
Pläne für Arbeitnehmer*innen
Die Bundestagswahl 2025 steht kurz bevor. Wir haben uns angeschaut, was verschiedene Parteien in Bereichen planen, welche angestellte Arbeitnehmer*innen aus dem akademischen Bereich betreffen würden.
Text: Daniela Obermeyer und Stefanie Schweizer
Es ist Wahlkampf und die Thesen und Forderungen der Parteien in den Medien sind schier unübersichtlich. Wer also wissen möchte, was die einzelnen Parteien konkret planen, sollte einen Blick in ihre Wahlprogramme werfen. Doch es hakt an dem Wort „konkret“. Was in den Dokumenten auf den ersten Blick eindeutig klingt, ist auf den zweiten Blick häufig doch eher vage.
Insofern ist es schwierig, die Programme in Bezug auf arbeitsmarktpolitische Themen genauer unter die Lupe zu nehmen und die einzelnen Punkte so herauszuarbeiten, dass sie vergleichbar werden. Für diesen Artikel wurde diesbezüglich mit Schlagworten gearbeitet, um die teils über 150 Seiten langen Dokumente zu durchsuchen. Dabei stehen die beiden Themenblöcke „Einkommensteuer und Sozialversicherung“ sowie „Arbeitslosigkeit und -vermittlung“ im Mittelpunkt. Weitere Informationen zu anderen wichtigen Themen gibt es in den Programmen, die auf den jeweiligen Websites der Parteien zu finden sind. Dementsprechend erhebt dieser Artikel keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
Welche Parteien werden vorgestellt? Diejenigen, die aktuell im deutschen Bundestag vertreten sind, mit Ausnahme der AfD. Die Partei wird vom Verfassungsschutz als rechtsextremistischer Verdachtsfall eingestuft, in einer entsprechenden Prüfung wurden verfassungsfeindliche Bestrebungen festgestellt. Das entspricht nicht den Werten, für die der WILA Arbeitsmarkt steht. Um die Vielfalt der Parteienlandschaft zu zeigen – zur Bundestagswahl 2025 dürfen insgesamt 41 Parteien antreten – wurde zusätzlich die Partei Volt ausgewählt, die mit fünf Sitzen im Europaparlament vertreten ist.
Einkommensteuer und Sozialversicherung
Es gibt viele Faktoren, die dazu beitragen, wie viel Netto vom Ihrem Brutto-Gehalt auf Ihrem Konto landet. Großen Einfluss haben die Einkommensteuer und die Höhe der Pflichtbeiträge zu Kranken-, Pflege-, Arbeitslosen- und Rentenversicherung. Was planen die Parteien diesbezüglich?
SPD
- Einführung der vorausgefüllten Einkommensteuererklärung mit automatischer Erstattung
- Steuerfreiheit für Zuschläge für Mehrarbeit, die über die tariflich vereinbarte Vollzeitarbeit hinausgehen
- Solidaritätszuschlag beibehalten für Steuerpflichtige mit dem höchsten Einkommen, Kapitalgesellschaften und Bezieher von Kapitalerträgen
- Besteuerung von Einkommen aus Kapital über den Einkommensteuertarif
- Schaffung einer Bürgerversicherung bestehend aus gesetzlichen und privaten Krankenkassen
- Stärkere Orientierung der Beiträge der Versicherten an ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit
- Gemeinsam finanziertes Pflegesystem
- Förderung der betrieblichen und privaten Altersvorsorge
CDU/CSU
- Schrittweise Absenkung des Einkommensteuertarifs und regelmäßige Anpassung an die Inflation
- Erhöhung der Einkommensgrenzen für den Spitzensteuersatz
- Erhöhung der Pendlerpauschale
- Steuerfreiheit für Überstundenzuschläge bei Vollzeitbeschäftigung
- Gesamthöhe der Sozialversicherungsbeiträge soll auf 40 Prozent sinken
- Komplette Abschaffung des Solidaritätszuschlags
- Vorsorge für den Pflegefall soll bestehen aus gesetzlicher Pflegeversicherung, betrieblicher Mitfinanzierung, Steuermitteln sowie eigener Vorsorge
Bündnis 90/Die Grünen
- Anhebung des Arbeitnehmerpauschbetrags in der Einkommensteuererklärung auf 1.500 Euro
- Einführung von Steuergutschriften für niedrige Einkommen und Alleinerziehende
- Erhöhung des Grundfreibetrags
- Integration des Solidaritätszuschlags in den Einkommensteuertarif
- Reformierung der Mindestbemessungsgrenze in der gesetzlichen Krankenversicherung
- Schaffung einer Bürgerversicherung mit gesetzlich Krankenversicherten und Privatversicherten
- Schaffung einer Pflegebürgerversicherung mit einem Ausgleich zwischen gesetzlicher und privater Pflegeversicherung
- Stärkung der privaten und betrieblichen Altersvorsorge durch Schaffung eines Bürger*innenfonds, der sich aus Darlehen aus dem Bundeshaushalt und Eigenmittel des Bundes finanziert
FDP
- Einführung eines linear-progressiven Tarifs in der Einkommensteuer
- Anhebung des Grundfreibetrags um 1.000 Euro
- Befreiung der Zuschläge für Überstunden bei Vollzeitarbeit von der Lohnsteuer
- Spitzensteuersatz soll ab einem Jahreseinkommen von 96.600 Euro greifen
- Abschaffung des Solidaritätszuschlags
- Automatische Anpassung der Freibeträge und Eckwerte der Einkommensteuer an die Preisentwicklung
- Vorausgefüllte Steuererklärung mit einer Entwicklung hin zu einer vollautomatisierten Einkommensteuerveranlagung
- Sozialabgaben sollen nicht über 40 Prozent steigen
- Beibehaltung des dualen Systems aus gesetzlicher und privater Krankenversicherung
- Mehr Anreize für private Pflegevorsorge, Einsatz für die Gleichbehandlung von betrieblicher Pflegevorsorge und Betriebsrente
Die Linke
- Einführung eines temporären Energie-Soli als Zuschlag auf die Einkommen-, Lohn- und Kapitalertragssteuer für hohe Einkommen
- Erhöhung des Grundfreibetrags auf 16.800 Euro
- Erhöhung der Spitzensteuersätze: 53 Prozent ab 70.000 Euro zu versteuerndes Einkommen, 60 Prozent für Einkommen über 260.533 Euro, 75 Prozent für Einkommen über 1 Million Euro
- Beibehaltung des Solidaritätszuschlags für die reichsten 10 Prozent der Einkommen
- Erhebung von Einkommensteuer auf Kapitalerträge
- Wegfall der Beitragsbemessungsgrenze in der Sozialversicherung
- Gemeinsame Gesundheits- und Pflegeversicherung für alle, dadurch Senkung des Beitragssatzes zur Krankenversicherung auf 13,3 Prozent des Bruttolohns
BSW
- Erhebung von Einkommensteuer auf Kapitalerträge
- Steuerliche Entlastung von Einkommen bis zu 7.500 Euro brutto
- Erhöhung des Grundfreibetrages durch Orientierung an der Armutsgefährdungsschwelle
- Einsetzen des Spitzensteuersatzes erst bei sehr hohen Einkommen
- Anhebung der Beitragsbemessungsgrenzen für die Sozialversicherung
- Abschaffung der Zusatzbeiträge bei der Krankenversicherung
- Einführung einer Bürgerversicherung
Volt
- Einführung einer solidarischen Einkommensteuer
- Erhöhung des steuerlichen Grundfreibetrags
- Abschaffung des Solidaritätszuschlags
- Anhebung des Spitzensteuersatzes für sehr hohe Einkommen
- Einführung einer europäischen Sozialversicherung
- Einführung einer europäischen Krankenversicherung für alle, zunächst auf nationaler Ebene mit folgenden Schritten: Schaffung von vier bundesweiten Krankenkassen in Form von Genossenschaften, Zusammenlegung von Kranken- und Pflegeversicherung, Anpassung der Beitragsbemessungsgrenzen an das Niveau der Rentenversicherung
Arbeitslosigkeit und -vermittlung
Arbeitslosigkeit kann jede*n treffen, auch hochqualifizierte Arbeitnehmer*innen. Wie wollen die Parteien Fachkräften in dieser schwierigen Phase unter die Arme greifen und dabei unterstützen, wieder zurück in eine adäquate Beschäftigung zu gelangen?
SPD
- Zeit für eine Weiterqualifizierung während der Arbeitslosigkeit soll nicht auf die Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes angerechnet werden
- Eintreten für eine europäische Arbeitslosenrückversicherung
CDU/CSU
- Stärkung des Einsatzes von KI in der Arbeitsvermittlung
- Sozialleistungen sollen schnell, digital und aus einer Hand bei den Leistungsberechtigten ankommen
- Eine europäische Arbeitslosenversicherung wird abgelehnt
Bündnis 90/Die Grünen
- Existenz- und teilhabesichernden Leistungen, solange bis wieder Arbeit gefunden wurde
- Unterstützung durch Qualifizierung, Ausbildung, Weiterbildung und schnelle, nachhaltige Vermittlung
FDP
- Arbeitnehmer*innen sollen sich für geringere Beitragszahlungen in die Arbeitslosenversicherung und damit auch für geringeren Anspruch auf Arbeitslosengeld entscheiden können
- Einführung einer Intensivphase zu Beginn des Leistungsbezugs mit hoher Kontaktdichte zum Jobcenter in den ersten 12 Monaten
- Anpassung der Zumutbarkeitsregelungen: längere Pendelstrecken und Umzüge für Personen ohne Kinder und pflegebedürftige Angehörige
Die Linke
- Erhöhung des Arbeitslosengeldes auf 68 Prozent und längere Bezugsdauer
- Rechtsanspruch für Erwerbslose auf Qualifizierung und Weiterbildung
- Arbeitslose sollen 90 Prozent des letzten Nettolohns als Weiterbildungsgeld bekommen, ohne Kürzung des Anspruchs auf Arbeitslosengeld
BSW
- Bezugsdauer Arbeitslosengeld: Personen, die langjährig in der Arbeitslosenversicherung waren, sollen so lange 60 Prozent des letzten Nettogehalts erhalten bis eine zumutbare Beschäftigung angeboten oder selbst gefunden wurde
- Die Frist zur Erfüllung der Versicherungszeiten in der Arbeitslosenversicherung soll verlängert und Zeiten für Kinderbetreuung und Pflege von Angehörigen anerkannt werden
VOLT
- Weiterbildungen und Lohnkostenzuschüsse für Langzeitarbeitslose und Menschen mit Behinderung
- Orientierungsangebote wie Bewerbungstrainings, Workshops und Praktika gegen Jugendarbeitslosigkeit
- FSJ und FÖJ stärker bewerben