Beschäftigung im Umweltschutz
2,8 Millionen Beschäftigte arbeiten im Umweltschutz. Über die Hälfte davon, so der Stand 2017, bieten umweltorientierte Dienstleistungen an. Dieser Bereich ist über die vergangenen Jahre stetig gewachsen.

Beschäftigung im Umweltschutz

Mehr als sechs Prozent aller Erwerbstätigen sind im Umweltschutz tätig. Wie sich die Beschäftigungszahlen in den letzten Jahren entwickelt haben, zeigt eine aktuelle Studie des Umweltbundesamts.

Interview: Stefanie Schweizer

Dr. Frauke Eckermann ist eine der Autorinnen der Studie. Foto: privat

Dr. Frauke Eckermann ist eine der Autorinnen der Publikationen „Beschäftigung im Umweltschutz“ und „Umweltwirtschaft in Deutschland“, die sich auch mit der Zahl der im Umweltschutz Beschäftigten auseinandersetzen. 

WILA Arbeitsmarkt: Welche großen Trends lassen sich aus den aktuellen Beschäftigungszahlen für den Umweltschutz ablesen?
Dr. Frauke Eckermann: Über die Hälfte aller Arbeitsplätze im Umweltschutz entfällt auf die umweltorientierten Dienstleistungen, zum Beispiel in Planungsbüros, im Handel mit Ökoprodukten, in der Umweltbildung, im ökologischen Landbau oder auch in der Entsorgungswirtschaft. Ein zweiter wichtiger Block sind die Bereiche, die im Rahmen der Energiewende eine zentrale Rolle spielen: die energetische Gebäudesanierung und die erneuerbaren Energien. Die Entwicklung und Herstellung von umweltfreundlichen Produkten und Technologien folgt auf dem dritten Platz.

"Der Anteil der Umweltschutzbeschäftigten ist seit Jahren stabil."

Wie viel Planungssicherheit bietet der Umweltschutz für Beschäftigte?
Umwelt- und Klimaschutz sind notwendiger denn je. Da braucht es nicht zuletzt die Menschen, die die nötigen Arbeiten durchführen. Die Umweltschutzbeschäftigten machen sechs Prozent aller Erwerbstätigen aus, das ist ein ordentlicher Anteil, und er ist schon seit Jahren stabil, sogar leicht wachsend. Das wird sicherlich auch in Zukunft so sein.

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Verlässliche politische Rahmenbedingungen und eine ambitionierte Umwelt- und Klimapolitik haben dabei eine große Bedeutung, denn sie geben den Unternehmen die Planungssicherheit, die sie für ihre umweltfreundlichen Investitionen benötigen. Das wiederum sichert Arbeitsplätze. Allerdings ist „Umweltschutz“ ein sehr breites Feld. Die Entwicklung wird nicht in allen Bereichen gleich verlaufen.

"Hohe Investitionen sind notwendig, um die Klimaschutzziele zu erreichen."

Welche Rolle spielt die Energiewende bei der Entwicklung der Beschäftigtenzahlen?
Die Energiewende spielt eine wichtige Rolle. Mehr als 800.000 Menschen arbeiten für die energetische Gebäudesanierung und die erneuerbaren Energien. Entweder direkt, beispielsweise in der Baubranche, oder indirekt, weil ihr Arbeitsplatz in vorgelagerten Produktionsbereichen ist, beispielsweise bei der Herstellung von Windturbinen oder von Dämmmaterial.

Zum Erreichen der nationalen Klimaschutzziele sind hohe Investitionen notwendig, nicht nur für die Gebäudesanierung beispielsweise und den Ausbau der erneuerbaren Energien, sondern auch für die Steigerung der Energieeffizienz oder für den Ausbau der Infrastruktur. Hinzu kommt, dass die effizienten Produkte und Technologien, die dabei entwickelt werden, nicht nur in Deutschland, sondern weltweit benötigt werden. Das alles wirkt sich positiv auf den Arbeitsmarkt in Deutschland aus.

Der Bereich erneuerbare Energien erlitt 2017 einen Rückgang der Beschäftigtenzahlen. Was war der Grund dafür?
Das lag vor allem an dem Rückgang der Beschäftigung für die Windenergie an Land. Hier haben deutsche Unternehmen deutlich weniger exportiert, was sich dann auch auf die Produktion und somit die Beschäftigung ausgewirkt hat.

"In der Photovoltaik gab es einen deutlichen Beschäftigungsrückgang."

Als wie konstant sind die Beschäftigungszahlen im Feld der erneuerbaren Energien einzuschätzen?
Zuletzt waren circa 320.000 Personen aufgrund der Nutzung erneuerbarer Energien beschäftigt. Das sind ungefähr dreimal so viele wie im Jahr 2000. In den letzten Jahren folgte auf einen großen Boom jedoch auch ein deutlicher Rückgang, sodass die Beschäftigungszahl jetzt ungefähr der von 2008 entspricht.

Die größten Schwankungen gab es bei der Photovoltaik, wo es nach 2011 einen deutlichen Beschäftigungsrückgang gab. Derzeit arbeiten noch etwas mehr als 40.000 Personen direkt oder indirekt für die Solarenergie. Windenergie und Biomasse sind weitere Bereiche mit vielen Beschäftigten. Bei der Biomasse liegt die Beschäftigung seit einigen Jahren relativ stabil bei ungefähr 110.000. Bei der Windenergie kam es nach vielen Jahren mit deutlichen Beschäftigungssteigerungen zuletzt erstmalig zu einem Rückgang. Es arbeiten aber immer noch mehr als 130.000 Menschen direkt oder indirekt für die Windenergie.

"Die Beschäftigung in den Erneuerbaren Energien hängt stark von den politischen Rahmenbedingungen ab."

Lässt sich eine Entwicklung für die nächsten Jahre abschätzen?
Nein, nicht im Detail. Grundsätzlich sind die Aussichten hervorragend, denn angesichts der Pariser Klimaziele wird der Ausbau der erneuerbaren Energien weiter voranschreiten. Inwieweit deutsche Unternehmen davon profitieren, hängt stark von den politischen Rahmenbedingungen ab und nicht zuletzt auch davon, wie konsequent Deutschland selbst den Ausbau der erneuerbaren Energien vorantreibt.

Der Anteil der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien ist zwar in Deutschland in den letzten Jahren gestiegen, aber der Zubau neuer Anlagen ist unzureichend, vor allem bei der Windenergie an Land. Dort gab es 2019 einen Einbruch der Neuinstallationen. Dieser Entwicklung muss die Politik schnell und entschieden entgegenwirken, sonst wird der Abbau von Arbeitsplätzen in der Windbranche weitergehen.

"Unterstützen die Wähler eine ökologische Politik, werden eher ambitionierte umweltpolitische Maßnahmen umgesetzt."

Wie beeinflussen politische Entwicklungen wie die Fridays-for-Future-Demos die Beschäftigungszahlen der jeweiligen Bereiche? Ist als Reaktion etwa eine Steigerung im Bereich Information und Kommunikation zu erwarten?
Wenn mehr Menschen an Umweltthemen interessiert sind, ist es sehr gut vorstellbar, dass sich im Wirtschaftszweig Information und Kommunikation in Zukunft mehr Menschen mit Umweltthemen beschäftigen werden. Aber nicht nur dort. Junge Menschen, die durch die Fridays-for-Future-Demos für den Umwelt- und Klimaschutz sensibilisiert sind, tragen ihre Ansichten und Erkenntnisse in die Unternehmen, in denen sie später arbeiten werden und können auch so für ein „Ergrünen“ sorgen.

Ein anderer Effekt ist der über die Politik: Unterstützen die Wähler eine ökologische Politik, werden eher ambitionierte umweltpolitische Instrumente und Maßnahmen umgesetzt – mit den bereits oben angesprochenen positiven Auswirkungen für Investitionen und Arbeitsmarkt.

In der Kategorie Dienstleistungen waren 2017 Unternehmensdienstleistungen mit 333.000 Beschäftigten der Spitzenreiter unter den umweltorientierten Dienstleistungen. Der Bereich Information und Kommunikation lag mit 13.800 Beschäftigten weitaus niedriger. Welche Gründe gibt es für diesen großen Unterschied?
Das liegt in diesem Fall hauptsächlich an der statistischen Abgrenzung: Zu den Unternehmensdienstleistungen gehört eine Vielzahl an Untergruppen. Beispielsweise die Architektur- und Ingenieurbüros, Forschung und Entwicklung, Schornsteinreinigung, Garten- und Landschaftsbau und noch einiges mehr. Da ist es nicht verwunderlich, dass die Zahl in Summe größer ist. Hinzu kommt aber auch, dass der Anteil der Menschen, der sich im Wirtschaftszweig Information und Kommunikation mit Umweltthemen beschäftigt, noch nicht so hoch ist wie bei den Wirtschaftszweigen, die zu den Unternehmensdienstleistungen zusammengefasst sind.

"Letztlich braucht es das Zusammenspiel aller Bereiche."

Inwiefern ist von den Zahlen beider Bereiche ein Rückschluss auf die Wichtigkeit der Aufgabenfelder für den Umweltschutz möglich?
Man sollte von den Zahlen nicht eins zu eins auf die Bedeutung eines Aufgabenfeldes schließen. Manche Bereiche sind arbeitsintensiver als andere oder haben automatisch einen höheren Anteil an umweltschutzrelevanten Tätigkeiten, wie beispielsweise der Garten- und Landschaftsbau. Das bedeutet nicht, dass andere Bereiche weniger wichtig sind. Letztlich braucht es das Zusammenspiel aller Bereiche.

"Für die erneuerbaren Energien werden beispielsweise schon seit vielen Jahren gesonderte Studien durchgeführt. Aber nicht für alle Bereiche ist die Datenlage so komfortabel." 

Nicht für alle Tätigkeitsbereiche im Umweltschutz ist die Erfassung von Beschäftigtenzahlen möglich. Woran liegt das?
Umweltschutz ist eine Querschnittsaufgabe, die in nahezu allen Wirtschaftssektoren Arbeitsplätze schafft. Es gibt nicht die statistisch abgegrenzte Branche „Umweltwirtschaft“. Wie viele Arbeitsplätze tatsächlich vom Umweltschutz abhängen, kann daher nur geschätzt werden. Die Daten und Informationen, die Grundlage für die Schätzung sind, stammen aus verschiedenen Quellen: amtlichen Erhebungen, Verbandsstatistiken oder anderen Studien.

Für die erneuerbaren Energien werden beispielsweise schon seit vielen Jahren gesonderte Studien durchgeführt. Aber nicht für alle Bereiche ist die Datenlage so komfortabel. Auch die Abgrenzung ist häufig nicht einfach. Die Windenergiebranche lässt sich beispielsweise relativ leicht abgrenzen, beim Ökotourismus ist nicht klar, was alles dazu gehört. Hinzu kommt, dass heute viele Unternehmen Umweltschutzüberlegungen bereits in Prozessabläufe einbeziehen. Umweltschutz entwickelt sich immer mehr zum integralen Bestandteil des Wirtschaftens. Er hat in vielen Unternehmen eine Bedeutung, die aber nicht immer leicht zu quantifizieren ist.

Weitere Ergebnisse und Grafiken zu der Entwicklung der Beschäftigtenzahlen findet man auf der Seite des Umweltbundesamts unter: www.tinyurl.com/UBA-Beschaeftigte
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