
Muss das wirklich sein?
Wie viele Meetings haben Sie – digital oder in Präsenz – diese Woche hinter sich gebracht? Und wie viele davon waren wirklich notwendig? Mit diesen Tipps halten Fach- und Führungskräfte ihren Terminkalender schlank.
Text: Anne Mittmann
Hier ein Fokustreffen, da eine Plenumsrunde und für das neue Projekt steht auch noch ein Kick-off-Meeting an: Spätestens seit der Corona-Pandemie und der Option auf Homeoffice ist die Zahl der Online-Meetings in deutschen Unternehmen signifikant gestiegen. Je nach Quelle sprechen Expert*innen von 10 bis 25 Prozent mehr Meetings im Vergleich zu vor der Pandemie. Vor allem im Homeoffice fällt der informelle Austausch via „Flurfunk“ weg. Digitale Meetings sollen diese Lücke schließen. Laut einer internationalen Studie des Chat-Anbieters Slack aus dem Jahr 2023 empfinden die Befragten hierzulande lediglich etwas mehr als die Hälfte ihrer Meetings als „gute Nutzung der Arbeitszeit“. 36,5 Prozent der Meetings wurden als unnötig eingestuft. Doch wann ist ein Meeting sinnvoll – und wann nicht?
Ein Muss: gute Gründe
Der erste Schritt zur sinnvollen Nutzung von arbeitsbezogenen Zusammenkünften ist die Unterscheidung zwischen Informations- und Arbeits- oder Kreativmeetings. Dabei gilt allgemein: Wichtige Entscheidungen, Debatten und Diskussionen, die nur synchron gelöst werden können, rechtfertigen ein Meeting. Im Englischen wird dieses Prinzip „drei Ds“ genannt: decision, debate, and discussion. Die reine Informationsweitergabe oder Aufgabenverteilung kann auch asynchron gelöst werden zum Beispiel durch E-Mails, Chat-Programme oder Projektmanagement-Tools. Doch auch, wenn der Inhalt einen Termin rechtfertigt, gilt es immer, einen Zeitplan sowie eine Agenda zu erstellen und diese rechtzeitig für alle zugänglich zu machen. Besonders wenn Fachkräfte der gleichen Hierarchiestufe online zusammenkommen, kann die Moderation des Meetings mithilfe der WAIT-Methode durchgeführt werden: Das Akronym steht für „Why am I talking?“ (Warum spreche ich?). Diese Frage kann dabei helfen, beim Thema zu bleiben und die für das Meeting angesetzte Zeit einzuhalten.
Je nach Bedarf und Unternehmensstruktur sind Serientermine sinnvoll. Befindet sich das Team in einer Hochphase eines Projekts oder sieht sich das Team nicht persönlich im Büro? Beim Daily Stand-Up gibt jedes Teammitglied für maximal zwei Minuten den persönlichen Stand in Form einer „Ampelmeldung“ durch. Ist alles in Ordnung, steht die Ampel auf Grün, bei Problemen können Hilfsanforderungen (gelb) oder Blocker (rot) schnell und effizient kommuniziert werden. Neben dem Daily Stand-Up behandelt ein wöchentliches Meeting mit fester Agenda und festem Zeitfenster aktuelle Themen von Relevanz. Je nach Bedarf kann monatlich oder einmal im Quartal der Team-Status ausführlich besprochen werden, um für aktuelle und kommende Projekte besser aufgestellt zu sein. Zu guter Letzt widmet sich die große Jahreskonferenz der Jahresplanung sowie -zielen und fasst die vergangenen Monate in einem Rückblick zusammen.
Doch Vorsicht: Vor allem bei Serienterminen besteht die Gefahr, dass Meetings nur deshalb stattfinden, weil sie geplant sind. Falls bis zu einer vorher festgelegten Deadline keine Themen eingebracht wurden, gibt es nichts zu besprechen – das Meeting ist überflüssig und kann abgesagt werden. Ergänzend dazu erhöht die verbindliche Einführung von festen Produktionszeiten und No-Meeting-Zones die Produktivität des Teams und schiebt spontan einberufenen Meetings den Riegel vor.
Die Führungsetage ist gefragt
Führungskräfte haben gute Gründe die Anzahl und Effektivität von digitalen sowie analogen Arbeitstreffen zu hinterfragen. Meetings sind teuer – und sinnlose oder überlange Sitzungen wahre Geldfresser. Neben geistiger Energie und Motivation verschlingen sie Personalkosten und drosseln die Produktivität. Je mehr Mitarbeiter*innen für ein Meeting einberufen werden, desto mehr Arbeitszeit ist geblockt und kann nicht anderweitig eingebracht werden. Vor allem dann, wenn Mitarbeiter*innen pro forma eingeladen werden, die nicht unmittelbar mit dem Thema befasst sind. Gleichzeitig haben die eingeladenen Mitarbeiter*innen möglicherweise Bedenken, das Meeting abzusagen, aus Angst, etwas zu verpassen.
Diese Angst, auch bekannt als FOMO (fear of missing out), kommt besonders dann zum Tragen, wenn die Informationsweitergabe im Unternehmen nicht asynchron gestaltet wird – die Mitarbeiter*innen also tatsächlich etwas verpassen könnten. Das Ergebnis sind aufgeblähte Teilnehmer*innenlisten und frustrierte Mitarbeiter*innen, die mit einem Auge auf ihre E-Mails schielen und bei angeschalteter Kamera verkrampft ein Gähnen unterdrücken. Führungskräfte können dem entgegenwirken: Wertschätzende Kommunikation und Informationssicherung in Form von Sitzungsprotokollen schaffen Transparenz und bieten Raum für ehrliches Feedback. Wer muss bei dem Meeting dabei sein, und wer wird anderswo dringender gebraucht? Wer hat einen guten Grund, abzusagen und erhält trotzdem das Protokoll? Mithilfe dieser Fragen können Führungskräfte gemeinsam mit ihrem Team überflüssige Meetings „ausmisten“, Zeitfresser eliminieren und die Produktivität nachhaltig steigern.