Serendipity: Ein glücklicher Zufall
Einfach mal etwas anders machen: Vielleicht ergeben sich ja neue Möglichkeiten beim Online-Meeting im Café - wer weiß?

Serendipity: Ein glücklicher Zufall

Immer hat ausgerechnet er oder sie die innovativen Ideen! Warum? Die Antwort heißt womöglich Serendipity – es ist nicht nur Glückssache, sondern eine Frage der inneren Einstellung.

Text: Annika Voßen

Der glückliche Zufall, die glückliche Fügung oder der Glücksfall – diese Ausdrücke hören wir oft oder benutzen sie selbst und halten sie für zutreffend. Doch ist es wirklich immer nur Glück, das einem widerfährt? Im Englischen gibt es das Wort „serendipity“ (mit Betonung auf dem ersten „i“), für das es im Deutschen bisher kein Äquivalent gibt. Es lässt sich mit „Glück“ oder „Zufallsfund“ übersetzen – aber auch mit „Spürsinn“ oder „Gabe, zufällige und unerwartete Entdeckungen zu machen“.

In diesem englischen Wort ist der Gedanke enthalten, dass es durchaus an der Person selbst liegt, ob sie Glück hat oder nicht. Dieser Denkansatz ist spannend und ermutigend zugleich: Glückspilze werden nicht als solche geboren. Entscheidend ist nicht der Zufall, sondern die Fähigkeit, den Zufall für sich zu nutzen! Dafür muss man allerdings bereit sein, solche wirkmächtigen Zufälle zu erkennen oder sie sogar herbeizuführen. 

In allen Lebenslagen

Im Deutschen stößt man inzwischen auch immer mal wieder auf das Wort Serendipity, jedoch  zumeist im Forschungszusammenhang. Als Beispiele aufgeführt werden bahnbrechende Entdeckungen wie das Penicillin, Teflon, Röntgenstrahlen oder auch der Klettverschluss. Sie alle wurden nicht bewusst gesucht – eigentlich suchten die Forschenden nach Lösungen für andere Probleme –, dann aber bewusst gefunden. „Der Zufall begünstigt nur den vorbereiteten Geist“, heißt hierzu das treffende Bonmot von Louis Pasteur, das oft zitiert wird. Nur wer wissbegierig und bereit für etwas Neues ist, bemerkt die unerwartete Chance, die jederzeit um die Ecke biegen kann. So gesehen lässt sich Serendipity generell nutzen, im Privaten aber auch im Arbeitsleben. 

Wer beruflichen Erfolg haben will, muss dafür bewusst den Grundstein legen: Es braucht das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten, Optimismus, Unvoreingenommenheit sowie den Mut und die Bereitschaft, nicht nur seine Ziele abzuarbeiten, sondern auch spontan ungewohnte und ungewisse Wege zu beschreiten. Das wird der einen oder dem anderen sicher leichter fallen als anderen. 

Aber sich auf etwas Neues einzulassen, lässt sich trainieren: Man kann einfach mal Routinen verlassen und – ganz simpel – zum Beispiel einen anderen Weg oder ein anderes Fortbewegungsmittel zur Arbeit nutzen. Vielleicht führt das zu kleinen wunderbaren Alltagsentdeckungen –  „Radeln ist irgendwie entschleunigend“ oder „Hier gibt es ja einen Bioladen!“ – und zu der Erkenntnis, dass es gut ist, Dinge mal anders zu machen. 

Serendipity-Momente

Dann kann der Zufall kommen und es zum Beispiel wollen, dass man bei einem Event eine Studienkollegin wiedertrifft: Sie vertraut einem an, dass sie ihre richtig gute Stelle zum Quartalsende kündigen wird, weil sie in eine andere Region zieht. Womöglich ist jetzt die perfekte Gelegenheit zu antworten, dass man sich gerade beruflich verändern möchte. Gut, wenn dann der Xing-Account und der Lebenslauf auf dem aktuellen Stand sind und man gerne spontan zu einem Kennenlernen bei ihrem Arbeitgeber vorbeikommen kann... 

Lexikon
Den Begriff Serendipity hat der englische Schriftsteller Horace Walpole 1754 in einem Brief an einen Freund geprägt. Das persische Märchen mit dem  englischen Titel „The Three Princes of Serendip“, in denen die drei Prinzen aus Serendip (das heutige Sri Lanka) unerwartete Entdeckungen machen, ohne sie gesucht zu haben, inspirierte ihn zu der Wortneuschöpfung, als er von einem eigenen aufregenden Fund berichtete. Der Begriff hat Eingang in den englischen Wortschatz gefunden und wird hier nicht als Fachausdruck verwendet, sondern gehört zum Alltagswortschatz. Das sperrige deutsche „Serendipität“, das der Duden führt, lässt sich dagegen weder aussprechen noch vermittelt es die gewachsene Bedeutungsvielfalt des englischen Originals. Erklärt wird es im Duden bloß als „(Prinzip der) Zufälligkeit einer ursprünglich nicht angestrebten, aber bedeutenden Entdeckung; auch die zufällige Entdeckung selbst“. Deshalb bleiben viele bei dem englischen Begriff Serendipity.

Aber es muss nicht gleich ein Jobangebot sein. Vielleicht geht es nur um die Unterstützung bei der Vorbereitung des ersten firmeninternen Podcasts oder um ein neues Mini-Projekt im Unternehmen. Oder es geht um die Möglichkeit, ehrenamtlich die Pressearbeit bei einer Bürgerinitiative zu übernehmen. Oder um die Betreuung der neuen Auszubildenden. Vielleicht hat man gleich so ein Bauchgefühl, das einem sagt: Nutze diese Chance! Jetzt! Denn wer weiß, wo dieser Weg hinführt? Mancher mag eine Sackgasse sein. Der andere eröffnet einem plötzlich die Möglichkeit, neue Talente an sich zu entdecken oder sogar ganz neue Jobperspektiven…  

Anders als bei Innovationen funktioniert Serendipity hier also nur durch Netzwerken: Man braucht die richtigen Leute im richtigen Moment – die man natürlich nur findet, wenn man Kontakte pflegt oder neue Kontakte knüpft. Und man muss sich trauen zu handeln. Dann hat man vielleicht im Rückblick Glück gehabt – während andere leer ausgehen.

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