Wasser marsch!
Im globalen Westen galt es lange als selbstverständlich: das Grundwasser. Doch Klimawandel und industrielle Lebensweisen bedrohen die Ressource – und rufen zu ihrem Erhalt Fachkräfte des Grundwasserschutzes und -managements auf den Plan.
Text: Daniela Knoll
Sauberes Grundwasser ist einerseits ein Wirtschaftsgut, das von verschiedensten Unternehmen gebraucht und genutzt wird. Andererseits übernimmt es wichtige Funktionen für den Naturhaushalt und ist für Menschen, Tiere sowie Pflanzen überlebensnotwendig. Doch diese beiden Pole geraten leicht in Konflikt: Veränderte Umwelt- und Lebensgewohnheiten sowie Einflüsse des Klimawandels erfordern neue, nachhaltige und innovative Methoden, um sauberes Grundwasser zu erhalten und zu erneuern. Deshalb ist das Grundwassermanagement auf das Wissen und die Erfahrung von Fachkräften aus unterschiedlichsten Bereichen angewiesen. So arbeiten hier häufig Expert*innen aus der Umweltberatung, dem Umweltschutz, aus Wasserwirtschaftsbetrieben, aus Wasser- sowie Bauernverbänden, dem Hochwasserschutz, der Forst- und Landwirtschaftsbetriebe sowie aus der Forschung zusammen.
Global hat der Grundwasserschutz aufgrund der stetig verknappenden Wassermengen eine immense Bedeutung. Laut der Umweltschutzorganisation World Wide Fund for Nature (WWF) sei die Wasserknappheit in Europa auf jahrzehntelanges Missmanagement zurückzuführen: „Praktisch überall auf dem Kontinent wurden demnach Feuchtgebiete trockengelegt, Flüsse begradigt, kanalisiert und aufgestaut sowie Grundwasserneubildungsgebiete zerstört.“ Damit die unersetzliche Ressource Wasser erhalten bleibt, hat die Bundesregierung per Kabinettsbeschluss vom 15. März 2023 die „Nationale Wasserstrategie“ ins Leben gerufen, um die „Grundlage für ein modernes Wassermanagement“ zu legen. So gibt es beispielsweise das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderte Verbundprojekt „KIMoDIs“. Dieses hat unter anderem das Ziel, „mit Hilfe künstlicher Intelligenz extreme Grundwasserstände vorherzusagen, um dann durch angepasstes Ressourcenmanagement entgegensteuern zu können.“ Auch die Deutsche Forschungsgesellschaft (DFG) initiiert ein Projekt mit dem Namen „International Ocean Discovery Program“, welches submarine Grundwasservorkommen hinsichtlich ihrer nachhaltigen Nutzung bewertet. Projekte wie diese bieten Fachkräften potenzielle Stellen.
Stetig in Bewegung
Aber auch Umweltbehörden sind häufig Arbeitgeber in diesem Bereich so wie das technisch-wissenschaftliche Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (LANUV). Es dient als zentrale Informations- und Koordinationsstelle für Klimaschutz und Klimawandel und nimmt auch im Verbraucherschutz eine wichtige Rolle ein. Im LANUV leitet Dr. Sabine Bergmann den Fachbereich für Grundwasser, Wasserversorgung, Trinkwasser, Lagerstättenabbau. Die studierte Geoökologin kam bereits 2003 über den Service des WILA Arbeitsmarkt zur Umweltlandesbehörde. Inzwischen ist sie stellvertretende Abteilungsleiterin für Wasserwirtschaft, Gewässerschutz im LANUV. Ein Gebiet, dass sie fasziniert: „Ich bin jetzt knapp 50 Jahre alt und staune seit knapp 50 Jahren über die Ressource Grundwasser. Ich erinnere mich, dass ich als Kleinkind an Quellen gestanden habe und mich staunend gefragt habe, wie kann das sein? Ich stehe hier oben auf einem Berg und hier ist klares Wasser vorhanden, das einfach aus dem Felsen herausfließt. Das hat mich begleitet.“
Die Entnahmen von Süßwasser aus Grund- und Oberflächenwasser durch Bergbau, verarbeitendes Gewerbe, Energieversorger, der Landwirtschaft und der öffentlichen (Trink-)Wasserversorgung sind beträchtlich. Nach Erhebungen des Statistischen Bundesamtes haben diese Nutzergruppen im Jahr 2019 zusammen rund 20 Milliarden Kubikmeter (Mrd. m³) Wasser aus den Grund- und Oberflächengewässern entnommen. Das entspricht in etwa knapp der Hälfte der Wassermenge des Bodensees oder sieben Mal der Wassermenge des Starnberger Sees.
Um eine Übernutzung dieser wertvollen Ressourcen zu vermeiden, muss diese nachhaltig „gemanaged“ werden. Behörden wie das LANUV erarbeiten dafür Grundwasserschutzprojekte: „Da kann man die 54 Wasserbehörden in Nordrhein-Westfalen mit diesen Fragestellungen nicht alleine lassen. Es gibt natürlich schon Konzepte. Aber die müssen angesichts des Klimawandels und des Nutzungsdrucks auf die Ressource Grundwasser weiterentwickelt werden“, so Sabine Bergmann. Weiter listet die Geoökologin einige Grundwasserprobleme auf, die im Berufsfeld Grundwassersanierung eine Rolle spielen können: „Etwa Schadstoffeinträge, Nährstoffbelastungen. Einerseits durch intensive Landwirtschaftsdüngung und Pflanzenschutzmitteleintrag ins Grundwasser. Auf der anderen Seite, gerade im Stadtgebiet, punktuelle Schadstoffbelastungen. Dort sind Altlasten oder Baumaterialien oder PFAS, per- und polyfluorierte Chemikalien, ein ganz großes Problem“, erklärt Dr. Sabine Bergmann. Das Thema Grundwasser birgt daher massive Nutzungskonflikte – und damit eine Herausforderung für Fachkräfte.
Breit gefächerte Qualifikationen
Die Berufsfelder und -möglichkeiten im Bereich Grundwasserschutz und -management reichen von technischen und praxisbezogenen Tätigkeiten bis hin zu abstrakten und wissenschaftlichen Aufgaben. Abseits der Stadt kann beispielsweise die Überwachung und Bewertung submariner Süßwasserquellen in küstennahen Gebieten für Geolog*innen, Hydrogeolog*innen, Hydrolog*innen, Limnolog*innen, Wasserchemiker*innen mit Schwerpunkt Wasserwirtschaft ein interessantes Tätigkeitsfeld sein. Gerade erst hatte der Fachbereich von Dr. Sabine Bergmann am Dienstort in Duisburg eine Stelle für „Hydrogeologinnen / Hydrogeologen (w/m/d)“ ausgeschrieben, um Grundwasserressourcen, unter dem Einfluss des Klimawandels, nachhaltig zu bewirtschaften. Weil es sich um eine Landesbehörde handeln würde, würden von den Stelleninhaber*innen eher „abstrakte Fähigkeiten“ benötigt, so Sabine Bergmann: „Bei dieser Stellenausschreibung hatten wir ein sehr genaues Anforderungsprofil ausgeschrieben mit einem tiefgehenden Masterstudium, auch mit Schwerpunktsetzung in Hydrogeologie, Kenntnisse von Grundwasserhaushalt und von Klimawandel. Und wir arbeiten mit komplexer Software, mit Datenbanken und Grundwassermodellen.“
Was immer wichtig sei, so die promovierte Grundwasserexpertin, sei Interesse und Motivation. Damit macht sie auch Quereinsteiger*innen im Bereich Grundwasserschutz und Grundwassermanagement Mut, sofern die wesentlichen Grundlagen durch ein natur- oder geowissenschaftliches Studium erfüllt sind. Kenntnis und praktische Erfahrung in der Umsetzung von gewässerbezogenen Leitlinien, Verordnungen und technischer Regelwerke sind hilfreich – auch für Fachkräfte in der freien Wirtschaft oder in Forschungsprojekten. Darüber hinaus punkten Bewerber*innen mit Wissen zu aktuellen Schlagworten wie „Water Safety Plans“ (WSP) oder „technisches Sicherheitsmanagement“ im Bereich Trinkwasserversorgung (TSM). Manchmal käme es im Grundwasserschutz durch Fehlentscheidungen zu Rückschritten, so Sabine Bergmann, weshalb man eine gewisse „Frustrationstoleranz“ und „einen langen Atem“ für dieses Berufsfeld mitbringen solle.
Aber auch der routinierte Umgang mit Geoinformationssystemen kann ein Plus für Fachkräfte auf Jobsuche darstellen. Das Ministerium für Umwelt, Klima, Mobilität, Agrar- und Verbraucherschutz-Saarland schrieb kürzlich eine Stelle für ein*e „Hydrogeologe / Umweltwissenschaftler (m/w/d) hD Fachbereich Gebiets- und anlagenbezogener Grundwasserschutz“ für den Höheren Dienst aus. Formale Voraussetzungen waren ein abgeschlossenes Studium mit Master oder Diplom im Bereich Hydrologie/Geologie/Umweltwissenschaften mit Schwerpunkt Hydrogeologie/Wasserwirtschaft/Hydrologie. Auch sollten Bewerber*innen den „Einfluss des Klimawandels auf den Wasserhaushalt kennen“ und „sicher im Umgang mit GIS (ESRI)“ sein. Aufgabenbereiche laut Stellenausschreibung waren zum Beispiel die Arbeit mit „Datenbeständen zur Grundwasserneubildung im Saarland“ und „die mengenmäßige Bewirtschaftung und Überwachung des Grundwassers“.
Aussichtsreiches Feld
Grundwassermanagement und -schutz bieten vielfältige Beschäftigungsmöglichkeiten für Fachkräfte mit umwelt- und naturspezifischem Schwerpunkt. Da Interdisziplinarität eine große Rolle spielt, finden in der Branche sowohl Wasserspezialist*innen als auch angrenzende Fachbereiche sowie Quereinsteiger*innen eine Arbeit mit Sinn. „Das sind ja auch sehr komplexe Fragestellungen: naturwissenschaftlich, geowissenschaftliche, aber auch rechtlich, fachrechtlich. Das ist ja bei den Umweltbelangen so, dass man erstmal diese fachrechtlichen Hintergründe kennen und verstehen muss“, erklärt Sabine Bergmann. Trotz mancher Herausforderungen im Beruf findet Dr. Sabine Bergmann das Berufsfeld „schön“,, weil „das immer interdisziplinär ist, immer facettenreich und immer einen Mix darstellt zwischen einerseits Routine und langjähriger Erfahrung und gleichzeitig stets neuen Fragestellungen, bei denen auch immer wieder neue Forschung und Erkenntnisse dazukommen.“