für Windenergieanlagen überprüft, in diesem Kontext auch Maßnahmen des Natur- und Artenschutzes geplant und außerdem bei Verstößen Ordnungswidrigkeiten, Widersprüche und Klageverfahren bearbeitet werden sollen.

Auch unbefristete Stellen, in Teilzeit und mit Homeoffice-Option sind zu finden. So suchte kürzlich der Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft (NLWKN) eine*n Biolog*in (m/w/d) für die Betriebsstelle Hannover-Hildesheim. Hier geht es unter anderem um die fachbehördliche Beratung bei der Umsetzung des von diesem Bundesland geplanten Ausbaus der erneuerbaren Energien und der damit verbundenen Infrastrukturprojekte auf verschiedenen Planungs- und Genehmigungsebenen.

Weiterbildungen zur Profilschärfung

Als größte Herausforderung für Biolog*innen benennt Carsten Roller den permanenten Druck, sich mit den neuesten wissenschaftlichen Entwicklungen in der Biologie auseinander setzen zu müssen: „Dies ist aber auch die größte Chance, da in der heutigen schnelllebigen Zeit genau diese Fähigkeit zur permanenten Anpassung sehr gefragt ist. Es gibt auch genügend ökologische Nischen, in denen man sich aufgrund der eigenen Expertise ausruhen kann – aber eben nur, solange kein Konkurrent oder Feind um die Ecke kommt. Dies ist ein evolutionsbiologisches Prinzip, das wir verinnerlicht haben sollten.“ Die kostenlose Weiterbildung „Bodenuntersuchung online: Einfacher mit genormten Verfahren arbeiten“ der DIN-Akademie ermöglicht es Biolog*innen ihr Wissen in Bezug auf Vorschriften im Umweltschutz auf Stand zu bringen und die Jobchancen in diesem Bereich zu erhöhen.

„Wer einen Wiedereinstieg, zum Beispiel nach einer Familienpause oder einen Branchenwechsel erwägt, ist auf fachspezifische Weiterbildungen angewiesen“, erklärt Carsten Roller. Hier hat der VBIO auf seiner Homepage eine Vielzahl einschlägiger Anbieter aufgeführt, die in der Regel auch eine Förderungsmöglichkeit durch die Arbeitsagenturen anbieten. Dabei können Fachkräfte vor allem auf Weiterbildungen mit Praxisphase setzen, in denen sie das neu Gelernte oder Aufgefrischte direkt anwenden können. Der wichtigste Punkt in Bezug auf die stetige Weiterbildung als Biolog*in stellt jedoch der potenzielle Einsatz dar: Für welchen Bereich, welche Aufgabe oder Branche soll das jeweilige Angebot qualifizieren? Diese Frage sollten sich Fachkräfte stets beantworten können, um den eigenen roten Faden nicht zu verlieren.

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