Jobsuche für Fortgeschrittene
Vorab Fragen stellen ist erlaubt! Dabei kann man nicht nur Infos einholen, sondern mit der richtigen Strategie auch einen guten Eindruck hinterlassen.

Jobsuche für Fortgeschrittene

Diese Woche ist kein passendes Stellenangebot für Sie dabei? Eine gute Gelegenheit, den Spieß umzudrehen und selbst auf Arbeitgeber zuzugehen. Die wichtigsten Fragen und Antworten rund um Initiativbewerbungen.

Text: Annika Schneider

Bloß optimistisch bleiben – in Bewerbungsphasen leichter gesagt als getan. Absagen gehören zur Stellensuche dazu und kratzen am Selbstwertgefühl. Gegen Trübsal und Frustration helfen Gespräche mit anderen Jobsuchenden, Zuspruch von lieben Menschen, eine bewusste Freizeitgestaltung und natürlich eine systematische Bewerbungsstrategie.  

Wenn diese Strategie auch Initiativbewerbungen beinhaltet, stärkt das die Motivation. Sich mit den eigenen Wünschen auseinanderzusetzen und dann auf ausgewählte Arbeitgeber gezielt zuzugehen, ist eine wunderbare Ergänzung zur klassischen Stellensuche in Jobbörsen. Denn wer auf eine passende Ausschreibung warten muss, bleibt gezwungenermaßen abhängig vom Verhalten der Arbeitgeber. Wer zusätzlich Alternativen sucht, nimmt die Jobsuche selbst in die Hand.

Wie läuft eine Initiativbewerbung ab?

Initiativbewerbungen heißen alle Bewerbungen, die sich nicht auf eine ausgeschriebene Stelle beziehen. Der Arbeitgeber hat vorher nicht in einer Anzeige kommuniziert, dass er für eine konkrete Position jemanden sucht, folglich gibt es auch kein standardisiertes Bewerbungsverfahren, in dem an einem bestimmten Stichtag Unterlagen gesichtet und Einstellungsgespräche geführt werden.  

Das heißt aber nicht, dass eine Initiativbewerbung „ins Blaue hinein“ verschickt wird, ohne eine Vorstellung davon zu haben, ob auf Arbeitgeberseite ein Bedarf besteht. Erfolgreich sind Initiativbewerbungen oft dann, wenn sie einer Ausschreibung zuvorkommen. Ein neues Drittmittelprojekt ist bewilligt und kann mit internen Kräften nicht gestemmt werden? Der Mittelständler will in Zukunft in nachhaltige Produktion investieren und braucht dafür Knowhow? Am neuen Standort fehlt noch ein Koordinator, der die Region gut kennt? Wenn in dieser Situation ein entsprechender Lebenslauf eintrudelt, stehen die Chancen auf ein Vorstellungsgespräch gut.

Manchmal sind Initiativbewerbungen auch erfolgreich, weil ein Lebenslauf besonders außergewöhnlich ist oder konkrete Kompetenzen exakt zu dem passen, was ein Unternehmen langfristig braucht und sucht. Das klappt aber nur, wenn ein Arbeitgeber so groß ist, dass regelmäßig Posten frei werden, oder finanziell so gut dasteht, dass auch mal eine neue Stelle geschaffen werden kann. Bei einem kleinen Verein, der mit Mühe und Not zwei halbe Stellen aus Spenden finanziert, hilft auch die beste Initiativbewerbung nichts – die Vorständin kann absolut begeistert sein, Mittel für eine Stelle hat sie nicht. Das Gleiche gilt für Firmen, die in Corona-Zeiten einen Einstellungsstopp verhängt haben oder in Kurzarbeit sind.

Für Bewerberinnen und Bewerber bedeutet das: Vor jeder Initiativbewerbung müssen sie recherchieren, ob sich der Aufwand lohnt. Diese Recherche kostet meistens mehr Zeit als die eigentliche Bewerbung. Aber je mehr man darüber herausfindet, wie ein Unternehmen oder eine Organisation „tickt“, welche Veränderungen dort anstehen und an welchem Fachwissen es möglicherweise mangelt, desto passgenauer kann man sich in der Bewerbung anpreisen.

Wie bereite ich eine Initiativbewerbung vor?

Im Stellenteil des WILA Arbeitsmarkt, in Konferenzprogrammen, in Fachzeitschriften und in Fachforen lassen sich Namen von möglichen Arbeitgebern im gewünschten Berufsfeld recherchieren. Bei bekannten Arbeitgebern ist damit zu rechnen, dass dort jede Woche Initiativbewerbungen eintrudeln. Organisationen und kleinere Unternehmen, die abseits der Fachöffentlichkeit kaum auftauchen, erhalten meist weniger Unterlagen, dort sind die Chancen auf eine Einladung zum Vorstellungsgespräch also größer.

Um mehr über einen Arbeitgeber zu erfahren, ist das Mindeste eine Suche in allen verfügbaren öffentlichen Quellen. Dazu zählen Lokalmedien, Twitter und Instagram, Branchenzeitschriften, Veranstaltungskalender und ältere Stellenanzeigen. Die Informationen helfen nicht nur bei der Einschätzung, ob es sinnvoll ist, Unterlagen einzureichen. Im besten Fall findet sich auch ein konkreter Anknüpfungspunkt, mit welchen Kompetenzen oder in welchem Projekt das eigene Profil an den Arbeitgeber „andockt“.  

Eine Initiativbewerbung sollte unbedingt an eine konkrete Person adressiert sein. Falls unklar ist, wer das ist, klärt man das am besten vorab mit einem kurzen Anruf. Wichtig hierbei: Jeder Kontakt zählt als erste Arbeitsprobe! Der eigene „Pitch“ sollte also sitzen, falls man direkt beim Verantwortlichen herauskommt. Außerdem ist es immer besser, sich inhaltlich zu positionieren. Also nicht fragen: „Wer nimmt bei Ihnen Initiativbewerbungen an?“ Besser ist die Frage, wer für ein bestimmtes Projekt oder Themenfeld zuständig ist. Wem Anrufe gar nicht liegen, der fragt besser per E-Mail – mit dem Risiko, keine Antwort zu bekommen und doch noch anrufen zu müssen. 

Es gibt darüber hinaus einen Königsweg, der sich vor allem bei „Traumarbeitgebern“ lohnt: Im Idealfall findet sich eine Möglichkeit, schon vor der Initiativbewerbung einen persönlichen Kontakt zum Arbeitgeber herzustellen. Dann landete der Lebenslauf nicht „einfach so“ im Postfach, sondern folgte der Aufforderung „Schicken Sie mir doch mal Ihre Unterlagen zu.“ Einen solchen Kontakt herzustellen, ist natürlich etwas aufwändiger und läuft über das klassische Netzwerken – ob über Freundeskreis und Verwandte, berufliche und universitäre Kontakte, soziale Medien, Konferenzen und Tagungen … Sobald man einen bestimmten Arbeitgeber im Auge hat, kann man herumfragen, ob nicht jemand jemanden kennt, der dort arbeitet.

Wenn es so nicht klappt, finden sich vielleicht Veranstaltungen, bei denen eine Organisation vertreten ist, oder Beschäftigte lassen sich über Twitter oder Xing direkt anschreiben. Das klassische „Anquatschen“ in der Konferenzkaffeepause ist in Corona-Zeiten zwar oft nicht möglich, aber auch digitale Veranstaltungen bieten Möglichkeiten, im Anschluss auf Teilnehmende zuzugehen. Zum Teil enthalten Konferenzen inzwischen eigene Formate, die zum Netzwerken gedacht sind. 

Worauf kommt es in der Bewerbung an?

Das Anschreiben ist das Herzstück der Initiativbewerbung. Ob es in einer PDF-Datei oder direkt in der E-Mail stehen sollte, darüber gehen die Meinungen auseinander. Um der angesprochenen Person einen weiteren Klick und damit eine Hürde zu ersparen, ist es aber sinnvoll, das Anschreiben direkt in die Mail zu packen und den Lebenslauf sowie eine kleine Auswahl relevanter Dokumente in einem PDF-Anhang zusammenzufassen. Welche Dokumente das sind, hängt von der Bewerbersituation ab. 

Ein Titelblatt ist Geschmacksache, ein Lebenslauf absolutes Muss. Hinzu kommen je nach Situation das Abschlusszeugnis, ein Arbeitszeugnis, ein relevantes Zertifikat, ein Empfehlungsschreiben … Dabei gilt: Weniger ist mehr. 30 Seiten wird kaum jemand lesen, ein paar aussagekräftige Dokumente durchaus. Die kompletten Unterlagen kann der Arbeitgeber bei Interesse immer noch nachfordern. Anders ist das natürlich, wenn eine Organisation auf ihrer Internetseite Vorgaben für Initiativbewerbungen macht. Dann unbedingt daran halten! 

Das Anschreiben sollte frei von Phrasen und Floskeln sein. Lieber direkt mitten ins Thema gehen: Im ersten Absatz sollte klar werden, dass man sich mit dem Arbeitgeber auseinandergesetzt hat und eine konkrete Vorstellung hat, in welcher Position oder in welchem Themenfeld man sich dort einbringen möchte – und warum man dafür die notwendigen Kompetenzen mitbringt. Ideal ist ein konkreter Aufhänger, auf den man sich beziehen kann: einen vorherigen Kontakt, die Empfehlung eines Kollegen, eine Meldung über ein neues Projekt, eine Entwicklung in der Branche … 

Wie groß sind die Erfolgschancen?

Für Arbeitgeber stellen Initiativbewerbungen im besten Fall eine Abkürzung dar: Sie sparen sich eine aufwendige Ausschreibung. Dass sie daran durchaus Interesse haben, zeigt eine Erhebung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung von 2016. Demnach suchen 50 Prozent der Arbeitgeber zunächst über eigene Beschäftigte und persönliche Kontakte nach Fachkräften, weitere 30 Prozent berücksichtigen Bewerberlisten und vorliegende Initiativbewerbungen. Zum Vergleich: Internet-Jobbörsen geben 41 Prozent der befragten Unternehmen als Suchweg an. Es ist davon auszugehen, dass gerade im akademischen Bereich und bei besonders attraktiven Stellen der Anteil der verdeckt vergebenen Jobs, die nicht ausgeschrieben werden, um einiges höher liegt. 

Wie groß die Erfolgschancen einer Initiativbewerbung letztendlich sind, hängt stark davon ab, ob es vorher einen Kontakt über das eigene Netzwerk gab und mit welchen Kompetenzen man im Wunschberufsfeld punkten kann. In unseren WILA-Seminaren haben die meisten Teilnehmenden mit Berufserfahrung die Erfahrung gemacht, dass mindestens eine Initiativbewerbung irgendwann im Lebenslauf eine Rolle gespielt hat. 

Selbst wenn es mit der Traumstelle nicht sofort klappt: Fast immer lohnt es sich trotzdem, initiative Bewerbungen in die eigene Strategie einzubauen. Manche Jobsuchende landen so auf einer Bewerberliste und erhalten ein paar Monate später dann doch ein Angebot. Andere werden weiterempfohlen oder bekommen einen Tipp, wohin sie sich noch wenden können. Der eine oder andere geknüpfte Kontakt zahlt sich vielleicht erst später aus, wenn noch einmal ein Stellenwechsel ansteht. Zusätzlich ist es meist ein Gewinn, ein Berufsfeld und relevante Arbeitgeber gewissenhaft recherchiert zu haben. Das zahlt sich im Vorstellungsgespräch bei der Konkurrenz aus oder hilft, die nächsten Anschreiben mit branchenrelevanten Schlüsselwörtern zu versehen. 

Außerdem zwingt jede Suche nach potenziellen Arbeitgebern dazu, sich zu fragen: Welche meiner Fähigkeiten sind für welches Berufsfeld attraktiv? Was ist mir bei einem Arbeitgeber wichtig?  Welche Kompromisse bin ich bereit, zu machen? All das hilft, das eigene Ziel nicht aus dem Blick zu verlieren. Und wenn die Jobsuche dadurch nicht durch die Stellenbörsen mäandert, sondern sichtbare Fortschritte macht, ist das ein schöner Motivationskick.

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