Was tun bei einem Arbeitsunfall?
Auch bei reinen Büroarbeitsplätzen kann es im wahrsten Sinne des Wortes Stolperfallen geben. Foto: © Andrey Popov – stock.adobe.com

Was tun bei einem Arbeitsunfall?

Im schlecht verstauten Computerkabel verheddert, ein Sturz und schon ist es passiert: der Arbeitsunfall im Büro. Was müssen verunfallte Arbeitnehmer*innen dann tun? Welche Rechte und Pflichten haben sie?

Text: Anja Schreiber

Wenn von Arbeitsunfällen die Rede ist, denken viele an den Umgang mit Maschinen und Werkzeugen. Aber auch der Arbeitsalltag von Akademiker*innen im scheinbar gefahrlosen Büro ist nicht ohne Risiken. Wie bei typischen Haushaltsunfällen lauern Verletzungsgefahren oft dort, wo man sie nicht vermutet – zum Beispiel kann eine lose Teppichkante zur Stolperfalle werden. Auch das Anheben eines schweren Pakets mit Büromaterial oder das Ausrutschen beim eiligen Gang über den Flur können zu Verletzungen führenAls Arbeitsunfälle werden grundsätzlich alle Unfälle definiert, die Arbeitnehmer*innen während der Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit erleiden. Unter einem Unfall versteht man ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis, das zu einem Gesundheitsschaden führt. Davon zu unterscheiden sind Berufskrankheiten. Das sind Krankheitsbilder, die sich über Jahre hinweg durch die jeweiligen Arbeitsbedingungen entwickelt haben. Arbeitsunfälle werden von der gesetzlichen Unfallversicherung abgedeckt. Das gilt auch für Verletzungen, die sich während einer Fortbildung oder einer Betriebsfeier ereignen.

Unfallschutz bei Geschäftsreisen

Ein Unfall auf dem Hin- und Rückweg zur Arbeit – ein sogenannter Wegeunfall – ist ebenfalls versichert. Dabei ist es egal, ob jemand als Fußgänger*in auf dem vereisten Gehweg ausrutscht oder mit dem eigenen Pkw in einen Verkehrsunfall verwickelt wird. Ein Arbeitsunfall liegt aber nur dann vor, wenn man sich auf dem direkten Weg zur Arbeit oder zurück befindet. Umwege werden nur dann berücksichtigt, wenn zum Beispiel eine Umleitung einen Umweg zwingend erforderlich macht. Andere Umwege, wie zum Beispiel der Weg zum Einkaufen, sind ausgeschlossen. Arbeitnehmer*innen sind auch auf Geschäftsreisen versichert. Grundsätzlich sind bei mehrtägigen Geschäftsreisen kurze private Unterbrechungen zum Beispiel von wenigen Stunden möglich, ohne dass der Unfallversicherungsschutz verloren geht. Ein lückenloser gesetzlicher Unfallversicherungsschutz besteht auf Geschäftsreisen allerdings nicht.

Selbst am Arbeitsplatz oder in den Räumen des Arbeitgebers ist nicht jeder Unfall automatisch abgesichert. Ausnahmen gibt es etwa in Pausen und bei der Erfüllung von Grundbedürfnissen wie Essen oder dem Toilettengang. So ist zwar der Weg zur Kantine oder Toilette versichert, nicht aber der Aufenthalt in diesen Räumen. Verletzungen, die beim privaten Telefonieren oder in der Raucherpause passieren, sind ebenfalls keine Arbeitsunfälle. Das gilt auch für den Hinweg zur Raucherecke und zurück. Die Arbeit im Homeoffice ist dann unfallversichert, wenn die Tätigkeit betriebsbezogen ist oder man die dafür notwendigen Wege zurücklegt. Wer also auf dem Weg ins Nebenzimmer stürzt, um einen Ausdruck aus dem Drucker zu holen, ist versichert. Wer dagegen ein privates Paket an der Haustür annimmt, ist nicht versichert.

Durchgangsärzt*innen entscheiden

Sofern der Arbeitsunfall keine lebensbedrohlichen Verletzungen nach sich zieht, sollten Verletzte einen von der Berufsgenossenschaft zugelassenen Durchgangsarzt oder eine Durchgangsärztin aufsuchen. Dabei handelt es sich meistens um Fachärztinnen und -ärzte für Unfallchirurgie, die eine besondere Zulassung in der Unfallversicherung besitzen. Diese auch D-Ärzte oder D-Ärztinnen genannten Fachkräfte entscheiden dann, ob eine allgemeine Behandlung in der Hausarztpraxis des oder der Verletzten durchgeführt werden kann oder ob eine besondere Heilbehandlung nötig ist. Erforderlich ist eine Vorstellung bei D-Ärzt*innen auf jeden Fall dann, wenn zum Beispiel die Verletzung über den Unfalltag hinaus zur Arbeitsunfähigkeit führt oder die notwendige ärztliche Behandlung voraussichtlich länger als eine Woche dauert. Auf keinen Fall sollten Arbeitnehmer*innen Verletzungen verharmlosen und als vermeintlich nichtig darstellen. Einen Durchgangsarzt beziehungsweise eine Durchgangsärztin findet man etwa über die Website der Deutschen gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV).

Auf jeden Fall sollten sich Fachkräfte bei einem Arbeits- oder Wegeunfall unverzüglich bei ihrem Arbeitgeber melden. Wenn eine versicherte Person mehr als drei Tage arbeitsunfähig ist, hat dieser nämlich die Verpflichtung, diesen Arbeitsunfall unverzüglich bei der zuständigen Berufsgenossenschaft oder der gesetzlichen Unfallversicherung zu melden. Nur so sind mögliche Spätfolgen durch die gesetzliche Unfallversicherung abgedeckt.

Wird der Arbeitsunfall als solcher anerkannt, stehen den verunfallten Arbeitnehmer*innen verschiedene Leistungen zu. Dazu gehören Heilbehandlungen und weitere Maßnahmen, die der medizinischen Rehabilitation dienen. Diese Maßnahmen sind nicht auf das medizinisch Notwendige beschränkt, sondern umfassen alle geeigneten Mittel. So können etwa Umschulung, Umgestaltung des Arbeitsplatzes, Unfallrente bei bleibenden Gesundheitsschäden oder Hinterbliebenenrente im Todesfall zu den Leistungen gehören.

Für Menschen, die einen Arbeitsunfall hatten, gibt es noch eine weitere Besonderheit: Sie haben Anspruch auf Verletztengeld. Zunächst zahlt der Arbeitgeber sechs Wochen lang Krankengeld. Danach wird die Lohnfortzahlung von der zuständigen Berufsgenossenschaft übernommen. Diese finanzielle Leistung wird als Verletztengeld bezeichnet und beträgt 80 Prozent des Bruttoeinkommens. Damit ist sie höher als das Krankengeld, das nur 70 Prozent abdeckt.

Weitere Informationen

  • Deutsche gesetzliche Unfallversicherung (DGUV), Arbeitsunfall: Was nun?: www.dguv.de
  • DGUV, Suchmaske für Durchgangsärzt*innen: www.lviweb.dguv.de
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