Lebenslauf: Zwischen Ausschmückung und Lüge
Klare Sache, dass man in Bewerbungen die Wahrheit ein bisschen verbiegt, um besser dazustehen. Aber wie viel Beschönigung ist erlaubt? Und wann riskiert man Konsequenzen?
Text: Janna Degener
Lücken im Lebenslauf gelten als unschön? Dann schreibe ich eben, dass ich in dem Jahr nach dem Abi schon freiberuflich getextet habe. Die Stellenausschreibung verlangt Erfahrung im Projektmanagement und verhandlungssichere Englischkenntnisse? Ich habe immerhin neulich die Hochzeit meines besten Kumpels organisiert, und das mit der Hotelbuchung in London hat auch irgendwie funktioniert. Ein Hochschulstudium wird vorausgesetzt? Dass ich die Abschlussprüfung vergeigt habe, muss ja keiner wissen...
Sind Schwindeleien erlaubt?
Im Lebenslauf kommt es darauf an, sich positiv darzustellen und die persönlichen Stärken zu betonen. Dass Bewerberinnen und Bewerber da die eine oder andere Wahrheit beschönigen oder ausschmücken, kann ihnen keiner vorwerfen.
Was mich interessiert, was ich gut kann oder was ich mir vom Arbeitgeber wünsche, sind ja ohnehin recht schwammige und schwer überprüfbare Informationen. Deshalb sind solche Schwindeleien auch nicht verboten.
„Es ist zulässig, den Lebenslauf zu verschönern und aufzupeppen, wenn die Aussage im Kern wahrbleibt, also zum Beispiel eine schlechte Note in ihrem Kontext beschönigt oder in einen Zusammenhang gestellt wird, der sie unauffälliger macht", sagt die Rechtsanwältin Asma Hussain-Hämäläinen. Eine Urlaubsreise zu einer Bildungsreise umzudeklarieren, sei allerdings nur dann zulässig, wenn es für die Einstellung völlig irrelevant ist. Und das ist in der Praxis wohl selten der Fall.
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Was ist eine Lüge im Lebenslauf?
Lügen liegen immer dann vor, wenn falsche Fakten genannt werden. „Wer behauptet, am Projekt X mitgearbeitet zu haben, sagt die Wahrheit – auch wenn er nur ganz unwesentliche Beiträge geleistet hat. Wer hingegen in Wahrheit nichts für das Projekt getan hat, lügt", erklärt Rechtsanwalt Pascal Croset, der als deutschlandweit tätiger Fachanwalt für Arbeitsrecht bereits mehrfach entsprechende Zweifelsfälle zu bearbeiten hatte.
Ein Zweifelsfall ist gegeben, wenn die gewählte Formulierung mehr insinuiert als tatsächlich zutrifft, weil man die Beschäftigten im Projekt etwa nur durch Pizzaholen unterstützt hat. „In aller Regel dürfte es aber noch zulässig sein, den eigenen Tatbeitrag in ein sehr positives Licht zu setzen oder unscharf zu beschreiben", sagt Pascal Croset. Eindeutig unzulässig sind dagegen gefälschte Bewerbungsunterlagen wie Zeugnisse. Auch falsche Angaben zu Nebenbeschäftigungen und zur eigenen Verfügbarkeit sind verboten.
Personaler sind Lügendetektoren
In jedem Fall sollten Bewerberinnen und Bewerber sich darauf vorbereiten, dass sie im Vorstellungsgespräch Fragen zu ihren Angaben im Lebenslauf beantworten müssen. Den Personalverantwortlichen fällt es in der Regel auf, wenn sie verlegen werden oder nach Ausreden suchen müssen. Und das kommt ganz bestimmt schlecht an.
Überhaupt sollte man die Schwindeleien nicht übertreiben. Denn wenn man für den Job nicht geeignet ist, wird das spätestens in der Probezeit auffallen.
Unabhängig davon gibt es natürlich die berühmten verbotenen Fragen, bei denen Lügen im Vorstellungsgespräch in Ordnung sind: Bei Fragen nach der Familienplanung oder der Religionszugehörigkeit ist das zum Beispiel der Fall. Denn die sind aufgrund des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes nicht gestattet. Überhaupt müssen die im Vorstellungsgespräch gestellten Fragen für die zu besetzende Stelle und für die konkrete Tätigkeit von Bedeutung sein – sonst dürfen Bewerberinnen und Bewerber lügen.
Schlimmstenfalls folgt die Kündigung
Im schlimmsten Fall kann es passieren, dass der Arbeitgeber den Arbeitsvertrag wegen arglistiger Täuschung durch den Arbeitnehmer im Lebenslauf im Nachhinein noch anficht. „Das muss innerhalb eines Jahres passieren, nachdem die Täuschung entdeckt wurde", erklärt Asma Hussain-Hämäläinen.
Eine absolute Anfechtungsgrenze bestehe nach Ablauf von zehn Jahren nach Abschluss des Arbeitsvertrages. Eine außerordentliche Kündigung müsse innerhalb von zwei Wochen, nachdem der Arbeitgeber von der Täuschung erfahren habe, erfolgen.
„Hier besteht keine absolute zeitliche Grenze. Die Kündigung einer Arbeitnehmerin 14 Jahre nach Einstellung wegen Täuschung bei der Bewerbung wurde bereits als zulässig angesehen", weiß Asma Hussain-Hämäläinen. Allerdings, betont Pascal Croset, passiere das selten: Denn dafür müsste der Arbeitgeber beweisen, dass er die Person bei zutreffender Schilderung nie eingestellt hätte.
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