Die berufliche Idee im Mittelpunkt
Es lohnt sich auch für Akademiker*innen aus den Geistes- und Sozialwissenschaften, über einen strategischen Karriereplan nachzudenken. Foto: © fizkes – stock.adobe.com

Die berufliche Idee im Mittelpunkt

Beim Stichwort Karriere winken Sie ab? Johannes Rehner, Referent beim WILA Bildungszentrum erklärt, warum sich gerade auch in Berufsfeldern, die nicht mit dem klassischen Aufstieg in Verbindung gebracht werden, ein Karriereplan lohnt.

Text: Maike von Haas

Ein Karriereplan? Gerade für Geistes- und Sozialwissenschaftler*innen klingt das häufig nach einem wenig aussichtsreichen Unterfangen, da in der beruflichen Laufbahn oft der Zufall eine Rolle spielt und Leidenschaft mehr zu zählen scheint als der klassische Aufstieg. Karriere werde umgangssprachlich in der Regel als beruflicher und damit verbunden wirtschaftlicher und sozialer Aufstieg gesehen, meint auch Karriereberater Johannes Rehner, als Diplomtheologe ebenfalls Geisteswissenschaftler: „Karriereplan wird oft verstanden als systematisch und langfristig angelegtes Programm zur beruflichen Laufbahnentwicklung. Geistes- und Sozialwissenschaftler*innen, die aufgrund ihres Studiums überwiegend kein festes ‚Berufsbild‘ anstreben, tun sich mit diesem Verständnis eher schwer.“

Dabei ist Karriere eigentlich so etwas wie ein „Fahrweg“, kommt aus dem Lateinischen von „carrus“, was so viel heißt wie „Wagen“ oder „Karren“. Für Johannes Rehner bedeutet Karriereplanung eine Lebens- und Berufsplanung gleichermaßen, die sich gegenseitig bedingen und prägen. Das ist ein lebenslanger Prozess, der ständig durch die Reflexion neuer Erfahrungen und Erkenntnisse bereichert wird und einem inneren Kompass folgt. Dabei bringen gerade Geistes- und Sozialwissenschaftler*innen gute Voraussetzungen mit, um sich auf diese Vorgehensweise einlassen zu können. Haben sie doch durch ihr Studium gelernt, methodisch und geistig wiederholt neue historische, philosophische, religiöse, kulturelle und soziale Themenbereiche zu durchdringen. Darin seien sie von Beginn ihres Studiums an gefordert und in der Lage, ihr jeweils individuelles Berufsbild zu finden. 

Vier große Fragen

Ein Karriereplan beinhaltet, eine berufliche Idee in Form von lang-, mittel- und kurzfristigen Zielen realisieren zu wollen – auch oder gerade, wenn die Karriere nicht zwangsläufig geradlinig verläuft und es im Leben zu Brüchen, Umwegen oder Lücken kommt. Wer einem inneren Kompass folgt, hat in der eigenen Lebens- und Berufsplanung eine Orientierung. So kann von innen heraus die berufliche Idee reifen und sich entfalten, „geerdet“ durch die Anforderungen des eigenen Lebens und in der Auseinandersetzung mit dem konkreten Arbeitsmarkt. Die kontinuierliche Findung des inneren Kompasses sollte sich nach Johannes Rehner an vier Fragen ausrichten: Welchen Sinn möchte ich mit Blick auf mein Leben, meinen Beruf, meine Arbeit, meine Welt im Großen und Kleinen leben? Welche Fähigkeiten möchte ich beruflich gerne einbringen? Welche Vorstellungen von meiner zukünftigen Arbeit möchte ich gerne verwirklichen? Welche konkreten Schritte möchte ich tun, um die Arbeit zu finden, die zu mir passt?

Johannes Rehner verwendet in seinen Workshops, die der beruflichen Orientierung dienen, unter anderem den Profilpass und das Life-Work-Planning – zwei Ansätze, die sich für Geistes- und Sozialwissenschaftler*innen in besonderer Weise eignen. Ersterer analysiert nicht nur die formal, sondern auch informell in der Biografie erworbenen Kompetenzen – unabhängig von Alter, Bildung und Herkunft. Er geht ergebnisoffen vor und fördert ein Bewusstsein für ein lebenslanges Lernen. Das berufliche Planungsverfahren Life-Work-Planning hilft dabei, die passende Haltung einzuüben, selbst aktiv zu werden und strategisch vorzugehen, um genau die Arbeit zu finden, die zur individuellen beruflichen Idee passt. Dabei wird gezielt und strukturiert auch auf dem verdeckten Arbeitsmarkt gesucht, auf dem etwa zwei Drittel der freien Stellen zu finden sind.

Der lebenslange Prozess der Karriereplanung werde durch die Reflexion neuer Erfahrungen und Erkenntnisse ständig bereichert, die gefundenen Ziele werden ausgewertet und den neuen Gegebenheiten angepasst. Johannes Rehner sagt: „Äußere Lebensumstände wie räumliche Veränderungen oder gesundheitliche Einschränkungen können einen Menschen dazu zwingen, auch beruflich etwas zu verändern. Für mich kann dies eine Krise bedeuten, nicht aber notwendigerweise einen Rückschritt, sondern vielmehr eine Chance, mich selbst mehr zu erkennen und meine Persönlichkeit mehr zu entfalten. Es ist wie auf einer Wanderung, auf der ich an einer Weggabelung etwas Neues entdecken kann.“ Der Vorteil eines Karriereplans sei die damit verbundene Selbstreflexion und -erkenntnis, meint Johannes Rehner: „Wenn ich mich selbst besser kenne und weiß, was ich will und was ich nicht will, kann ich auch eine Strategie entwickeln, wie ich dorthin komme und wie ich die Arbeit finde, die zu mir passt.“ Der innere Kompass und die daraus sich entfaltende berufliche Idee helfen in der Lebens- und Berufsplanung – auch in den Unwägbarkeiten des Lebensweges – die die Orientierung nicht zu verlieren, sondern die Ziele am Horizont im Blick zu behalten.

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