Dauerhaft ins Ausland
Arbeiten, wo andere Urlaub machen! Klingt verlockend, erfordert aber auch vorausschauende Überlegungen und Planungen. Wir haben einige Aspekte gesammelt, die auswanderungswillige Akademiker*innen beachten sollten.
Text: Christine Lendt
Den eigenen Horizont erweitern, fit für das internationale Parkett werden, bessere Verdienstmöglichkeiten oder einfach Fernweh – aus verschiedenen Gründen möchten Akademiker*innen auf eigene Initiative einen Job im Ausland finden. Bei angehenden Fachkräften nimmt dieser Trend offenbar an Fahrt auf, wie eine repräsentative Studie von 2023 zeigt: Demnach sind fast 20 Prozent der Studierenden hierzulande überzeugt, nach ihrem Abschluss außerhalb Deutschlands bessere berufliche Chancen zu haben. An der Umfrage des Personaldienstleisters Jobvalley und des Departments of Labour Economics der Universität Maastricht haben insgesamt 12.343 Studierende aus ganz Deutschland teilgenommen.
Der Anteil der deutschen Ausgewanderten mit einem akademischen Abschluss ist seit Jahren hoch. Laut dem Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB) betrug er 2019 etwa 70 Prozent bei damals insgesamt vier Millionen deutschen Staatsbürgern. Das BiB hat zudem das typische Profil einer solchen Person skizziert: Bei beiden Geschlechtern ist sie durchschnittlich 36 Jahre alt und hat einen Masterabschluss. Weibliche Fachkräfte verdienen im Ausland rund 3.000 Euro netto monatlich, Männer etwa 1.000 Euro mehr. Die meisten Ausgewanderten verlassen Deutschland, um die eigene Karriere voranzutreiben, lautet ein Fazit dieser Erhebung.
Stellensuche und Bewerbung
Wer nun meint „Nichts wie weg!“ sollte bedenken, dass sich die wirtschaftlichen Perspektiven und Arbeitsbedingungen je nach Zielland erheblich unterscheiden können. Deswegen erfordern solche Pläne eine umsichtige Vorbereitung. Dazu empfiehlt sich beispielsweise ein Blick in die jeweilige Arbeitslosenstatistik: Zwar sind etliche Länder – besonders in der EU – vom Fachkräftemangel betroffen, in einigen gibt es jedoch wesentlich mehr Arbeitssuchende als in Deutschland. So verzeichnete Spanien im Mai 2024 mit rund 11,7 Prozent die höchste Arbeitslosenquote innerhalb der Europäischen Union.
Zu beachten sind auch die länderspezifischen Anforderungen was die Anerkennung der eigenen (Studien-)Abschlüsse und Qualifikationen betrifft. Gegebenenfalls sind auch rechtliche Aspekte wie Visum und Arbeitserlaubnis zu klären. Letzteres entfällt innerhalb der EU sowie in der Schweiz, was vom Ratgeberportal deutsche-im-ausland.org als Impulsgeber für solche Länder bewertet wird. In anderen Ländern wiederum können diese Formalitäten zwingend nötig sein.
Als Anlaufstelle bei der Suche nach konkreten Jobs empfiehlt sich die Zentrale Auslands- und Fachvermittlung (ZAV) der Bundesagentur für Arbeit. Hier gibt es neben Stellenangeboten auch Informationen zu den Einstellungs- und Arbeitsbedingungen, der Anerkennung von Berufsabschlüssen, Niederlassungsformalitäten, den Lebensbedingungen vor Ort sowie Kontaktadressen. Auch die reguläre Jobbörse der Bundesagentur für Arbeit listet Stellenanzeigen aus dem Ausland, vorrangig von mittelständischen Firmen. Hilfreich sein kann außerdem EURES, ein europäisches Portal zur beruflichen Mobilität, ebenfalls mit Stellenangeboten und Wissenswertem rund um Arbeitsplätze im Ausland. Weitere Optionen sind Online-Jobbörsen, soziale Netzwerke wie Xing, Linkedin und Facebook sowie die großen, nationalen Zeitungen des jeweiligen Landes beziehungsweise ihre Online-Ausgaben.
Haben Fachkräfte eine interessante Stelle gefunden, gilt es bei der Erstellung der Bewerbungsunterlagen die Gepflogenheiten des Landes zu berücksichtigen. So ist es etwa in einigen (europäischen) Ländern üblich, dass die Bewerbungsunterlagen nur aus Anschreiben und Lebenslauf bestehen – und beides jeweils nur eine Seite umfassen sollte. Zeugnisse und Referenzen werden erst beim Vorstellungsgespräch vorgelegt. Das ist beispielsweise der Fall in Italien oder Frankreich. Zu den Bewerbungsmodalitäten in verschiedenen Zielländern berät unter anderem auch die ZAV.
Versicherungen prüfen
Arbeiten im Ausland kann mit Einschränkungen bei der sozialen Absicherung verbunden sein, etwa bei den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherungen. Es kann dann sinnvoll oder gar zwingend notwendig sein, eine private Zusatzversicherung abzuschließen. In vielen Ländern ist auch kein mit Deutschland vergleichbares Pflegesystem vorhanden. Genauso kann der Anspruch auf Kindergeld entfallen, und bei der Rente kann es ebenfalls Abstriche geben.
Die Vorschriften darüber, wer in welchem Land in welcher Form versichert ist, sind äußerst vielfältig – darauf weist die Deutsche Rentenversicherung hin. Es könnte daher sinnvoll sein, die Versicherungspflicht in Deutschland zu beantragen oder sich freiwillig zu versichern. Wer auf eigene Faust auswandert – also nicht vorübergehend von einem Arbeitgeber in Deutschland entsendet wird – ist normalerweise auch in dem jeweiligen Land versichert. Was das genau bedeutet, hängt von den örtlichen Vorschriften ab. Auch der Zeitraum der dort ausgeübten Tätigkeit kann relevant sein. Die Deutsche Rentenversicherung bietet zu den versicherungsrechtlichen Aspekten – nicht nur in Bezug auf die Rente – Beratung an.
Last but not least: Im Ausland einen Beruf auszuüben, bedeutet auch, sich auf die landestypische (Arbeits-)Kultur einzulassen. Wer in seinem Zielland beruflich erfolgreich und privat zufrieden sein möchte, sollte sich auch damit rechtzeitig und ausführlich auseinandersetzen. Denn eines ist bei der Entscheidung für einen Auslandsjob klar: Der Arbeits- und Lebensalltag im jeweiligen Land kann ganz anders aussehen als das, was man von ein paar Wochen Urlaub dort kennt.