Die Menschen in die Städte locken
Wer als Citymanager*in den Einzelhandel stärken und Veranstaltungen durchführen möchte, braucht Geduld, Durchsetzungskraft – und ein gutes Namensgedächtnis. Und auch Frustrationstoleranz ist derzeit wichtig.
Text: Janna Degener-Storr
Rund dreißigtausend Einwohner*innen hat das bayrische Schwandorf, das etwa vierzig Kilometer von Regensburg entfernt liegt. Viele Menschen aus der Region nutzen die Geschäfte in der Innenstadt zum Einkaufen oder kommen für Veranstaltungen in den Ort. Neben den Expert*innen vom Stadtmarketing ist vor allem eine Mitarbeiterin der Stabsstelle Wirtschaftsförderung bei der Stadt dafür zuständig, dass das alles gut funktioniert: Die sogenannte Citymanagerin.
Die Geografin Natalie Schmiede hat diese Position in Schwandorf vor drei Monaten übernommen. Ausschlaggebend dafür war vor allem ihr projektorientierter Bachelor an der Justus-Liebig-Universität Gießen, erzählt die 28-Jährige, die ihren Master in Berlin gemacht hat und inzwischen promoviert.
„Wir haben im Studium viel in kleinen Gruppen und an Fallbeispielen mit Kommunen und Unternehmen zusammengearbeitet. Dadurch hatte ich schon praktische Erfahrungen im Leerstandsmanagement, in der Einzelhandelsstärkung, in der Organisation von Veranstaltungen und in der Öffentlichkeitsarbeit.“
Zwischen Verwaltung und Netzwerkarbeit
Genau das sind auch die Aufgaben, die die Berufseinsteigerin nun als Citymanagerin von Schwandorf wahrnimmt. Natalie Schmiede sitzt viel am Schreibtisch, um Projekte zu konzipieren und zu planen. Aber sie steht auch in Kontakt mit den unterschiedlichsten Netzwerkpartner*innen.
Dabei kann sie das Know-how aus ihrem Studium anwenden – und lernt doch noch ständig dazu. „Für die Arbeit in der Verwaltung braucht man Geduld und Durchsetzungsvermögen. Und für die Arbeit mit den unterschiedlichen Stakeholdern ist es wichtig, bei Konflikten die Moderatorenrolle einzunehmen, ohne bestimmte Gruppen zu bevorteilen“, sagt sie.
Aktuell ist die Tätigkeit von Natalie Schmiede auch durch die Entwicklungen in der Digitalisierung geprägt, erzählt sie. „In Schwandorf spielt das Leerstandsmanagement eine große Rolle, im stationären wie auch im digitalen Einzelhandel. Das heißt, ich muss Bestandsanalysen durchführen: Was haben wir für Händler? Was verkaufen sie? Wie sind sie präsent? Haben sie beispielsweise einen Google Business-Eintrag? Nutzen sie Social Media-Kanäle zum Verkauf? Haben sie bereits an ‚Click and Collect‘ teilgenommen?“
Natürlich prägt auch die Corona-Pandemie die Arbeit der Citymanagerin. Ihr erstes großes Projekt war die Planung einer Veranstaltung mit Weihnachtsmarkt und Eislaufbahn – die sie jetzt schon wieder rückabwickeln muss. „Wir waren auf alles vorbereitet und hätten den ‚Weihnachtszauber‘ in Abhängigkeit von den aktuellen Vorgaben des Gesundheitsamts mit Tests, 2G-Regel oder Masken durchführen können. Aber mit der Absage haben wir nicht gerechnet“, gibt sie zu.
Für sie persönlich ist das eine große Enttäuschung – und auch eine Herausforderung, weil sie als Ansprechperson für die unterschiedlichen Kooperationspartner – etwa Händler und Sponsoren – fungiert und ihnen in dieser schwierigen Situation doch nicht helfen kann. Jetzt müssen alle Verträge wieder gekündigt, und alle Stände wieder abgebaut werden.
Fachkenntnis, Kommunikationsstärke, Stressresistenz
Viele Citymanager*innen haben wie Natalie Schmiede Geografie studiert und Schwerpunkte auf Themen wie Städtebau und Handel gelegt. Andere kommen aus der Wirtschaft oder aus der Verwaltung. Und wieder andere sind komplett als Quereinsteiger*innen in der Branche gelandet.
Wer in diesem Bereich arbeiten möchte, sagt Natalie Schmiede, sollte neben der Fachkompetenz unbedingt auch ein gutes Namensgedächtnis haben: „Es ist wichtig, dass man die vielen Menschen kennt, mit denen man in dieser Position zu tun hat. Man muss wissen, woher sie kommen und wie man sie ansprechen muss.“ Darüber hinaus sollten angehende Citymanager*innen unbedingt eine große Portion Stressresistenz mitbringen, erzählt die Berufseinsteigerin: „Man hat viele Abend- und Wochenendtermine, da muss das Privatleben manchmal hintenanstehen.“
Dazu kommt, dass Veranstaltungen nie hundertprozentig planbar sind. Wenn etwas Unerwartetes passiert, muss die Citymanagerin schnell reagieren – und zwar auch an ihren freien Tagen. Im Moment ist das oft noch sehr schwierig für Natalie Schmiede. Aber es sind bessere Zeiten in Sicht – denn in vier bis sechs Wochen will die junge Frau ihre Promotion abgeschlossen haben. Dann kann sie sich voll und ganz der Stadtentwicklung in Schwandorf widmen.
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