Den Umgang mit Medien vermitteln
Wir erleben im digitalen Bereich eine rasante Entwicklung. Medienkompetenzbildung ist daher für alle Altersstufen entscheidend. Der Bereich bietet außerdem viele neue Jobperspektiven.
Text: Maike von Haas
Medienkompetenz ist laut Definition die Fähigkeit, Medien und ihre Inhalte sachkundig zu nutzen – und zwar den eigenen Zielen und Bedürfnissen entsprechend. Der Umgang mit Medien setzt die Bereitschaft zum lebenslangen Lernen voraus, weil vor allem digitale Medien sich in technischer, sozialer, kultureller und ästhetischer Hinsicht in stetem und raschem Wandel befinden. Hier sind Experten und Expertinnen mit pädagogischem, aber auch generalistischem Berufshintergrund gefragt, die einen verantwortungsbewussten Umgang mit Medien vermitteln und Menschen dadurch befähigen, Medien richtig nutzen zu können – in jedem Alter.
In der Erwachsenenbildung beispielsweise geht es vermehrt darum, vorhandenes Wissen zu erweitern, zu vertiefen und zu reflektieren. Dazu gehört auch die Förderung einer kritischen Medienkompetenz angesichts aktueller Phänomene wie der Verbreitung von Falschmeldungen, Filterblasen oder Hasspostings. Eine Studie der „Stiftung neue Verantwortung“, veröffentlicht im März 2021, hat beispielsweise ergeben, dass rund 50 Prozent der Befragten eine Werbung trotz Kennzeichnung für eine Information hielten.
Rund ein Drittel war der Meinung, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk der Staatsministerin für Kultur und Medien unterstellt ist. Insgesamt bescheinigte die Studie nur rund 20 Prozent der Bevölkerung eine hohe oder sehr hohe Medienkompetenz, bald die Hälfte lag im Bereich der (sehr geringen) digitalen Nachrichten- und Informationskompetenz. Fazit der Studie: Es braucht eine bessere digitale Schul- und Erwachsenenbildung.
Inzwischen ist klar, dass Lehrer*innen ihren Schülerinnen und Schülern den Umgang mit (digitalen) Medien vermitteln müssen. Das schlägt sich auch in der Ausbildung nieder: erste Hochschulen bieten hier Erweiterungsfächer im Lehramtsstudium an. Aber auch außerschulische Bildungseinrichtungen sind in diesem Bereich gefragt. Hier sind es zum Beispiel Medienpädagog*innen, die Medienkompetenz an Kinder und Jugendliche, an Eltern oder an Senioren vermitteln. Für Fachkräfte der außerschulischen Jugendarbeit, die sich spezialisieren und aufsatteln wollen, werden in diesem Bereich entsprechende mehrwöchige Zertifikatsweiterbildungen angeboten, etwa vom Landesfachverband Medienbildung Brandenburg e.V.
Neben diesen Zusatzqualifikationen gibt es auch erste eigenständige Masterstudiengänge. Ansonsten sind medienpädagogische Aspekte Teil diverser Studiengänge, etwa aus dem Bereich Soziale Arbeit oder Erziehungswissenschaften. Es ist generell noch ein Feld für Quereinsteiger*innen. Wer aus der Pädagogik das Feld Medienkompetenz für sich erschließen will, muss sein technisches Wissen erweitern, wer sich mit Medien auskennt, muss seine Kenntnisse in Didaktik ergänzen. Aber auch wer im Projektmanagement tätig ist, kann Medienkompetenz zum eigenen Schwerpunkt machen, denn auch die Vermittlungsarbeit muss schließlich organisiert werden.
Hohe Nachfrage
Ob Handy, Tablet oder Spielkonsole: Digitale Medien spielen eine entscheidende Rolle in unserem Lebensalltag. Kinder und Jugendliche darin zu begleiten, einen verantwortungsvollen und kompetenten Umgang damit zu erlernen, ist eine große Herausforderung in der heutigen Erziehungsarbeit. Gefragt ist hier auch die Expertise von Fachkräften wie Elisa Katharina Richter. Sie leitet bei Helliwood media & education im fjs e.V. „Das Lernzentrum“ im Berliner Brennpunkt Marzahn-Hellersdorf. Sie und ihr Team vermitteln Schülerinnen und Schülern gezielt Medienkompetenzen.
„Die Nachfrage ist enorm, unsere Workshop-Tage für Schulklassen von Dienstag bis Donnerstag sind immer komplett ausgebucht“, berichtet die Kultur- und Erziehungswissenschaftlerin. Zur Medienpädagogik hat Elisa Katharina Richter über Umwege gefunden. Nach dem Abitur entschied sie sich zunächst, Kulturwissenschaften zu studieren. Doch im konkreten Studium der Kulturwissenschaften an der Berliner Humboldt-Universität merkte sie, dass sie die pädagogische Arbeit vermisste und schrieb sich zusätzlich im Fachbereich Erziehungswissenschaften an.
Mit dem Kombi-Bachelor startete sie als Erzieherin an einer Grundschule und bekam nach ihrer Elternzeit ihre jetzige Anstellung als Leiterin des Lernzentrums. Um noch tiefer in den wissenschaftlichen Bereich der Medienpädagogik einzusteigen, studiert sie mittlerweile berufsbegleitend im Master Medienpädagogik an der Fachhochschule Südwestfalen.
„Uns geht es darum, Kindern und Jugendlichen einen eigenverantwortlichen und sicheren Umgang mit digitalen Medien zu vermitteln, um Gefahren wie Cybermobbing oder Fake News richtig einzuschätzen und kompetent darauf reagieren zu können. Dabei steht unter anderem auch der verantwortungsbewusste Umgang mit persönlichen Daten im Fokus“, berichtet Elisa Katharina Richter. Die Schülerworkshops des Medienkompetenzzentrums sensibilisieren Kinder und Jugendliche zu wichtigen Themen ihrer Lebenswelt mit digitalen und analogen Medien.
Umgesetzt werden sie im Regelfall von Zweier-Teams aus dem Lernzentrum oder über freiberufliche Dozentinnen und Dozenten. Darüber hinaus ist Elisa Katharina Richter für die Konzeption und Durchführung von außerschulischen Angeboten für Kinder und Jugendliche verantwortlich sowie für Fortbildungen, adressiert an Lehrkräfte und pädagogisches Fachpersonal, zu medienrelevanten Themen.
Gesellschaftlich teilhaben
Neben Kindern und Jugendlichen gibt es eine weitere große Zielgruppe, die Fachkräfte im Bereich Medienkompetenz im Blick haben: Ältere Menschen. Durch die Erfahrung in der Pandemie ist deutlich geworden, wie wichtig es für Ältere ist, einen Zugang in die digitale Welt zu haben, um beispielsweise einen Arztbesuch per Videokonferenz wahrzunehmen, Medikamente online zu bestellen oder auch mit den Enkeln digital zu kommunizieren. Vielen fällt es jedoch schwer, Technologien zu verstehen und mit den raschen Entwicklungen Schritt zu halten.
Fähigkeiten in der Anwendung zu stärken und Berührungsängste abzubauen, ist hier eine wichtige Vermittlungsaufgabe, denn digitale Teilhabe unterstützt ein selbstbestimmtes und selbstständiges Leben im Alter. „Man kann heute nicht mehr gesellschaftlich teilhaben ohne digitale Kenntnisse“, erklärt Nicola Röhricht. Sie leitet seit 2021 das Projekt „DigitalPakt Alter“ bei der Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen (BAGSO).
Die Diplom-Kulturpädagogin startete ihre berufliche Karriere in der Gleichstellungsarbeit. Seit 2003 arbeitet sie für die BAGSO in leitenden Funktionen zu den Themen Verbandsarbeit, Wirtschaftsdialog und Digitalisierung und Bildung für Ältere. So hat sie bereits den Digitalkompass verantwortet: Hier können sich Ältere an 100 national verteilten Standorten persönlich austauschen und Schulungen vor Ort und online besuchen. „Mit dem DigitalPakt Alter unterstützen wir bestehende Initiativen vor Ort. Meist sind es ältere Menschen, die sich ehrenamtlich zur Verfügung gestellt haben, nachdem sie immer wieder von Nachbarn oder Bekannten gebeten wurden, Medien-Anwendungen zu erklären“, berichtet die Teamleiterin.
Der DigitalPakt Alter hat auf einer Landkarte 250 Initiativen verortet, bei denen digitale Kompetenzen vermittelt werden. 150 davon sind sogenannte „Erfahrungsorte“ die vom Projektteam begleitet werden. Diese haben auch eine einmalige Mikroförderung vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) erhalten, das das Projekt fördert. „Die Arbeit der vielen Ehrenamtlichen vor Ort füllt eine Lücke, die eigentlich von der öffentlichen Verwaltung und Dienstleistungsunternehmen im Hauptamt geleistet werden müsste, damit die acht Millionen Älteren, die noch nicht im Netz sind, digitale Teilhabe und damit gesellschaftliche Teilhabe verwirklichen können.
Das Erfahrungswissen der Älteren ist so wichtig für die Gesellschaft!“ Zu Nicola Röhrichts Aufgaben gehören neben der strategischen Ausrichtung des Projektes die Personalführung, die Aufsicht über die Finanzen, die Kommunikation mit den zehn Partnerorganisatoren und mit dem Geldgeber des Projektes, dem BMFSFJ. Schwerpunkt ihrer Arbeit ist also weniger die Vermittlung von Medienkompetenz als vielmehr das Projektmanagement rund um das Themenfeld Medienkompetenz.
Aber natürlich ist in vielen weiteren Berufen Medienkompetenz inzwischen eine entscheidende Fähigkeit, die nur manchmal auch explizit in Stellenausschreibungen erwähnt wird – etwa wenn es um die redaktionelle Pflege der Internetpräsenz und die Umsetzung von Social-Media- und Marketingstrategien geht, wie in der Ausschreibug der Stadt Chemnitz für die Besetzung zweier Stellen an der Volkshochschule. Klar ist: Medienkompetenz ist eine entscheidende Kompetenz für das ganze Leben.
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