Visitenkarte: Nein! Oder doch?
Visitenkarten wirken ein wenig aus der digitalen Zeit gefallen. Doch die Papierkärtchen können einen nachhaltigen Eindruck beim Gegenüber hinterlassen, wenn Fachkräfte sie bewusst einsetzen.
Text: Annika Voßen
Bei der Einladung zum jüngsten Netzwerktreffen der Digital Media Women steht es explizit: „Bringt eure Flyer und Visitenkarten mit!“ Es gibt sie noch immer, die guten alten Visitenkarten! Auch Netzwerk-Expertinnen und Experten halten sie weiterhin für wichtig. Warum, wo sich doch alle inzwischen digital vernetzen?
Stimmt, aber wird man auf einem Event nach seiner Karte gefragt und hat keine (dabei), führt das zu einer peinlichen Situation. Zum anderen ist da aber auch die haptische Wirkung, man hat einfach noch etwas in der Hand, das man weiterreichen kann.
Früher wurde die kleine Karte tatsächlich bei Besuch in hohem Haus genutzt: Man gab sie bei der Empfangsdame oder dem Diener ab, die oder der sie dann wiederum der Hausherrin oder dem Hausherrn übergab und dabei den Besuch ankündigte. Auch wenn sie jetzt anders eingesetzt wird, ist dieser respektvolle Umgang mit der Visitenkarte geblieben.
Sie sollte entsprechend angemessen übergeben und in Empfang genommen werden. Das muss ja nicht gleich wie in Japan mit zwei Händen und Verbeugung geschehen. Man sollte aber auf jeden Fall einen kurzen Blick darauf werfen und sie nicht einfach unbesehen wegstecken. Natürlich sollten die Karten einwandfrei und neu aussehen. Eigentlich schreibt man nichts auf die eigene Visitenkarte.
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Allerdings kann man bei seinem Gegenüber nachfragen, ob man etwas darauf notieren darf, das an das gerade geführte Gespräch erinnert. Mit der kleinen Botschaft versehen, bekommt die Visitenkarte eine individuelle Note. Oder man selbst macht sich – nach höflicher Nachfrage – Notizen auf der Karte des anderen. Denn je nachdem, wo man unterwegs ist, kommen schon ein paar Karten zusammen, und man verliert womöglich den Überblick darüber, zu wem die Karte gehört.
An die Eigen-PR denken
Viele denken bei Visitenkarten sicher gleich an die Standardkarte, die man vom Arbeitgeber ausgehändigt bekommt und auf der Name, Telefonnummer, Firmenadresse und die eigene Position vermerkt sind. Solche Angaben zu übermitteln ist sinnvoll, zum Beispiel, wenn man im Auftrag des Arbeitgebers vor Ort beim Kunden oder als Betreuung an einem Messestand ist. Aber was ist, wenn man gar kein Beschäftigungsverhältnis hat oder in eigener Sache unterwegs ist?
Zum Beispiel Ausschau hält nach einem neuen Einsatzgebiet, einem potenziellen Arbeitgeber oder interessanten Menschen, deren Berufsbiografie einen interessiert und mit denen man sich vernetzen möchte? Für solche Fälle lohnt es sich, in eine eigene Visitenkarte zu investieren, denn sie kann sinnvoll zur Eigen-PR genutzt werden. Eine individuell gestaltete Karte kann eine starke Botschaft vermitteln und dafür sorgen, dass nach einer Jobmesse eine Anfrage per Email oder Telefon kommt.
Bewusst gestalten
Die Karten zu Hause am Computer entwerfen und ausdrucken? Besser nicht. Dafür gibt es spezialisierte Anbieter, bei denen man selbst online das Design gestalten kann. Das Ergebnis ist professionell und zeitgemäß. Die Kosten liegen je nach Variante – von klassisch über Recyclingpapier bis zu luxuriös – bei rund 20-40 Euro bei einer kleinen Auflage von 50 Stück. Allerdings erhöht die Stückzahl auch nicht groß den Preis.
Die Programme funktionieren intuitiv, die Gestaltung ist einfach, wenn man eine bestehende Vorlage benutzt und nur mit den eigenen Daten füllt. Ein bisschen Muße braucht der Entscheidungsprozess natürlich, erst recht, wenn man selber Layout, Schriftart und Papiersorte kombiniert.
Wer mit seiner Karte auffallen möchte, sollte vorab ein bisschen Hirnschmalz investieren in das Thema Selbstdarstellung. Was soll überhaupt auf die Karte drauf? Wie möchte ich mich darstellen? In welchen Bereich möchte ich gehen? Wem gebe ich eine Karte? Auf wen treffe ich? Wen soll sie überzeugen? Diese Überlegungen beeinflussen natürlich das Design der Karte. Eher klassisch? Oder verrückt und schrill? Mit Porträtfoto? Mit Xing-Angabe? +
Eine Jobposition braucht eigentlich gar nicht mit aufgenommen werden. Wirkungsvoller können stattdessen ein paar Stichpunkte zur eigenen Person sein, die neugierig machen. Oder der eigene, oft genutzte Twitter-Account, der zeigt, dass man sich mit Social Media auskennt, aber auch, wie man tickt. Solch eine Visitenkarte sorgt gleich für Gesprächsstoff. Also nur Mut bei der Selbstdarstellung und viel Spaß beim Netzwerken!