Haben Sie Hobbys?
Lesen, Schwimmen, Theaterspielen: Es gibt viele Freizeitbeschäftigungen, die Fachkräfte gewinnbringend in ihre Bewerbung einbringen können. Doch bei so manchen ist Vorsicht geboten, welche Assoziationen in den Köpfen der Personaler*innen entstehen könnten.
Text: Anja Schreiber
Wer sich nicht gerade in Branchen bewirbt, in denen Fachkräfte händeringend gesucht werden, steht vor der Frage: Was macht mich einzigartig und unterscheidbar? Wie steche ich unter den vielen Bewerber*innen heraus? Eine Antwort lautet: durch ungewöhnliche und besondere Kenntnisse, Fähigkeiten und Hobbys! Natürlich ist es Definitionssache, was man unter „ungewöhnlich“ versteht. Dass ein*e Informatiker*in coden kann, ist selbstverständlich, aber dass ein*e Kulturwissenschaftler*in privat programmiert, kann doch eher als Seltenheit verbucht werden. Und auch, wenn es nicht um einen IT-Job geht, sollte diese Fähigkeit auf jeden Fall in einer Bewerbung erwähnt werden.
Im Lebenslauf erwähnte ungewöhnliche Hobbys und besondere Kenntnisse können bei Personaler*innen und künftigen Vorgesetzten Interesse wecken. So haben die Entscheider*innen schon während der Lektüre der Unterlagen die Chance, die Persönlichkeit der Kandidat*innen etwas näher kennenzulernen. Es hat aber noch weitere Vorteile, spezielle Interessen und Hobbys zu erwähnen, denn sie erleichtern zum Beispiel beim Jobinterview den Gesprächseinstieg. Außerdem sind viele Freizeitaktivitäten mit bestimmten Soft Skills verbunden. So wird zum Beispiel bei Mannschaftssportler*innen eine gewisse Teamfähigkeit unterstellt. Die Erwähnung eines Hobbys hat also vor allem die Funktion indirekt Informationen über die eigenen Fähigkeiten zu transportieren. So kann es sinnvoll sein, besondere Hobbys, aber auch spezielle Fähigkeiten in die Bewerbung einfließen zu lassen. Gerade für Berufseinsteiger*innen mit vergleichsweise kurzem Lebenslauf kann das hilfreich sein und bei Kandidat*innen mit ähnlichen Angaben zu einer Unterscheidung führen. Allerdings sollten Bewerber*innen vor einer Erwähnung genau überlegen, welche Assoziationen sich beim Lesen einstellen könnten, denn natürlich kann das Außergewöhnliche auch negativ wirken.
Einschätzung durch Perspektivwechsel
Wer sich allerdings in die Schuhe der Personaler*innen hineindenkt, wird diesen Fehler vermeiden können. Betreibt man zum Beispiel Fallschirmspringen oder Paragliding, sollte man diese Aktivitäten lieber unerwähnt lassen. Sie gehören zu den Extremsportarten und haben damit ein erhöhtes Unfallrisiko. Für den Arbeitgeber besteht also das Risiko des Arbeitsausfalls. Auch Hobbys, die sehr viel Geld kosten, könnten eventuell beim künftigen Arbeitgeber nicht gut ankommen – wobei es sicher einen Unterschied macht, in welchem Bereich das jeweilige Unternehmen tätig ist, ob als Unternehmen, Start-up oder im öffentlichen Dienst. Was also negativ assoziierte Hobbys sind, hängt auch davon ab, für welche Stelle, in welchem Unternehmen und in welcher Branche Fachkräfte sich bewerben.
Zu viele oder zeitintensive Hobbys sollte man ebenfalls nicht erwähnen. Bei Personaler*innen könnte sich sonst der Gedanke einstellen, dass der oder die Bewerber*in nur für ihre Freizeitaktivitäten lebt und die Arbeit nur als eine ungeliebte Pflicht sieht. Hat jemand viele Hobbys, sollte er eine Auswahl treffen. Doch überhaupt keine Hobbys zu erwähnen kann übrigens auch negativ aufstoßen – zumal bestimmte Freizeitaktivitäten gut ankommen können. Dazu zählen natürlich sportliche Interessen. Diese werden Personaler*innen mit Leistungsfähigkeit und Disziplin in Verbindung bringen. Außerdem assoziiert man damit meist „fit und gesund“. Ähnliches gilt auch für kreative Interessen. Wer zum Beispiel Handlettering betreibt oder gerne Haikus schreibt, sollte das erwähnen, auch wenn diese Hobbys keinen gemeinschaftlichen Aspekt haben. Es ist allerdings sinnvoll, bei der Auswahl der Freizeitaktivitäten Einseitigkeit zu vermeiden. Wer nur Hobbys angibt, die man allein im stillen Kämmerlein betreibt, kann seine Teamfähigkeit nicht belegen. Haben Bewerber*innen dagegen Ehrenämter zum Beispiel bei der örtlichen Tafel oder im Tierheim, können sie damit ihre Soft Skills unterstreichen.
Bei der Wahrheit bleiben
In jedem Fall sollten sich Kandidat*innen im Vorstellungsgespräch auf Nachfragen zu Hobbys, Fähigkeiten und Kenntnissen einstellen. Dann kommt es darauf an, dass sie das Ungewöhnliche näher erläutern und Anekdoten erzählen können. Hat man Erfolge erreicht, ob nun als Organisator*in eines Vereinsfestes oder Gewinner*in eines Schachturniers, sollte man das ebenfalls erwähnen. Ein No-Go ist es aber, wenn jemand etwa Japanisch-Kenntnisse angibt und dann herauskommt, dass er vor zehn Jahren einen entsprechenden Volkshochschulkurs abgebrochen hat.
Gerade bei besonderen Interessen oder Fähigkeiten sollten sich Bewerber*innen überlegen, wie sie diese im Beruf nützen können. Diese Gedanken können sie dann ins Jobinterview einbringen. Wer Harfe spielt und sich als Sozialarbeiter*in in einer Einrichtung für Kinder und Jugendliche bewirbt, kann zum Beispiel entsprechende Workshops anbieten. Hobbys und Kompetenzen, die nicht klar in Verbindung zur Stelle gebracht werden können, auf die man sich bewirbt, gehören übrigens normalerweise in den Lebenslauf. Im Anschreiben haben sie dagegen in der Regel nichts zu suchen.