Biodiversitätsberatung: „Aktives Zuhören ist wichtig“
Für die Biodiversitätsberatung brauchen die Fachkräfte Fachwissen und zwischenmenschliches Gespür.

Biodiversitätsberatung: „Aktives Zuhören ist wichtig“

Gemeinsam Artenvielfalt fördern – wie das geht, wissen Biodiversitätsberater*innen. Eine davon ist Judith Kronberg. Sie berät seit Kurzem im bayerischen Landkreis Günzburg.

Interview: Katrin Poese 

Solides Wissen über heimische Arten hilft der Geografin Judith Kronberg in ihrem Job als Biodiversitätsberaterin. Foto: privat

WILA Arbeitsmarkt: Sie sind seit Herbst 2020 Biodiversitätsberaterin. Mit welchen Akteur*innen haben Sie dabei zu tun?
Judith Kronberg: Das sind Landwirt*innen, Naturschutzverbände, Kommunen, Behörden, Landschaftspflegeverbände und Grund-Eigentümer*innen vor Ort – also alle, die im Landkreis Berührungspunkte mit dem Thema Biodiversität oder Naturschutz haben.

Was ist die Grundproblematik einer Beratung?
Herauszufinden, was die persönliche Motivation des Gegenübers ist, sich für den Artenschutz zu interessieren. Wenn jemand auf mich zukommt, muss ich schauen, was genau sein Anliegen ist und dann individuelle Lösungen finden. Beispielsweise können bei Landwirt*innen Konfliktpotenziale dahinterstecken: Dass dieser Landwirt an sich dem Naturschutz gegenüber aufgeschlossen ist, er aber gleichzeitig auch seine Familie ernähren muss. In einem solchen Fall muss ich gegebenenfalls eine andere Lösung finden, als wenn eine Fläche beispielsweise in öffentlicher Hand ist oder einem Naturschutzverband gehört. 

Wie gehen Sie vor, um möglichst gut auf Ihr Gegenüber einzugehen?
Zuhören und Nachfragen, also aktives Zuhören, spielt eine große Rolle. Es ist auch gut, wenn man genug Zeit mitbringt, zum Beispiel auch für persönliche Themen, die die Person in dem Beratungsgespräch vielleicht gerne loswerden möchte. Dadurch entwickeln sich dann oft langfristige Beziehungen des Austausches.


 
„Man braucht fachliche Hintergrundkenntnisse, Artenkenntnis, man sollte sich mit Lebensräumen, mit Landschaftspflege und den Förderprogrammen auskennen.“
 

 

Ist also die Beziehungsebene in der Beratung das Wichtigste?
Die Beziehungsebene und dass man Empathie mitbringt. Aber die fachliche Ebene ist ebenso bedeutend. Man braucht fachliche Hintergrundkenntnisse, Artenkenntnis, man sollte sich mit Lebensräumen, mit Landschaftspflege und den Förderprogrammen auskennen, sodass man in diese Richtung fundiert beraten kann. 

Welche Erfahrungen und Fähigkeiten aus Ihrer bisherigen Berufslaufbahn helfen Ihnen bei Ihrer Beratungsarbeit?
Ich war zuvor auf einer teilweise ähnlichen Stelle als Gebietsbetreuerin tätig. Da habe ich auch schon Landwirt*innen zum Thema Artenschutz- und Naturschutzmaßnahmen beraten, beispielsweise dazu, wie man einen Lebensraum für bedrohte Vogelarten verbessern kann. Das war ein sehr wichtiger Meilenstein. Dadurch habe ich gelernt, wie wichtig es ist, diese persönliche Beziehung aufzubauen, und dass Langfristigkeit zählt: Die Leute vor Ort schätzen es, wenn sie eine Ansprechpartnerin über viele Jahre haben. 

War die Biodiversitätsberatung also der logische nächste Schritt?
Ja, die Biodiversitätsberatung war eine langfristige Stelle, die genau zu dem gepasst hat, was ich vorher schon gemacht hatte: Ich habe Geografie studiert, war dann zunächst auf einsamen Inseln als Naturschutzwartin und Vogelwartin tätig und habe später in mehreren Tätigkeiten Einblick in die Arbeit der Naturschutzbehörde bekommen. 


 
„Den Erfolg seiner Arbeit zur Förderung der Biodiversität zu erleben, das gibt einem viel.“
 

 

Was schätzen Sie an Ihrem jetzigen Job?
Wenn ich andere Akteur*innen begeistern und mit ihnen gemeinsam Lösungen entwickeln kann, wie sie sich beim Erhalt der Artenvielfalt engagieren und einbringen können, das macht mir Spaß. Es gibt immer wieder kleine Erfolge: Es gibt zum Beispiel Förderprogramme, mit denen Eigentümer*innen sogenannte Biotop-Bäume fördern lassen können. Das sind zum Beispiel ausgehöhlte Bäume, die die Eigentümer*innen für eine gewisse Zeit stehen lassen und dafür einen Ausgleich bekommen. Wenn man dann gemeinsam mit ihnen draußen ist und dann einen Schwarzspecht an der Höhle im Baum sieht, ist das einfach etwas Besonderes. Den Erfolg seiner Arbeit zur Förderung der Biodiversität zu erleben, das gibt einem viel. 


 
„Manchmal ist es auch menschlich herausfordernd: Man hat immer wieder auch schwierige Gespräche, in denen man nicht unbedingt zu einem Ergebnis kommt.“
 

 

Gibt es auch Aspekte an Ihrem Job, die Sie herausfordernd finden?
Es ist manchmal fachlich herausfordernd, abzuwägen, in welche Richtung man berät und wo der Schwerpunkt sein sollte – gerade, wenn es um Flächen geht, auf denen mehrere seltene Arten vorkommen. Manchmal ist es auch menschlich herausfordernd: Man hat immer wieder auch schwierige Gespräche, in denen man nicht unbedingt zu einem Ergebnis kommt. Da muss man dann auch mal sagen, dass man sich gerade im Kreis dreht.

Was sollte man für die Biodiversitätsberatung mitbringen?
Man sollte etwas in dem Bereich studiert haben wie Geografie, Biologie oder Landschafts­ökologie. Dann sollte man sich gut mit der heimischen Natur auskennen und gerne auch sehr gut mit einer bestimmten Artengruppe.

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