Forstwirtschaft: Der digitale Wald
Neue Technologien optimieren Prozesse in der Forstwirtschaft. Ein Trend, der sowohl von gestandenen Fachkräften als auch Berufseinsteiger/innen Neugierde fordert, sie bei der Arbeit aber auch profitieren lässt.
Interview: Stefanie Schweizer
Diplom-Ing. Dr. Peter Mayer hat 2010 die Leitung des österreichischen Bundesforschungszentrums für Wald (BFW) übernommen. Er war vorher als Direktor für den Internationalen Verband forstlicher Forschungsanstalten (UFRO) tätig.
WILA Arbeitsmarkt: Welche Rolle spielt die Digitalisierung für den Wald mit Blick auf den Klimawandel?
Dr. Peter Mayer: Die Digitalisierung kann viel zur Verbesserung der Modellierungen von Waldentwicklungen beitragen. Die Menge an Informationen wird laufend höher. Vor allem treffen aktualisierte Daten immer regelmäßiger ein, zum Beispiel über Satelliten. Am BFW setzen wir vermehrt Methoden aus der Fernerkundung ein, um zeitnahe Veränderungen zu erkennen und diese in unsere Modelle einfließen zu lassen.
Ein zukünftiges Thema ist zum Beispiel die Beobachtung des Wachstums verschiedener Baumarten und Herkünfte mittels Fernerkundung und das gleichzeitig in vielen Waldflächen unter verschiedenen klimatischen Bedingungen. Die Forscher/innen können so rasch Empfehlungen geben, welche Baumart auf welchen Standorten wie wächst.
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Welche digitalen Lösungen gibt es bereits, um dem Wald in Zeiten des Klimawandels zu helfen?
Satellitenbilder und andere Methoden der Fernerkundung werden am BFW in der Waldinventur eingesetzt. Komplett werden sie die Außenaufnahmen nie ersetzen können, aber es ist möglich, sie für neue Dienstleistungen für die Waldbesitzer zu verwenden.
Zum Beispiel können wir im Auftrag von Waldbesitzer/innen Grundlagendaten liefern, die sie in der Planung, der sogenannten Forsteinrichtung, verwenden können. Aber die Digitalisierung trägt natürlich auch dazu bei, dass uns bessere Grundlagen für die Beratung, zum Beispiel der Politik, zur Verfügung stehen.
"Forstwissenschaftler/innen müssen künftig nicht programmieren können."
Was bedeutet das für die Anforderungen an Nachwuchskräfte? Müssen Forstwissenschaftler/innen in Zukunft programmieren können?
Forstwissenschaftler/innen müssen künftig nicht programmieren, aber komplexe Programme bedienen können. Das Verständnis der neuen Möglichkeiten beginnt schon bei der grundsätzlichen Ausbildung von Menschen, die mit Wald zu tun haben. Das zieht sich über alle Bildungsschienen bis hinauf in den universitären Bereich.
Forstakademiker/innen werden sicher stärker herausgefordert werden. In der Wissensvermittlung werden neue Elemente wie beispielsweise der Einsatz von E-Learning und Apps an Bedeutung gewinnen.
Wie verändern sich in diesem Zuge etablierte Berufsbilder der Branche?
Durch die Digitalisierung werden neue Berufsfertigkeiten gefordert sein. Es könnte sein, dass viel mehr Entscheidungen in das Büro verlagert werden, weil der digitale Wald am PC eine Menge entscheidungsrelevanter Informationen bereithält. Ein Reality-Check im Wald selbst wird aber immer notwendig sein. Die Ursache-Wirkungsbeziehung verschiedenster Entwicklungen im Wald ist nur so zu erkennen. Eventuell entstehen neue Berufsfelder des/der „digitalen Försters/in“, im Landschaftsmanagement, in der Naturschutzberatung oder Forschung.
"Soft Skills werden wichtiger."
Welche Fähigkeiten sollten Fachkräfte mitbringen, um den Herausforderungen des Waldes im Zuge des Klimawandels gerecht zu werden?
Absolvent/innen der Forst- und Umweltwissenschaft werden einen Spagat zwischen Naturwissenschaften, moderner Technologie und dem Verständnis verschiedenster Interessen am Wald schaffen müssen. Der Wald muss in seinen komplexen Zusammenhängen verstanden werden, gleichzeitig benötigt es eine kritische Offenheit für neue technologische Entwicklungen.
Aber völlig abgesehen davon werden die Soft Skills weiter wichtiger werden. Die sich verändernde Gesellschaft wird zum Beispiel Leistungen wie Erholung oder Gesundheit im Wald stark nachfragen. Die offene Kommunikation mit den verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen gehört daher zur täglichen Aufgabe.
"Durch die Klimaerwärmung wird die Nachfrage nach Personen mit forstlichem Hintergrund steigen."
Wie schätzen Sie den Stellenmarkt in den nächsten Jahren ein?
Oft sind politische Rahmenbedingungen für Jobmöglichkeiten entscheidend. Ich glaube, dass durch die Klimaerwärmung die Nachfrage nach Personen mit forstlichem Hintergrund, aber auch mit Zusatzqualifikationen zum Beispiel im Digitalbereich, steigen wird.
Die Europäische Union hat den Green Deal ausgerufen, wir verhandeln gerade ein neues Gesellschaftsmodell. Aufbauend auf einem fundierten forstlichen Wissen braucht es Flexibilität in der Arbeitswelt, um sich positionieren und neue Kompetenzen anbieten zu können.