Artenschutz in Zeiten des Klimawandels
Sich für das Klima einzusetzen, bedeutet auch gleichzeitig sich für den Artenschutz stark zu machen: Denn je wärmer es wird, desto mehr Tierarten sind vom Aussterben bedroht.

Artenschutz in Zeiten des Klimawandels

Artenschützer/innen beobachten die Tiere ganz genau, um sie vor den Folgen des Klimawandels zu schützen. Gleichzeitig stellt die Energiewende die Fachkräfte vor neue Herausforderungen.

Text: Linda Gerner

Um die Klimaschutzziele zu erreichen, braucht Deutschland eine Energiewende. Doch ausgerechnet beim Ausbau der Erneuerbaren Energien, vorrangig bei der Windenergie, kollidieren die Interessen von Tierschützenden mit dem Klimaschutz. Vogelschlag an Windkraftanlagen kann bestandsgefährdend sein – doch erwärmt sich die Erde weiter, sind ebenfalls viele Tierarten vom Aussterben bedroht.

Damit der Ausbau der Erneuerbaren Energien nicht zu Lasten der Tierwelt geschieht, gibt es umfangreiche Umweltprüfungen, bevor ein potentieller Standort, etwa für einen Windpark, genehmigt wird. Diese werden nicht durch Tier- oder Umweltschutzorganisationen durchgeführt, sondern von spezialisierten Planungsbüros. Zum Beispiel von „Planung+Umwelt“ aus Stuttgart, das seit 1983 in ganz Deutschland und auch international tätig ist.

Ohne Studium geht es nicht

Gunther Wetzel arbeitet dort seit über 20 Jahren als Projektleiter in der Umweltplanung. Er ist Geograf und schätzt an seinem Beruf das breite Aufgabenspektrum: „Das Interessante ist, dass wir von den Grundlagenanalysen bis hin zu den konkreten Maßnahmen an Projekten arbeiten.“ Sein Arbeitsalltag sei eine gute Mischung aus Büro- und Geländearbeit, man habe mit vielen Menschen Kontakt, aber auch intensive Rechercheaufgaben.

Für den Job der Umweltplanerin oder des Umweltplaners ist dabei ein abgeschlossenes Studium in den Bereichen Landschaftsplanung, Landschaftsökologie, Geografie, Umweltwissenschaften sowie Raum- und Umweltplanung Voraussetzung. „Wir achten bei Bewerberinnen und Bewerbern auf gute Kenntnisse von ökologischen Grundlagen und präferiert auch aus der Planungspraxis“, so Wetzel.

Außerdem wünscht er sich, dass sie vorab Praktika absolviert haben: „Viele Hochschulen haben leider nur kurze Praktika, wenn überhaupt noch Pflichtpraktika im Studium drin sind. Wir sagen immer, mindestens drei Monate sollte man das schon gemacht haben, sonst hat man keinen vernünftigen Einblick in den Beruf.“

Bau nur mit Umweltprüfung

Die Planungsbüros werden nicht nur von Firmen beauftragt, sondern auch von Städten und Gemeinden, Landesämtern, Bundesministerien und auch Privatpersonen. Ein idealistisches Anliegen ist der Tierschutz in diesen Bereich eher seltener, aber bei der Erstellung von Umweltgutachten „greift der konkrete Artenschutz fast immer“ und ist einer der Hauptaspekte bei der Realisierung von Bauvorhaben. Da das Thema Nachhaltigkeit und Tierschutz immer mehr Gewichtung bekommt, ist die Beschäftigungssituation aktuell „absolut positiv“, sagt Wetzel.

Viele Planungsbüros schreiben regelmäßig neue Stellen aus. Doch auch der Bereich der Umweltplanung hängt von politischen Entscheidungen ab: „Die Zukunft kann man nicht sicher abschätzen, wenn sich nationale Gesetze im Bereich Umweltprüfung verändern, schlägt sich das auch auf den Beruf nieder.“ Das Gehalt richtet sich nach Größe der Firma, dem Umfang des eigenen Aufgabenbereichs und der Erfahrung von Umweltplaner/innen. Das Einstiegsgehalt liegt circa bei 2.500 Euro brutto im Monat.

 

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Die Arbeit von Planungsbüros ist in vielen Bereichen interdisziplinär. Zu den Tätigkeitsbereich der Umweltprüfungen gehören unter anderem auch Landschaftsplanung, Biotopvernetzung, Lärmschutz, Flächenpotenzialanalysen oder eine ökologische Baubegleitung. Besonders in dem Ausbau der Erneuerbaren Energien sieht die Firma Planung+Umwelt  „eine wichtige Zukunftsaufgabe“: „Aktuell arbeiten wir viel in dem Bereich Windenergie, erstellen Gutachten und machen Umweltprüfungen“, so Wetzel.

Die Firma legt Wert auf ein divers aufgestelltes Team mit vielen unterschiedlichen Fachkenntnissen. Im Büro in Stuttgart arbeiten aktuell Fachleute aus den Disziplinen Stadtplanung, Landschaftsplanung, Raum- und Umweltplanung, Geographie, Landschaftsökologie, Umweltwissenschaften, Umweltschutztechnik und Physik.

Artenschutz aus Überzeugung

Ganz anders und angetrieben durch ihren Idealismus arbeitet Birgit Braun. Sie ist seit mehr als zehn Jahren für die Aktionsgemeinschaft Artenschutz (AGA) in der Nähe von Stuttgart tätig. Die Organisation ist in einem der vielen kleinen Arbeitsbereiche auf diesem Gebiet tätig.

Sie setzt sich zum Beispiel mit verschiedenen Projekten im Ausland für Wildtiere ein. Aktuell arbeiten die Mitarbeiter/innen unter anderem an dem Schutzprojekt „Gepard“, in dem sie gemeinsam mit Partnerorganisationen in Namibia und Kenia gegen die Jagd der bedrohten Wildtiere vorgehen. Durch Aufklärungsarbeit vor Ort soll den Farmer/innen die Angst genommen werden, dass die Geparde ihre Herdenbestände gefährden.

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Studiert hat Birgit Braun Biologie mit dem Schwerpunkt Naturschutz. Die AGA kennt sie bereits seit sie ein Kind ist. Gegründet hat sich die AGA 1986 aus einer zuvor initiierten Aktion gegen das Schlachten von Schildkröten. Bis heute kümmert sich die Organisation um die Meeresbewohner/innen. Dabei merkt Braun, dass sich die Anforderungen an den Artenschutz über die Jahre geändert haben: „Der Klimaschutz ist eine neue Herausforderung in unserem Job.

Früher musste man viel stärker schauen, dass Niststrände von Meeresschildkröten nicht durch Hotels verbaut werden. Jetzt müssen wir auch viel gegen Plastikvermüllung machen und neue Begebenheiten aufgrund des Klimawandels mitdenken.“ Die AGA ist daher seit November 2010 Mitglied der Klima-Allianz Deutschland, weil sie deutlich machen will, dass im Klimawandel eine Bedrohung für das langfristige Überleben vieler Tier- und Pflanzenarten liegt.

Klimaschutz ist Artenschutz

Schon jetzt schränkt der Klimawandel an einigen Orten auf der Erde den natürlichen Lebensraum von Tieren und Pflanzen ein. Langfristig wird er die Artenvielfalt auf der Erde gefährden, sagen Wissenschaftler/innen des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK).

Sie fordern, dass Klima- und Artenschutz zusammen gedacht werden – natürlich auch im Interesse der Menschen: „Die Klimarahmenkonvention umzusetzen ist notwendig, um viele Lebensräume und ihre Funktionen für den Menschen zu bewahren. Biodiversität zu schützen wird uns helfen, uns an den Klimawandel anzupassen, Klimafolgen abzumildern und Optionen für die Zukunft zu erhalten“, schrieben die Expert/innen bereits 2008.

Auch Birgit Braun sieht in ihrer Arbeit eine hohe Notwendigkeit: „Es gibt so viel zu tun im Naturschutz.“ Für sie ist der Natur- und Artenschutz eng mit Idealismus verbunden: „Es ist motivierend zu sehen, dass etwas vorangeht, auch wenn es langsam passiert.“

Auch bei dem Engagement für die Schützlinge der AGA, den Meeresschildkröten, denkt die Organisation den Klimawandel mit: Während der Nistsaison der Meeresschildkröten in ihrem Projektgebiet in Kenia misst die AGA die Temperaturen in den Nestern, um die Auswirkungen des Klimawandels auf das Überleben der Meeresreptilien zu erforschen und besser darauf reagieren zu können.

Fachwissen ist wichtig

Birgit Braun ist überzeugt davon, dass ein Biologiestudium eine geeignete fachliche Grundvoraussetzung mit sich bringt, um in einem Job im Bereich Artenschutz tätig zu sein. Für die inhaltlich Arbeit sei es sinnvoll, wenn Tierschützende auch eine fachliche Expertise vorweisen können.

Da die AGA sehr klein ist, sind die Aufgabengebiete von Braun vielfältig: Projektbetreuung und -planung, Förderer/innen akquirieren, Finanz- und Buchhaltung, Fundraising, sowie Öffentlichkeitsarbeit: „Das läuft bei uns auf zwei Personen in Teilzeitstellen zusammen und Menschen, die uns ehrenamtlich helfen.“

Die Finanzierung der Organisation läuft, wie bei vielen Tierschutzorganisationen, über Spendengelder. Für Festanstellungen fehlt häufig die nötige Finanzierung von Stellen, und die akquirierten Spenden sollen in konkrete Tierschutzmaßnamen fließen. „Wir haben Rentner, die uns ehrenamtlich im Büro unterstützen, etwa die Buchhaltung machen. Ohne Ehrenamt wäre unsere Arbeit nicht denkbar“, sagt Braun. Sie ist froh, dass es im Tier- und Artenschutz viele unterschiedliche, kleinteilige Bereiche gibt: „Das bildet die Vielfältigkeit der Aufgaben und Probleme auch richtig ab.“

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