Wo arbeiten mit Psychologie?
Ob angestellt oder freiberuflich, in der Klinik oder in der Wirtschaft – abseits der allgemeinen Psychotherapie eröffnen sich für Psycholog*innen viele unterschiedliche Berufsfelder. Wir stellen einige davon vor.
Text: Anne Mittmann
Eine Couch, ein Klemmbrett, ein verständnisvolles „Hmmm“. In der öffentlichen Wahrnehmung sind Psycholog*innen hauptsächlich therapeutisch oder psychoanalytisch tätig. Doch das Wissen über die menschliche Psyche ist nicht nur für die Arbeit mit psychisch kranken Menschen hilfreich, sondern öffnet auch Türen in Wirtschaft und Politik, Forschung und Bildung. In der Regel ist das Bachelorstudium der Psychologie sehr breit gehalten, die Spezialisierung erfolgt dann meist im Masterstudium. Hier ist eine große Palette möglich wie Rechts-, Sport oder Wirtschaftspsychologie. Doch auch nach dem weiterführenden Studium hört das Lernen nicht auf und ist eine weitere Vertiefung möglich – je nach Präferenz. So kann man sich zum Beispiel zum oder zur Rechtspsycholog*in auch mit einem Diplom- oder Masterabschluss in allgemeiner Psychologie weiterbilden lassen – und zwar bei den psychologischen Berufsverbänden. Da die Zugangsbedingungen zu den einzelnen Berufsfeldern und die Weiterbildungswege sehr unterschiedlich (oder nicht) geregelt sind, sollten sich Berufseinsteiger*innen und Fachkräfte, die an einem Quereinstieg interessiert sind, bei den Berufsverbänden informieren.
Klinik und Therapie
Klinische Psycholog*innen arbeiten meist in Krankenhäusern, Rehabilitationszentren oder medizinischen Praxen. Voraussetzung ist ein abgeschlossenes Bachelor- und Masterstudium. Dort sind sie gegebenenfalls noch spezialisierter auf eine bestimmte Fachrichtung, etwa die Psychoonkologie. Diese Expert*innen betreuen Patient*innen mit einer Krebserkrankung. Der Fokus liegt dabei auf der psychischen Verarbeitung der Diagnose und der Vorbeugung von psychischen Störungen, die aus der Belastung resultieren können. Klinische Neuropsycholog*innen untersuchen mithilfe von Computertests und anderen Verfahren die kognitiven Leistungen von Patient*innen mit Blick auf Schädigungen im Gehirn, die das Erleben und Verhalten beeinträchtigen können. Psychologische Psychotherapeut*innen haben im Anschluss an ihr Masterstudium in Psychologie eine weiterführende Ausbildung absolviert, die sie in der Psychotherapie qualifiziert. Sogenannte PiAs (Psychotherapeut*in in Ausbildung) sind bereits psychotherapeutisch tätig.
Eine Stellenausschreibung der Diakonie Schleswig-Holstein suchte zum nächstmöglichen Zeitpunkt eine*n „Psychologen/Psychologischen Psychotherapeuten (m/w/d)“ in Flensburg. Die unbefristete Anstellung umfasst Psychotherapie für Menschen mit psychiatrischen und psychosomatischen Störungen, Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung von einzel- und gruppentherapeutischen Behandlungen sowie Therapie- und Entlassungsplanung. Einstellungsvoraussetzung ist unter anderem „ein abgeschlossenes Studium der Psychologie oder Psychologen (m/w/d) in fortgeschrittener Ausbildung zum Psychologischen Psychotherapeuten“ sowie „Freude an der Arbeit mit psychisch kranken Menschen“.
Pädagogik, Schule, Recht, Verkehr
Wie eine ausgeschriebene Stelle „Psychologe w/m/d mit Master/Diplom“ beim Beruflichen Trainingszentrum Rhein-Neckar zeigt, schlagen Psycholog*innen häufig eine Brücke zwischen der Gesundheits- und anderen Branchen, in dem Fall zur Bildung. Das Berufliche Trainingszentrum Rhein-Neckar bietet Maßnahmen der beruflichen Rehabilitation in zehn Städten deutschlandweit und fördert Menschen mit psychischen Einschränkungen aus unterschiedlichen Berufsfeldern bei der Wiedererlangung grundlegender Arbeitsfähigkeiten. Dazu gehören Einzel-, Gruppen und Familiengespräche sowie die psychosoziale Begleitung der Klient*innen während des Trainings mit therapeutischen Methoden.
Diese Stelle könnte man im Bereich der pädagogischen Psychologie verorten, wo unter anderem auch Schulpsycholog*innen zu finden sind. Sie beraten und betreuen im Bereich von Lern- und Leistungsstörungen, Schullaufbahnentscheidungen und sind Ansprechpartner*innen in akuten Krisen wie plötzlichem Leistungsabfall oder aggressivem Verhalten. Die Zielgruppe in der pädagogischen Psychologie umfasst jedoch nicht nur Schüler*innen. Auch im Kleinkindalter, in der Hochschulpädagogik oder Erwachsenenbildung kann sie ansetzen.
Die Rechtspsychologie lässt sich grob in zwei Bereiche unterteilen: forensische Psychologie, was beispielsweise die Beurteilung der Glaubhaftigkeit von Zeugenaussagen umfasst, und Kriminalpsychologie. Rechtspsycholog*innenerstellen demnach zum Beispiel Gutachten zu Sorgerecht, Glaubhaftigkeit, Schuldfähigkeit und Arbeitsunfähigkeit im Auftrag von Gerichten und Staatsanwaltschaften.
Verkehrspsycholog*innen beschäftigten sich mit dem menschlichen Verhalten im Straßenverkehr. Sie betreuen Verkehrsteilnehmer*innen mit einer posttraumatischen Belastungsstörung, beispielsweise als Folge eines schweren Unfalls, und Personen, die gehäuft gegen Verkehrsregeln verstoßen haben.
Forschung, Politik und Wirtschaft
In ausgeschriebenen Stellen in Forschung und Lehre spiegeln sich ebenfalls die vielfältigen Berufsfelder in der Psychologie wider. So suchte etwa das Institut für Soziologie und Sozialpsychologie (ISS) der Universität zu Köln eine*n „Wissenschaftliche*r Mitarbeiter*in in Wirtschaftspsychologie (w/m/d)“. Der Forschungsschwerpunkt der Stelle am ISS liegt dabei auf Themen wie beispielsweise Konsumverhalten oder Geldmanagement. Die Freie Universität Berlin (FU) hatte ebenfalls ein Jobangebot mit Psychologie-Bezug in petto: „Wissenschaftliche*r Mitarbeiter*in (Postdoc) (m/w/d)“ am Institut für Soziologie. Die Stelle gehört zur interdisziplinären Einstein Research Unit „Coping with Affective Polarization“, die Wissenschaftler*innen aus Psychologie, Psychiatrie, Politikwissenschaft, Soziologie, Kommunikationswissenschaft und Philosophie vereint. Das Team arbeitet laut Stellenausschreibung mit einem starken Netzwerk zivilgesellschaftlicher Partner zusammen, um Grundlagenforschung zu Polarisierung und deren Folgen für den gesellschaftlichen Zusammenhalt mit regionaler Anwendung zu verbinden.
Psycholog*innen besetzen auch erfolgreich Stellen, die auf den ersten Blick nichts mit ihrem Fachgebiet zu tun haben. Im Bereich Wirtschaft und Management arbeiten Psycholog*innen als Human Resources Manager*in oder in der Personal- und Führungskräfteentwicklung. Coaches im Bereich Psychologie werden von Unternehmen beauftragt, Trainings und Weiterbildungsseminare durchzuführen. Arbeitgeber sind dabei die Personalabteilungen großer Firmen oder externe Unternehmensberatungen. Aber auch die Freiberuflichkeit ist möglich.
Psycholog*innen können in der freien Wirtschaft auch in den Bereichen Kommunikation und Werbung arbeiten. Sie sind dabei etwa als Referent*innen in der Marktforschung tätig oder verantworten als (Online-)Marketing-Manager Werbe- und Marketingkampagnen. Dabei vermitteln sie ihre wissenschaftlichen Erkenntnisse durch Gutachten und Beratungen.
In der Politik ist ebenfalls psychologisches Wissen gefragt. Professionelle Politikberater*innen übernehmen komplexe Beratungstätigkeiten und betreuen einzelne Projekte im Hintergrund.