
Gesundheitsförderung von Angestellten
Eine von der Hans-Böckler-Stiftung veröffentlichte Studie zum betrieblichen Gesundheitsschutz kommt zu der Erkenntnis, dass viele Arbeitgeber in dem Bereich Fortschritte gemacht haben – auch als Reaktion auf die Corona-Pandemie. Gleichzeitig sei noch Luft nach oben. Mit Tatkraft und Teamwork können Führungskräfte eine Menge bewegen.
Text: Elisabeth Werder
Schlechte Arbeitsbedingungen stellen ein erhebliches Gesundheitsrisiko dar. Umso wichtiger ist es, dass Unternehmen für gesundheitsförderliche Arbeitsbedingungen sorgen und betrieblichen Gesundheitsschutz ernst nehmen. Inwiefern das bereits gelingt und wo noch Optimierungspotenzial besteht, haben Elke Ahlers und Valeria Quispe Villalobos vom Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut (WSI) anhand von Daten der WSI-Betriebs- und Personalrätebefragung 2021 untersucht. Die Ergebnisse der Studie wurden in einem Beitrag der Hans-Böckler-Stiftung zusammengefasst.
Demnach ist das Thema Arbeitsschutz besonders im Zuge der Coronapandemie verstärkt in den Fokus gerückt: Während vorher vor allem Überstunden, Arbeitsintensivierung, Zeit- und Leistungsdruck die Betriebs- und Personalräte beschäftigten, kamen durch Corona neue Themenfelder hinzu: Mit der Pandemie und deren Folgen für den Betriebsablauf beschäftigten sich der Studie zufolge immerhin 89 Prozent der Befragten, mit Arbeitsschutz und Gesundheitsförderung circa 86 Prozent und mit mobiler Arbeit beziehungsweise Homeoffice rund 80 Prozent. Insgesamt werden Instrumente des betrieblichen Gesundheitsmanagements zunehmend genutzt, beispielsweise Gefährdungsbeurteilungen.

Breite Akzeptanz im Betrieb
Fast drei Viertel aller befragten Betriebe boten 2021 betriebliche Gesundheitsförderung an – 2015 waren es nur gut die Hälfte. Das zeigt, dass die Relevanz des Themas für Arbeitgeber wie Arbeitnehmer*innen gleichermaßen steigt. Die Gründe dafür sind vielfältig: Unter anderem legen Angestellte immer mehr Wert auf Gesundheit und Wohlbefinden, auch im Zusammenhang mit dem Arbeitsplatz und den Bedingungen dort. Für Unternehmen stellt das betriebliche Gesundheitsmanagement einen großen Hebel dar, um die Attraktivität als Arbeitgeber zu steigern und Fachkräfte langfristig an das eigene Unternehmen zu binden.
Nicht zuletzt profitieren Mitarbeitende und Arbeitgeber gleichermaßen davon, wenn es durch die Gesundheitsförderung zu weniger Krankheitsausfällen kommt: Laut des Gesundheitsreports der Techniker Krankenkasse machte die unspezifische Diagnose „Rückenschmerzen“ im Jahr 2021 einen Anteil von 5,2 Prozent der gesamten Fehlzeiten bei TK-versicherten Erwerbspersonen aus. Das entspricht in absoluten Zahlen 284.621 Krankmeldungen. Vor allem bei Bürotätigkeiten sind Rückenschmerzen eine häufige Ursache für Arbeitsunfähigkeit, weshalb der betriebliche Gesundheitsschutz mit präventiven Maßnahmen in diesem Bereich viel bewirken kann. Zu nennen sind hier etwa ein ergonomisch angepasster Arbeitsplatz oder fest eingeplante Zeiträume für Entspannungsübungen.
Selbstverständlich ist das Thema Arbeitsschutz, und damit einhergehend auch teilweise der betriebliche Gesundheitsschutz, gesetzlich geregelt. Grundlage dafür ist unter anderem das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG), welches den Arbeitgeber dazu verpflichtet, Gesundheitsgefährdungen am Arbeitsplatz zu beurteilen und über notwendige Schutzmaßnahmen zu entscheiden. Laut der WSI-Studie kommen dieser Pflicht fast 92 Prozent der befragten Betriebe nach. 2015 waren es rund 78 Prozent. Neben dem ArbSchG gilt auch noch die Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV). Darunter versteht man Maßnahmen, die dazu dienen, die Gesundheit der Beschäftigten zu schützen und zu erhalten. Das können Gesundheitsuntersuchungen, individuelle Gefährdungsbeurteilungen oder Beratungen sein. Sie werden in Pflichtvorsorge, Angebotsvorsorge und Wunschvorsorge unterteilt und variieren je nach Tätigkeit und Branche.

Bündnis mit allen Beteiligten
Die konkrete Umsetzung des betrieblichen Gesundheitsschutzes obliegt den Führungskräften des Unternehmens. Im Idealfall binden sie die Mitarbeiter*innen in die Ausgestaltung mit ein und stellen so sicher, dass sie nicht an den konkreten Bedarfen vorbeiplanen. Neben Umfragen, welche Maßnahmen und Angebote die Mitarbeitenden in Anspruch nehmen würden, bietet sich ein Arbeitskreis an: Dazu gehören beispielsweise Vertreter*innen aus der Unternehmensleitung, der Personalabteilung sowie aus dem Betriebsrat, Fachkräfte für Arbeitssicherheit, der Betriebsarzt oder die Betriebsärztin sowie gegebenenfalls die Beauftragten für (Schwer-)Behinderte, Sucht oder Gleichstellung.
In regelmäßigen Zusammenkünften können hier betriebliche Gesundheitsdaten ausgewertet, konkrete Maßnahmen besprochen und koordiniert sowie Ergebnisse kontrolliert und bewertet werden. Je nach Unternehmensgröße, Ressourcen, Kapazitäten und konkretem Bedarf können diese Zusammenkünfte monatlich, quartalsweise oder auf Wunsch geplant werden und die Maßnahmen jeweils entsprechend angepasst oder verändert werden. Wichtig ist dabei nur, zu berücksichtigen, wie schnell sich der Bedarf an Gesundheitsförderung im eigenen Unternehmen und im Hinblick auf die Tätigkeit der Mitarbeitenden verändert.
Bewusstsein schärfen
Umso mehr Mitarbeiter*innen ein Unternehmen hat, desto verbreiteter ist der betriebliche Gesundheitsschutz: Zu dieser Erkenntnis kommt die WSI-Studie. Bei bis zu 50 Beschäftigten beträgt der Anteil an Unternehmen mit betrieblichem Gesundheitsschutz mehr als die Hälfte, ab 500 Beschäftigten liegt er bereits bei 87 Prozent. Im Branchenvergleich sind vor allem Finanzen und Versicherungen mit rund 87 Prozent sowie die öffentliche Verwaltung mit rund 82 Prozent führend.
Der Hauptgrund, warum betrieblicher Gesundheitsschutz nicht ausreichend oder überhaupt nicht umgesetzt wird, sind laut Studie vor allem fehlende Zeit und Personal: Wenn die Kapazitäten kaum für das Kerngeschäft ausreichen, können keine zusätzlichen Aufgaben übernommen werden. Aber auch Geldmangel, nicht vorhandenes Fachwissen, die Komplexität der gesetzlichen Auflagen sowie der Verwaltungsaufwand stehen entgegen. Ein entscheidender Faktor ist sicher auch das Bewusstsein der Geschäftsführung für das Thema, welche Einfluss auf sämtliche Faktoren nehmen kann und über die Verteilung der Ressourcen bestimmt.