Pro Kind und pro Karriere
Der Verein Working Moms vernetzt weibliche Fachkräfte zum Thema Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Aber auch das Erreichen konkreter Karriereziele steht im Mittelpunkt der gemeinnützigen Organisation. Für erwerbstätige Mütter bietet eine Mitgliedschaft Austausch unter Gleichgesinnten und zahlreiche Anregungen.
Interview: Janna Degener-Storr
WILA Arbeitsmarkt: 2022 kamen in Deutschland 738.819 Kinder zur Welt. Mehr als zwei Drittel der Mütter von minderjährigen Kindern arbeiten und auch Frauen mit älteren Kindern sind meist erwerbstätig. Warum braucht es da ein Netzwerk für berufstätige Mütter?
Anna Seeringer: Die Kinderbetreuung hat sich in den letzten Jahren verbessert und es gibt immer mehr Frauen, die in den Beruf zurückkehren oder berufstätig bleiben. Aber viele von ihnen arbeiten nur 20 bis 25 Stunden pro Woche. In der Partnerschaft bleiben sie dann die Geringverdienenden. Wenn das Familiensetting es erfordert, dass jemand beruflich zurücktritt, zum Beispiel weil die Kinder krank sind, liegt es da nahe, dass es die Frau ist. Und langfristig bleibt die Rentenlücke zwischen Mann und Frau hier einfach groß. Wir setzen uns dafür ein, dass Frauen wie Männer in Vollzeit oder vollzeitnah tätig sein können. Dazu kommt: Die Frauen in unserem Verein haben berufliche Ambitionen, sei es, dass sie heute schon in Leitungspositionen oder fachlich exponiert sind oder dies anstreben – ob als Anwältin oder Schauspielerin. Wir stärken uns gegenseitig den Rücken, sind als Vorbilder präsent und arbeiten politisch.
Welchen Branchen gehören die Mitglieder von Working Moms an?
Wir achten darauf, dass wir Frauen aufnehmen, die unseren Branchenfokus erweitern. Denn wir wollen uns gegenseitig inspirieren, wie es woanders funktioniert. Die Eventbranche mit ihren Arbeitszeiten stellt Mütter vor andere Herausforderungen als der Finanzbereich. Und wer kulturelle Veranstaltungen organisiert oder in einer politischen NGO tätig ist, muss vielleicht häufig an andere Orte reisen, auch für mehrere Tage in der Woche. Das ist schwierig, selbst wenn uns keiner dafür ein schlechtes Gewissen macht. Denn natürlich vermissen wir unsere Kinder und wir lieben gleichzeitig unseren Job.
Wie sieht dieser Support konkret aus?
Wenn meine Kinderbetreuung mal nicht funktioniert, kann ich die anderen Mitglieder in meiner Stadt um einen konkreten Tipp bitten, wo ich einen Babysitter finde. Und wenn ich überlege, ob ich zum Beispiel einen Job annehmen möchte, für den ich von Hamburg nach Berlin pendeln muss, kann ich mit anderen darüber sprechen, die sich für diesen Weg entschieden haben. Da geht es auch um zwischenmenschliche Themen: Wie bekommen mein Partner und ich die Kinder und den Job unter einen Hut? Wir gehen wir mit dem Thema Mental Load um? Die Gespräche finden in einem geschützten Raum statt. Was besprochen wird, bleibt also unter uns.
Was steht neben gegenseitiger Unterstützung noch auf dem Vereins-Programm?
Wir sind in Regionalkreisen organisiert, die einmal im Monat sogenannte Clubabende veranstalten. Dort tauschen wir uns persönlich aus, aber wir beschäftigen uns auch immer mit einem Thema. Letzte Woche hatten wir in Hamburg zum Beispiel eine Veranstaltung zu Gehaltsverhandlungen für Frauen. Manchmal organisieren wir kulturelle Veranstaltungen oder Lunch-Dates oder wir sehen uns soziale Projekte an, die wir unterstützen. Über soziale Medien sind wir ebenfalls untereinander in Kontakt. Manchmal gibt es überregionale Austauschveranstaltungen mit Referentinnen oder Referenten zu bestimmten Themen, die virtuell oder in Präsenz stattfinden. Jeder Regionalverein hat Projekte, mit denen er zusammenarbeitet und die er finanziell unterstützt. Einige Regionalvereine kooperieren mit Schulen, andere bieten Mentoringprogramme für Studentinnen oder junge Berufstätige an.
Wie wirkt Working Moms darauf hin, die Rahmenbedingungen der Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu verbessern?
Wir arbeiten in unterschiedlichen Ausschüssen. Unser Politikausschuss ist hauptsächlich in Berlin ansässig, wo wir als Lobbyvereinigung registriert sind. Wir tauschen uns hier mit politischen Vertreterinnen und Vertretern aus, veröffentlichen Statements und teilen Petitionen zu Themen wie Kindergrundsicherung oder Elterngeld. Aber auch die anderen Regionalverbände sind mit ihren politischen Vertretern im Austausch. Unsere Mission ist es, dass mehr Mütter ambitioniert in Vollzeit berufstätig sein können.