Wohnortwechsel alle drei Jahre
Für Deutschland arbeiten in aller Welt: Diese Möglichkeit bietet der Beruf der Diplomat*innen. Das Aufgabengebiet reicht von der Wirtschafts- und Kulturpolitik bis hin zur konsularischen Betreuung deutscher Staatsangehöriger.
Text: Anja Schreiber
Diplomat*innen sind ein Berufsleben lang unterwegs. Alle paar Jahre werden die Beamt*innen im höheren Auswärtigen Dienst an einen neuen Dienstort im In- oder Ausland versetzt. Insgesamt verbringen sie etwa die Hälfte ihres Arbeitslebens außerhalb Deutschlands. Ihr Arbeitsplatz sind die deutschen Auslandsvertretungen weltweit – also die Botschaften, Generalkonsulate und Ständigen Vertretungen bei internationalen Organisationen wie der UN. Natürlich ist auch ein Einsatz in der Zentrale des Auswärtigen Amtes in Berlin-Mitte möglich.
„Doch nicht nur der Einsatzort wechselt ständig, auch die Aufgaben“, berichtet eine Sprecherin des Auswärtigen Amtes in Berlin. Natürlich gehöre die Pflege der bilateralen Beziehungen Deutschlands zu anderen Staaten genauso dazu wie die Vertretung deutscher Interessen in internationalen Gremien. Dabei reicht die thematische Arbeit von der Europapolitik über die Außenwirtschaftsförderung und Umweltpolitik bis hin zur Kultur- und Bildungspolitik.
„Diplomat*innen können in der Presseabteilung einer Botschaft, aber auch in der Kultur- oder Wirtschaftsabteilung eingesetzt werden. Sie können auch als Personalreferent*innen arbeiten und damit zuständig sein für Auswahl und Betreuung von Mitarbeiter*innen. Auch eine Position in der Protokollabteilung ist denkbar.“ Diese bereitet zum Beispiel Besuche von Politiker*innen vor. Beamt*innen aus dieser Abteilung begleiten den Kanzler oder die Außenministerin auf ihren Reisen.
„Eine wichtige Aufgabe der Diplomat*innen ist die Kontaktpflege zur jeweiligen Gastregierung und zur Zivilgesellschaft des Gastlandes“, erklärt die Sprecherin. „Sie halten Kontakt zu deutschen Unternehmen, Gemeinden und Institutionen vor Ort.“ Dazu gehören etwa das Goethe-Institut oder der Deutsche Akademische Austauschdienst. Außerdem nehmen die Beamt*innen an internationalen Konferenzen teil. „Neben dem Networking ist ein weiterer Arbeitsschwerpunkt der Diplomat*innen, die Bundesregierung über die jeweilige Lage im Gastland zu informieren“, so die Sprecherin.
Dabei geht es nicht nur um Politik, sondern auch um Entwicklungen in den Bereichen Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft. „Diese Information geschieht insbesondere durch Berichte. Deshalb ist deren Abfassung eine wichtige Aufgabe der Beamt*innen. Politische Länderreferent*innen werten zum Beispiel verschiedene Quellen aus und machen dann der Regierung Handlungsvorschläge.“ Es sind aber auch andere Aufgaben möglich: „Beamt*innen können sich zum Beispiel bei uns in der Zentrale mit dem Thema Digitalisierung befassen.“
Offen für alle Fachrichtungen
Grundvoraussetzung für den höheren Auswärtigen Dienst ist ein Hochschulstudium mit einem Masterabschluss oder einem gleichwertigen Abschluss. „Die Fachrichtung spielt dagegen keine Rolle“, erklärt die Sprecherin. Theoretisch kann man also auch Umweltwissenschaften oder Germanistik studiert haben. Ein besonderer Bedarf besteht allerdings an Volljurist*innen und Volkswirt*innen.
Außerdem müssen Bewerber*innen die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen. Weitere Voraussetzungen sind mindestens sehr gute Kenntnisse in Englisch und Französisch oder in einer weiteren Fremdsprache. In jedem Fall sind aber Grundlagenkenntnisse in Französisch eine Einstellungsvoraussetzung. „Natürlich müssen Bewerber*innen auch über ein ausgeprägtes politisches Verständnis verfügen.“
Das Auswärtige Amt erwartet auch eine entsprechende gesundheitliche Eignung – die sogenannte Tropentauglichkeit. „Das bedeutet aber nicht, dass Menschen mit Behinderungen schlechte Chancen haben. Im Gegenteil: Bei gleicher Eignung werden sie vorrangig berücksichtigt“, berichtet die Sprecherin.
Sie fordert diese Gruppe von Interessierten sogar besonders auf, sich zu bewerben, genauso wie Frauen und Personen mit Migrationshintergrund. Das Alter spielt bei der Aufnahme in den Vorbereitungsdienst keine Rolle. Auch Bewerber*innen im mittleren oder höheren Alter mit Berufserfahrung können also aufgenommen und anschließend auf Lebenszeit verbeamtet werden.
Denn eine allgemeine Höchstaltersgrenze für die Verbeamtung gibt es im Bund nicht mehr. Allerdings ist ein Quereinstieg in die Beamtenlaufbahn nicht möglich. Der Weg in die Diplomatie führt also immer über den Vorbereitungsdienst – und der ist sehr begehrt. Jährlich bewerben sich etwa 2.000 Akademiker*innen, aber lediglich zwischen 60 bis 90 Personen werden ausgebildet.
Mobilität ist Voraussetzung
Grundsätzlich müssen Bewerber*innen bereit sein, sowohl im Auswärtigen Amt in Berlin und Bonn als auch an jeder anderen deutschen Auslandsvertretung zu arbeiten. Außerdem sollten sie sich darüber klar sein, dass sie – nach einem erfolgreichen Durchlaufen des Auswahlverfahrens – einer erweiterten Sicherheitsüberprüfung unterzogen werden. Das schließt auch den jeweiligen Partner oder die jeweilige Partnerin mit ein.
Die Sprecherin des Auswärtigen Amtes betont, dass die Arbeit als Diplomat*in auch eine Herausforderung sein kann. „Alle drei bis vier Jahre verlässt man seinen Wohnort und zieht mit seinem kompletten Hausrat um. Je nach Einsatzort kann das bedeuten, dass jemand auch mal monatelang aus dem Koffer leben muss.“
Der ständige Wechsel hat natürlich auch Auswirkungen auf Familie und Freundeskreis. Allerdings unterstützt das Auswärtige Amt seine Beamt*innen auf vielfältige Weise, ob nun bei der gesundheitlichen Versorgung, bei der Wohnungssuche oder bei der Stellensuche der Partner*innen. Außerdem ist das Auswärtige Amt seit 2005 Träger des Zertifikats „audit berufundfamilie“.
Es bietet zum Beispiel im Inland flexible Elternzeit und Teilzeitregelungen sowie Möglichkeiten des Jobsharings an. In Berlin gibt es eine amtseigene Kindertagesstätte mit 70 Plätzen. „Unsere Personalabteilung ist bemüht, die Wünsche und Belange der Familienangehörigen zu berücksichtigen“, betont die Sprecherin. „Allerdings kann trotz aller Unterstützung die Berufsausübung im Ausland für die Partner*innen mit Schwierigkeiten verbunden sein.“ Die Gründe dafür können zum Beispiel im Arbeitsrecht des Gastlandes liegen.
Auch finanziell unterstützt das Auswärtige Amt seine Mitarbeiter*innen durch Ortszuschläge, die je nach Land sehr unterschiedlich ausfallen. Grundsätzlich starten Berufsanfänger mit der Besoldungsgruppe A 13. In der Stufe 1 beträgt das Grundgehalt laut Berufenet dann 4.511 Euro brutto. Das Auswärtige Amt bietet seinem Nachwuchs auch attraktive Aufstiegsperspektiven. So kann eine junge Diplomatin zum Beispiel in einem Entwicklungsland als Kultur- und Pressereferentin starten.
Dann folgt ein Einsatz in der Zentrale. Danach könnte sie als stellvertretende Referatsleiterin wiederum ins Ausland gehen. Bei rund 230 Botschaften, Ständigen Vertretungen und Generalkonsulaten der Bundesrepublik Deutschland besteht die Möglichkeit, bis zum Posten einer Botschafterin oder eines Generalkonsuls aufzusteigen.
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