Einstieg ins Netzwerken
Viele Jobsuchende finden das gezielte Kontakteknüpfen vor allem anstrengend. Wir haben fünf Tipps, wie Netzwerken leichter fällt, die Stellensuche voranbringt und sogar Spaß macht.
Text: Annika Schneider
„Netzwerken ist nicht so meins.“
Diesen Satz habe ich schon unzählige Male gehört. Die Menschen, die das sagen, könnten ein Netzwerk meistens gut gebrauchen: Sie suchen eine Stelle, machen sich gerade selbstständig oder stehen kurz vor dem Berufseinstieg.
In allen diesen Fällen sind Kontakte äußerst wertvoll, wenn nicht sogar unverzichtbar. Sie liefern Insider-Wissen, öffnen Türen und erweitern die eigene Perspektive. Woher kommt dann die weit verbreitete Scheu, das Thema aktiv anzugehen?
Viele verbinden mit dem Schlagwort „Netzwerken“ automatisch „sich verkaufen“.
Vermeintlich geht es darum, sich auf Kongressen und Veranstaltungen herumzutreiben, möglichst prominente Menschen anzuquatschen, diese ungefragt mit Infos zur eigenen Person zu beglücken und ihnen eine Visitenkarte in die Hand zu drücken. Anschließend muss man die Person nur noch bei Xing hinzufügen, jedes Jahr Weihnachtsgrüße verschicken und schwups, schon hat man einen Kontakt mehr.
Mit echtem Netzwerken hat dieses Vorgehen allerdings wenig bis gar nichts zu tun. Schon beim Gedanken daran vergeht vielen die Lust. Dabei macht das erfolgreiche Kontakteknüpfen richtig Spaß, selbst schüchternen Menschen. Die folgenden fünf Schritte helfen, das Netzwerken aktiv anzugehen – von leicht bis etwas schwerer.
1. Auf Familie und Freunde ist Verlass
Die allermeisten kommen bereits mit einem Netzwerk auf die Welt und bauen es vom Kindergarten an stetig aus. Im Laufe unseres Lebens etablieren wir Beziehungen zu Schulfreundinnen und Fußballkumpels, zum Lieblingsfriseur und zur Nachbarin, zur Uni-Tutorin und zum Wohnheimnachbar.
Scrollen Sie bei Gelegenheit mal durch die Einträge in ihrem Handy-Telefonbuch: Sie bilden schon jetzt ein stabiles Netz aus wertvollen Kontakten. Gleichzeitig kennt jede und jeder unserer Bekannten Dutzende weitere Leute. „Über fünf Ecken“ sind wir mit unzähligen Menschen verknüpft, und das, bevor wir mit dem Netzwerken überhaupt angefangen haben.
Dieses Wissen gilt es bei der Jobsuche unbedingt zu nutzen.
Die meisten unserer langjährigen Kontakte haben mit dem für uns relevanten Stellenmarkt zwar gar nichts zu tun, trotzdem passiert es häufig, dass gerade aus diesem informellen Netzwerk die besten Hinweise kommen. Da erzählt die Schwiegermutter von dem neuen Öko-Unternehmen, das am Stadtrand einzieht und Mitarbeiter/innen sucht. Die Volleyball-Freundin hat einen Onkel, der bei der Lokalzeitung arbeitet. Und der Freund aus Kindheitstagen ist inzwischen Grafiker und schaut gerne mal über die Bewerbungsunterlagen.
In privaten Netzwerken ist die Hilfsbereitschaft oft groß.
Unterstützen können einen Verwandte, Freundinnen und Freunde aber nur dann, wenn sie wissen wie. Nur wer fragt, dem wird geholfen! Deswegen sollte man sich genau überlegen, was man eigentlich braucht. Feedback zum Lebenslauf? Hinweise auf freie Stellen? Infos über ein bestimmtes Unternehmen? Dieses Anliegen gilt es dann möglichst weit zu streuen.
Vielleicht bekommen Sie nicht sofort eine hilfreiche Antwort, wenn Sie bei Tante Susis Geburtstag nach jemandem fragen, der in der Datenanalyse arbeitet. Aber wenn Ihr Cousin drei Wochen später auf einer Geburtstagsfeier eine Datenanalystin kennenlernt, notiert er vielleicht deren Mailadresse.
Womöglich fällt Ihrem Chorleiter auch Ihr Name ein, wenn das Bistum einen neuen Community Manager sucht – dafür müssen Sie im Chor aber auch erzählt haben, dass Sie gerade eine Social-Media-Weiterbildung machen. Jobsuchende sollten jede Möglichkeit nutzen, sich mit anderen auszutauschen und dabei von sich, Ihren Interessen und Ihren Zielen zu erzählen. Es ist oft erstaunlich, wie weit einen private Netzwerke beruflich bringen.
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Im besten Fall bietet sich die Chance, mit einer interessanten Person „mal einen Kaffee zu trinken“ oder sich sogar bei einem potentiellen Arbeitgeber vorzustellen. Manche sind dann sofort skeptisch und wittern Vetternwirtschaft. Sie fühlen sich unwohl, ein solches Angebot anzunehmen, und möchten lieber eine Stelle auf dem „offiziellen“ Weg finden.
Diese Bescheidenheit ist auf dem Arbeitsmarkt fehl am Platz.
Denn gerade auf dem akademischen Stellenmarkt wird die Mehrheit der Jobs „unter der Hand“ vergeben, also über Kontakte. An viele gute Stellen kommt man überhaupt nur auf diesem Weg, gerade bei kleinen und begehrten Arbeitgebern.
2. Profitieren von der Fach-Community
In der Regel reicht der Bekanntenkreis allein nicht aus, um in der gewünschten Branche unterzukommen. Je spezifischer das eigene Interesse ist, desto nützlicher ist es, die entsprechende Fach-Community zu kennen. Auch hierbei gilt: Oft sind grundlegende Kontakte schon da, bevor man mit dem Netzwerken überhaupt angefangen hat.
Eine zentrale Ressource ist die eigene Studentenzeit.
Die Kommilitoninnen und Kommilitonen sind schließlich mit einem ähnlichen Abschluss ins Berufsleben gestartet. Vielleicht sind einige von ihnen inzwischen bei reizvollen Arbeitgebern untergekommen.
Es gibt viele Möglichkeiten, den Kontakt nach dem Studium zu halten, auch über private Freundschaften hinaus. Eine Mitgliedschaft im Absolventen- oder Alumniverein zahlt sich oft aus. Viele dieser Vereine verschicken regelmäßig Stellenangebote oder geben auf Anfrage Kontaktdaten von anderen Mitgliedern heraus. Auch Revival-Treffen, Veranstaltungen des ehemaligen Lehrstuhls und Fachgruppen eignen sich, um die Verbindung zum Fachkontext aufrecht zu erhalten.
Das Gleiche gilt für ehemalige Professor/innen oder Gastdozent/innen. Bei konkreten Fragen und Anliegen kann ein solcher Kontakt aus dem Studium oft weiterhelfen.
Selbst wenn man sich seit Jahren nicht gemeldet hat, ist es meist einfacher, eine alte Verbindung zu reaktivieren als eine neue zu knüpfen.
Dafür sollten Sie bei der Kontaktaufnahme unbedingt die letzte Begegnung erwähnen oder den Bezug klarstellen. Wichtig auch hierbei: Schreiben Sie keine seitenlangen Texte, sondern bringen Sie Ihr Anliegen klar und knackig auf den Punkt. Es sollte die kontaktierte Person nur wenige Minuten kosten, Ihnen Auskunft zu geben oder Sie an einen hilfreichen Kontakt weiter zu verweisen.
3. Lohnender Blick über den Tellerrand
Auch wenn gute Kontakte aus dem Studium Gold wert sind, haben sie einen entscheidenden Nachteil: Wer das Gleiche studiert hat, blickt häufig auch aus einer ähnlichen Perspektive auf die Welt. Das heißt konkret: Wenn alle Mitstudierenden in die gleichen Berufsfelder streben, ist der Erkenntnisgewinn in Gesprächen meist begrenzt.
Neue Ideen und Impulse kommen hingegen oft von Menschen, die von außen auf die eigene Stellensuche blicken. Sie kennen andere Branchen, diskutieren andere Themen und stellen andere Fragen. Das, was Sie seit Jahren für selbstverständlich halten, sehen Menschen aus anderen Bereichen oft ganz anders. Deswegen ist es sinnvoll, nicht in der Fach-Community steckenzubleiben, sondern über den Tellerrand zu blicken.
Über Familie und Freunde hinaus lohnt es sich, in Bewerbungsphasen gezielt neue Leute zu treffen.
Ein guter Ansatzpunkt sind gemeinsame Interessen – am besten solche, die Spaß machen. Hobbys oder Ehrenämter bieten die Gelegenheit, entspannt und locker mit anderen in Kontakt zu kommen. Wenn es sich ergibt, ruhig mal neugierig nachfragen: In welchem Bereich arbeitest du? Wie bist du dorthin gekommen? Gab es Hürden, die du überwinden musstest, und wie hast du das geschafft? Solche Gespräche können sehr inspirierend sein.
Zusätzlich erweitern Sie so Ihr Netzwerk durch Menschen, mit denen Sie bereits Gemeinsamkeiten haben. Auch hierbei gilt: Kommunizieren Sie klar, was Sie suchen oder wissen wollen. Nur so können andere Ihnen weiterhelfen.
4. Zur richtigen Zeit am richtigen Ort
Vielleicht wissen Sie schon ganz genau, in welchem Berufsfeld oder bei welchem Arbeitgeber Sie gern arbeiten würden. Dann lohnt es sich, Kontakte gezielter zu knüpfen. Eine gute Möglichkeit sind thematisch passende Veranstaltungen.
Finden Sie heraus, bei welchen Anlässen Sie auf Branchen- oder Firmenvertreter/innen treffen können. Manche Organisationen veranstalten jährlich einen Tag der offenen Tür oder ein Sommerfest. Andere präsentieren sich mit einem Stand auf Stadtfesten oder organisieren Abendveranstaltungen. Hilfreich sind auch Fachtagungen oder Branchentreffen. Vor allem in großen Städten gibt es außerdem Stammtische, deren Hauptanliegen das Netzwerken ist.
Vor Ort sollte es nicht ihr Ziel sein, möglichst vielen Menschen ihr Anliegen aufzudrängen. Vor allem wenn Sie eher schüchtern sind, gibt es keinen Grund, sich zu Gesprächen zu zwingen. Zielführender ist es, sich einfach offen und freundlich zu geben.
In den Pausen ins Handydisplay zu starren, ist keine gute Idee. Lächeln Sie lieber anderen Menschen zu.
Oft ergibt sich Smalltalk von ganz alleine, zum Beispiel mit der Sitznachbarin oder am Häppchenbuffet. Im Gespräch sollte man keinesfalls nur von sich reden, sondern sich erst einmal interessiert zeigen, Fragen stellen und aufmerksam zuhören. Auf diese Weise lässt sich schon einiges in Erfahrung bringen. Sobald Gegenfragen kommen, kann man dann das eigene Anliegen kurz erläutern.
Fortgeschrittene Netzwerker/innen können natürlich auch direkt Schlüsselpersonen ansprechen und um Unterstützung bitten. Viele Menschen sind viel offener und hilfsbereiter als vielleicht erwartet. In jedem Fall sollten Sie sich vorher Gedanken zu machen, wie Sie Ihrem Gegenüber in Erinnerung bleiben möchten.
Es sollte auf keinen Fall das Bild eines verzweifelten Menschen auf Jobsuche hängenbleiben.
Besser ist es, sich als Expertin oder Experte für ein Themengebiet vorzustellen. Nur so besteht die Chance, dass sich jemand an Sie erinnert, wenn in diesem Bereich Fachwissen gefragt ist.
5. Jobmessen – die Königsdisziplin
Jobmessen sind bei der Stellensuche der Inbegriff vom Netzwerken – umso größer ist der Respekt vieler Jobsuchender. Dabei bieten diese Großveranstaltungen eine ideale Übungsfläche, um die Selbstdarstellung vor Fremden zu trainieren. Die Arbeitgeber, die sich an den Ständen präsentieren, warten explizit darauf, angesprochen zu werden. Besser könnte die Ausgangsposition also nicht sein.
Schon am Vortag sollten Sie sich überlegen, mit welchen Eigenschaften und Kompetenzen Sie sich präsentieren möchten. Die ersten paar Sätze vor dem Spiegel zu proben kann hilfreich sein.
Setzen Sie sich außerdem ein konkretes Ziel, zum Beispiel „mit mindestens zehn Personalverantwortlichen reden“.
Auf der Jobmesse angekommen fangen Sie bei den Arbeitgebern an, die für Sie sowieso nicht in Frage kommen. Dabei darf experimentiert werden: Welcher Einstiegssatz fühlt sich natürlich an? Lieber mehr oder lieber weniger lächeln? Welche Aussagen von Ihnen stoßen auf Gegenliebe?
Erst wenn Sie sich sicher fühlen und Ihr Auftreten optimiert haben, sollten Sie zu den Ständen gehen, die für Sie tatsächlich relevant sind. Ein Besuch lohnt sich auch, wenn auf der nächsten Jobmesse in Ihrer Nähe keine passenden Aussteller dabei sind. Nachdem Sie einen Vormittag lang mit verschiedensten Personalverantwortlichen geplaudert haben, werden Sie entspannter in das nächste Vorstellungsgespräch gehen.
Eine Hand wäscht die andere
Beim Netzwerken gilt eine Grundregel: Es geht immer genauso ums Geben wie ums Nehmen. Wer Tipps von anderen Menschen nutzt, sollte auch selbst bereit sein, Informationen weiterzureichen. Wenn Sie also etwas erfahren, das jemand anderem nützen könnte, geben Sie Ihr Wissen weiter. Bei nächster Gelegenheit wird sich der- oder diejenige womöglich revanchieren.
Spätestens an dieser Stelle kommt der Spaßfaktor zum Tragen.
Insiderwissen zu haben, ist nicht nur hilfreich, sondern vermittelt auch das gute Gefühl, mehr als andere zu wissen. Und wie toll fühlt es sich erst an, wenn Sie einen Anruf bekommen, weil sich jemand für Ihre Kompetenzen interessiert und Sie kennenlernen möchte!
Wenn das passiert, haben Sie den Spieß erfolgreich umgedreht: Sie sind nicht mehr nur Bewerberin oder Bewerber, sondern werden auch selbst umworben. Fragen Sie ruhig mal herum, wie Menschen mit tollen Jobs in ihre Position gekommen sind. Bei vielen steckt ein mit Bedacht geknüpftes Netzwerk dahinter.
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