Wissenschaft plus Verwaltung
Wissenschaftsmanager*innen übernehmen zunehmend auch Aufgaben wie Strategie- und Organisationsentwicklung, Qualitätsmanagement oder Wissenschaftskommunikation

Wissenschaft plus Verwaltung

Wissenschaftsmanager*innen kennen sich mit klassischen Aufgaben der Verwaltung ebenso wie mit Wissenschaft und Forschung aus. Diese Schnittstellen-Fachleute sind nicht nur an Hochschulen gefragt.

Text: Daniela Obermeyer

Der Ursprung des Wissenschaftsmanagements liegt im Wandel des deutschen Hochschulsystems begründet. Seit dem Jahr 2000 sind die Hochschulen autonomer gegenüber dem Staat geworden, und die Hochschulleitungen gegenüber der selbstorganisierten Wissenschaft. Der internationale Wettbewerb in Forschung und Lehre hat zugenommen, Drittmittel einzuwerben wird zunehmend wichtiger. Für diese immer komplexeren Aufgaben haben weder Verwaltung noch wissenschaftliches Personal genügend Expertise oder Zeit. Hier kommen Wissenschaftsmanager*innen ins Spiel.

Ihre Arbeitsplätze an der Hochschule sind in der Hauptverwaltung angesiedelt, in zentralen Einrichtungen wie der Studienberatung oder dezentral im Fakultätsmanagement, in Dekanaten oder an Lehrstühlen. Die oben genannten Veränderungsprozesse, zusammengefasst unter dem Begriff „New Public Management“, betreffen neben den Hochschulen alle Einrichtungen aus Wissenschaftsorganisation, -politik und -förderung. Insofern sind weitere Arbeitgeber außeruniversitäre Forschungszentren und Organisationen wie der Wissenschaftsrat, die Deutsche Forschungsgemeinschaft oder die Hochschulrektorenkonferenz. Auch Wissenschaftsministerien von Bund und Ländern sowie die EU gehören dazu. Hinzu kommen öffentliche Stiftungen, private Fördergeber, Städte, kommunale Organisationen und die Forschungsabteilung großer Unternehmen. 

Wissenschaftsmanager*innen können ganz unterschiedliche Aufgaben erfüllen. Das Netzwerk Wissenschaftsmanagement e.V. definiert jedoch zwei grobe Tätigkeitsbereiche. Zum einen sind das eher traditionelle administrative Aufgaben. Dazu gehören etwa Pflege und Ausbau nationaler und internationaler Beziehungen, Studierendenbetreuung, finanzielle Steuerung und Human Resources.

Hinzu kommen im Zuge des New Public Management neu entstandene oder anders gewichtete Tätigkeiten: Strategie- und Organisationsentwicklung, Qualitätsmanagement, Wissens- und Technologietransfer, Controlling, Drittmittelmanagement und Wissenschaftskommunikation. Für all diese Aufgaben wird zumeist ein Referent oder eine Referentin gesucht – keine Wissenschaftsmanagerin oder ein Wissenschaftsmanager, da sich die Berufsbezeichnung noch nicht durchgesetzt hat. ­Stattdessen liest man in ­Stellenausschreibungen auch Projektmanagerin, Fundraiser, Transfer-Beauftragter oder ­Fakultätsgeschäftsführerin. Bei näherer Betrachtung finden sich aber viele Tätigkeiten, die typisch für das Wissenschaftsmanagement sind. 

Ein Beispiel: Die Technische Universität Darmstadt sucht eine Referentin oder einen Referenten für Studium und Lehre, die oder der in der Qualitätssicherung tätig ist. Wesentliche Aufgaben sind unter anderem: Betreuung und Unterstützung der Fachbereiche bei der (Weiter-)Entwicklung von Studiengängen, Mitarbeit bei der Evaluation, Erstellung von Prüfberichten, Projektdokumentation, Erarbeitung und Koordination von Drittmittelanträgen. 

„Beide Sprachen sprechen“

Vieles davon kennt auch Dr. Heiko Stullich, obwohl seine Berufsbezeichnung ebenfalls nicht Wissenschaftsmanager lautet, sondern Forschungsreferent. In dieser Funktion arbeitet der promovierte Literaturwissenschaftler an der IU Internationale Hochschule am Standort München (IU). „Ich unterstütze die Wissenschaftler bei Drittmittelanträgen, von der Suche nach geeigneten Förderquellen bis hin zur Begleitung des Projektvollzugs“, erklärt er. „Ich helfe beim Schreiben der Anträge und prüfe die Finanzplanung auf Plausibilität. Außerdem berate ich zu strategischen Zielen, etwa wie Wissenschaftskommunikation in den Forschungsantrag integriert werden kann.“ 

Mit der klassischen Verwaltung hat Heiko Stullich beispielsweise zu tun, wenn es um die korrekte Abrechnung der Fördergelder oder vertragliche Regelungen geht. „Ich kann beide Sprachen sprechen, die der Wissenschaft und der Verwaltung“, beschreibt er seine Arbeit.

Heiko Stullich hat diesen Berufsweg so nicht geplant. Eine Hochschulkarriere war zunächst das Ziel, auch wegen seines guten Studienabschlusses in Komparatistik an der Ruhr-Universität Bochum. Während der Promotion kamen ihm aber Zweifel: „Ich fragte mich, wie sinnvoll es ist, diesen Weg weiterzuverfolgen. Und welche Karrierewege es im Wissenschaftsbetrieb außer der Professur noch geben könnte. Zugleich hat mich schon immer interessiert, wie das Wissenschaftssystem funktioniert.“ 

Um Berufserfahrung außerhalb der Hochschule zu sammeln, wechselte Heiko Stullich nach der Promotion zu einem Dienstleistungsunternehmen, das eine Datenbank für Forschungsfördermittel betreibt. Von dort kam er als Forschungsreferent an die Bayerische Akademie der Wissenschaften und schließlich zur IU. 

Voraussetzung 

Ein Hochschulabschluss auf Master-Niveau, oft auch eine Promotion, ist in der Regel Zugangsvoraussetzung für das Wissenschaftsmanagement. So ist sichergestellt, dass man genügend Erfahrung im Wissenschaftsbetrieb hat. Die Fachrichtung des Studiums ist sekundär. Wer vor allem im Hintergrund und administrativ arbeitet, kann mit einem betriebswirtschaftlichen Studium einsteigen. Orientiert sich die Arbeit eng an einem Forschungsgegenstand, ist ein Abschluss im entsprechenden Fachgebiet von Vorteil. 

Weitere Informationen

Heiko Stullich betont, was relevanter ist als die Studienrichtung: „Man muss bereit sein, sich immer wieder mit großer Neugier in neue Themen reinzudenken. Sehr wichtig ist auch Kommunikationsfähigkeit, denn es geht ständig ums Vermitteln und Netzwerken.“ ­

E-Mail, Telefon und Videotools sind somit seine wichtigsten Arbeitsmittel. Auch deshalb, weil die Mitarbeitenden und Studierenden der IU bundesweit auf 28 Standorte verteilt sind. Aus diesem Grund hat die Coronapandemie, die Präsenzveranstaltungen ja erschwert, bislang keine nennenswerten Auswirkungen auf seine Tätigkeit. Bei Kolleginnen und Kollegen an anderen Hochschulen, die mehr mit Studierenden zu tun haben, sei das schon anders, so der Forschungsreferent.

Gehalt

Obwohl viele Stellen im Wissenschaftsmanagement befristet sind, haben etwa zwei Drittel der Beschäftigten einen Vertrag ohne zeitliche Beschränkung. Häufig können sie nach einer befristeten Erprobungsphase in die Festanstellung wechseln – anders als Kolleg*innen in der Wissenschaft. Auch die Karrierechancen sind gut. Von der Teamleitung kann es über die stellvertretende Abteilungsleitung und weiter hinauf gehen. Ein Wechsel von der Hochschule in ein Ministerium oder in die Wirtschaft sowie umgekehrt ist ebenfalls möglich. 

Vom Gehaltsniveau her stehen Wissenschaftsmanager*innen an einer Hochschule auf ähnlicher Stufe wie wissenschaftliche Mitarbeitende. Eine Einordnung in die Entgeltgruppe 13 ist hier üblich, aber auch 14 oder 15 sind möglich. Das entspricht nach dem Stand ­April 2021 einer monatlichen Spanne zwischen 4.385 und 7.018 Euro. In der freien Wirtschaft ­müssen Wissenschaftsmanager*innen ihr Gehalt selbst verhandeln.

Bis zum Mai 2022 untersucht eine vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderte Studie die „Karrierewege und Qualifikationsanforderungen im Wissenschafts- und Hochschulmanagement (KaWuM)“. Warum ist das notwendig? Auch wenn es das Berufsfeld seit 20 Jahren gibt, ist es nicht etabliert. Nach wie vor wird diskutiert, ob man es als eigenständigen Bereich überhaupt braucht. Wissenschaftsmanager*innen sind innerhalb der Hochschule keine eigene Statusgruppe. Sie zählen entweder zur Verwaltung oder zu den wissenschaftlichen Mitarbeitenden. 

Ihre Interessen können somit in keinem Gremium entsprechend vertreten werden. Dass das Berufsfeld jedoch an Stellenwert gewinnt, zeigt unter anderem das Angebot an zunehmend professionalisierter Fort- und Weiterbildung. Der Quereinstieg in den Beruf ist zwar üblich, jedoch existieren immer mehr Weiterbildungsstudiengänge, in der Regel berufsbegleitend. Diese gibt es unter anderem an den Universitäten Bielefeld, Kassel, Oldenburg, Ulm und am eigens gegründeten Zentrum für Wissenschaftsmanagement (ZWM) in Speyer.

Folgendes sollte klar sein: Wer ins Wissenschaftsmanagement geht, verlässt in der Regel sein Fachgebiet und ist weder forschend noch lehrend tätig. Spielt das persönlich keine Rolle, hat man in diesem wachsenden Markt viele Vorteile: Man beschäftigt sich weiterhin mit Wissenschaft, nur auf einer anderen Ebene, und gestaltet im besten Fall wissenschaftspolitische Entwicklungen mit – mit viel Freiraum und Eigenverantwortung.

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