Altes bewahren mit Abwechslung
Jobs in der Denkmalpflege sind vielfältiger als ihr Ruf. Das Gleiche gilt auch für den Berufseinstieg, denn mittlerweile stehen auch Quereinsteiger*innen die Türen in ein dynamisches Berufsfeld offen.
Text: Anja Schreiber
„Denkmalpflege ist eigentlich wie bezahlter Kulturtourismus“, schwärmt Niels Juister, Abteilungsleiter der Baudenkmalpflege beim niedersächsischen Landesamt für Denkmalpflege. „Aber ganz im Ernst: Ich habe einen abwechslungsreichen Beruf, auch wenn ich in einer Behörde arbeite.“ Denn die vielfältigen Aufgaben von Denkmalpfleger*innen umfassen sowohl Verwaltung und Dokumentation als auch den praktischen Denkmalschutz, der von der Untersuchung bis zur Restaurierung eines Bauobjekts reicht.
Geht es um den organisatorischen Bereich, sind diese Fachkräfte zum Beispiel dafür verantwortlich, Denkmäler zu inventarisieren. Dazu gehört die wissenschaftliche Erfassung der Objekte, etwa mittels Beschreibungen, Fotografien, Zeichnungen und messtechnische Daten. Der Zustand vor, während und nach etwaigen Veränderungen wird von den Fachkräften ebenfalls dokumentiert. „Denkmalpfleger*innen beurteilen und würdigen auch die einzelnen Objekte und entscheiden, ob sie schützenswert sind“, erklärt Niels Juister. „Für diese Arbeiten sind Denkmalpfleger*innen in den sogenannten Denkmalfachbehörden zuständig. Dabei handelt es in den meisten Bundesländern um die Landesämter für Denkmalpflege.“ Sind Gebäude erst einmal als Denkmal anerkannt und im entsprechenden Verzeichnis eingetragen, formulieren die Fachkräfte Empfehlungen zu Pflege- und Instandhaltungsmaßnahmen und beraten alle am Baugeschehen Beteiligten.
Wenn’s zur Sache geht
Zum praktischen Denkmalschutz gehören Termine vor Ort. Dabei untersuchen Denkmalpfleger*innen zum Beispiel die materielle Substanz, natürliche Alterungsvorgänge und Veränderungen am Objekt. Sie analysieren weiterhin Schadensbilder und erstellen Schadenskataloge. Darauf aufbauend legen die Fachkräfte Maßnahmen wie Konservierung und Restaurierung fest, überwachen diese Schritte – und dokumentieren sie.
Denkmalpfleger*innen übernehmen noch eine Vielzahl anderer Aufgaben wie etwa Beratung, Öffentlichkeitsarbeit sowie Planung, Organisation und Durchführung von Veranstaltungen zum Denkmalschutz. Sind sie bei den Landesbehörden tätig, verwalten sie zudem noch Fördermittel. „Wir vergeben zum Beispiel Zuschüsse für Baumaßnahmen. Deshalb prüfen wir Förderanträge, beraten aber auch Eigentümer*innen zum Thema Förderung“, erklärt Niels Juister. Außerdem halten sie Fachvorträge und publizieren Artikel und Bücher. „Wie in jeder anderen Behörde gehören zu unserer Arbeit natürlich auch klassische Verwaltungsaufgaben“, ergänzt Niels Juister. Der Umgang mit Gesetzen sei ein Teil davon.
Für die praktische Denkmalpflege sind häufig die unteren Denkmalschutzbehörden verantwortlich. Diese sind meist bei den Landkreisen, kreisfreien Städten oder Gemeinden angesiedelt. „Das ist aber nicht immer der Fall. Wir als Landesbehörde in Niedersachsen sind für die denkmalfachliche Beratung bei Kirchen sowie Bauten im Landes- und Bundesbesitz zuständig.“
Behörden, Stiftungen, Planungsbüros
„Während sich Denkmalpfleger*innen in großen Behörden spezialisieren können und zum Beispiel ausschließlich in den Bereichen Öffentlichkeitsarbeit, Inventarisierung oder praktischem Denkmalschutz arbeiten, braucht es in den kleineren Ämtern Generalist*innen, die alles machen“, erklärt Niels Juister. Doch Anstellungen gibt es für Denkmalpfleger*innen nicht nur in Behörden: „Sie können auch in der kirchlichen Denkmalpflege arbeiten.“ Weitere mögliche Arbeitgeber sind die Verwaltungen von Schlössern und Gärten wie etwa die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg. „Auch in Planungsbüros, die sich auf die Denkmalpflege spezialisiert haben, finden Denkmalpfleger*innen Beschäftigung – genauso wie in großen Restaurierungsbetrieben.“
Voraussetzung für die Arbeit als Denkmalpfleger*in ist ein abgeschlossenes Studium der Kunstgeschichte, Archäologie oder Architektur. Es gibt aber auch spezielle Studiengänge wie „Denkmalpflege“ oder „Konservierung und Restaurierung“. „90 Prozent der Denkmalpfleger*innen haben Kunstgeschichte oder Architektur studiert, manche aber auch Volkskunde oder Bauingenieurswesen. Viele Kollegen absolvierten zudem noch ein Masterstudium in Denkmalpflege“, erklärt Niels Juister. Diese Einschätzung spiegelt sich in einer Stellenausschreibung der Hansestadt Lübeck wider. Diese suchte für den Bereich Archäologie und Denkmalpflege „eine*n wissenschaftliche*n Mitarbeiter*in Inventarisation“. Erwartet wurde entweder ein Studium in Denkmalpflege oder in Kunstgeschichte mit Schwerpunkt auf Architekturgeschichte. Ein Hochschulabschluss in Architektur „mit kunsthistorischen Kenntnissen“ wurde ebenfalls als mögliche Voraussetzung genannt. Zudem wurde „ein abgeschlossenes Volontariat in der Denkmalpflege und/oder mehrjährige Berufserfahrung in der Inventarisation der Denkmalpflege“ als Kriterium genannt.
Niels Juister bestätigt: „Wer bei einer Denkmalfachbehörde arbeiten will, braucht in diesem Bereich üblicherweise neben dem Studium noch ein abgeschlossenes zweijähriges Volontariat.“ Diese Ausbildungsphase umfasst die Einführung in das gesamte Tätigkeitsspektrum, wie es in einem Amt für Denkmalpflege vorkommt. Dazu gehören Inventarisation, praktische Denkmalpflege sowie Weiterbildung und Vermittlung. Eine*n Volontär*in suchte etwa der Landschaftsverband Rheinland (LVR) im Amt für Denkmalpflege. Erwartet wurde ein abgeschlossenes Hochschulstudium der Architektur, Denkmalpflege, Geschichte, Mittlere und Neuere Geschichte, des Bauingenieurwesens oder der Kunstgeschichte (Master, Magister oder Universitätsdiplom). Darüber hinaus sollten Bewerber*innen ein ausgeprägtes Interesse an Theorie und Praxis der Denkmalpflege sowie erste Erfahrungen in Denkmalschutz oder -pflege mitbringen. Das konnte zum Beispiel durch Praktika oder ein freiwilliges Jahr in der Denkmalpflege nachgewiesen werden. Punkten konnten Bewerber*innen außerdem mit Erfahrung im Umgang mit Datenbanken, Teamfähigkeit, Belastbarkeit und Kommunikationsbereitschaft. Die Bereitschaft zu Dienstreisen und dem Führen eines Dienstwagens war ebenfalls eine Voraussetzung fürs Volontariat.
Für Quereinsteiger*innen geeignet
„Für diesen Beruf braucht man einen ausgleichenden Charakter und Kompromissbereitschaft. Denn wir haben es immer mit Menschen zu tun, zum Beispiel mit Eigentümer*innen oder Handwerker*innen“, erklärt Niels Juister. Kommunikationsfähigkeit sei ebenfalls wichtig, um allen Beteiligten die Vorgaben des Denkmalschutzes plausibel darzulegen. In der Ausschreibung der Stadt Lübeck wurden etwa solche nicht-fachlichen Fähigkeiten vorausgesetzt: Im Anforderungsprofil fanden sich Teamfähigkeit, Belastbarkeit, sicheres Auftreten, Vortrags- und Verhandlungsgeschick und eben auch Moderationsfähigkeit und Überzeugungskraft. Weitere Voraussetzungen waren eine strukturierte, selbstständige und effiziente Arbeitsweise, Organisationstalent, die Bereitschaft zu interdisziplinärer Arbeit, eine gute schriftliche wie mündliche zielgruppengerechte Ausdrucksweise sowie gute Kenntnisse branchengängiger Tools und Plattformen wie GIS oder Inspire.
Niels Juister betont, wie wichtig Lern- und Weiterbildungsbereitschaft in seinem Beruf ist: „Schließlich benutzen wir zunehmend digitale Werkzeuge.“ Dazu gehören zum Beispiel Apps für Planung und Aufmaß, aber auch digitale topografische Karten. „In den letzten Jahren spielt das Thema Welterbe eine immer wichtigere Rolle. Deshalb bilden sich manche von uns auch in diesem Bereich weiter. Denn dort gibt es weiterführende Anforderungen an dem Umgang mit dem Schutzgut.“ Fachkräfte, die sich in diesem Anforderungsprofil wiederfinden, haben inzwischen sehr gute Jobchancen. Niels Juister: „Auch bei uns gibt es Fachkräftemangel. Deshalb sind wir für Quereinsteiger*innen offen, wenn sie entsprechende Fachkenntnisse im Bereich Denkmalschutz mitbringen. Ein Volontariat kann man bei uns auch noch mit 40 Jahren absolvieren. Danach sind die Chancen für eine weitere Beschäftigung gut.“