Mein Tag als Bioinformatiker in der DNA-Analyse
Christoph Malisi erstellt Software, um Erbgutdaten zu analysieren. An einem typischen Arbeitstag sitzt er nicht nur am Computer, sondern betreut auch Kunden.
Text: Roy Fabian
Christoph Malisi hat Bioinformatik in Tübingen studiert. Nach seinem Diplom im Jahr 2007 promovierte er zu computergestützten Methoden beim Design von Proteinen. 2013 ging der 38-Jährige dann zu Computomics. Hier arbeitet er als bioinformatischer Analyst. Im WILA Arbeitsmarkt berichtet Malisi von einem typischen Arbeitstag.
8.30 Uhr: In einem Tübinger Großraumbüro schaltet Christoph Malisi Rechner und Laptop an. Der 38-Jährige arbeitet hier für Computomics, ein Bioinformatik-Unternehmen, das sich auf die Analyse des Erbguts von Pflanzen, Tieren und Mikroorganismen spezialisiert hat. „Zu unseren Kunden gehören Pflanzenzüchter und Saatguthersteller, aber auch Pharmaunternehmen oder Lebensmittelfirmen, die wissen wollen, was in ihrem Joghurt drin ist“, sagt Malisi. Der Bioinformatiker erstellt bei Computomics die für die Analysen nötige Software. Wie üblich beginnt sein Arbeitstag mit einem E-Mail-Check. In der Nacht hat sich eine US-Firma gemeldet: Sie braucht ein neues Feature für eine Software, die Malisi für sie geschrieben hat. „Denn bei uns wird jedes Projekt auf den jeweiligen Kunden zugeschnitten“, erläutert er. Malisi antwortet dem Unternehmen und schlägt einen Telefontermin vor. Außerdem hat ein Getreidezüchter einen Link zum Download der Erbgutdaten mehrerer Weizensorten geschickt, die Malisi durchleuchten soll. Er zieht die Daten auf den Firmenserver und bestätigt dem Kunden den Empfang.
9.30 Uhr: Malisi macht sich daran, an einer sogenannten Analysepipeline zu feilen. Auftraggeber ist ein Pflanzenzüchter, der Kreuzungen automatisch untersuchen will. „Eine Analysepipeline ist hierfür wie eine Art Rezept“, erläutert Malisi. Kernstück dabei sind Open-Source-Computerprogramme aus dem akademischen Bereich, die zusammengeschaltet werden müssen, damit die Analyse ohne händisches Zutun laufen kann. Der Bioinformatiker programmiert daher nun eine Schnittstelle. „Wichtig ist, dass sie die Daten wie ein Fließband von einem Programm aufnimmt, so umformatiert, dass die Daten ins nächste passen, und dann weiter transportiert.“ Außerdem wird er in den kommenden Tagen neben weiteren Interfaces Qualitätskontrollen in die Pipeline integrieren, die ungeeignete Daten automatisch aussortieren.
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13 Uhr: Nach der Mittagspause widmet sich Malisi einem anderen Projekt. Für ein Biotech-Unternehmen soll er herausfinden, wie eine tropische Schlangenart ihr Gift herstellt. Hierfür hat er Rohdaten aus einer Gensequenzierung bekommen, jenem Verfahren, mit dem die Erbgut-Bausteine eines Organismus‘ bestimmt werden. Malisis Aufgabe ist es, die vorliegenden Fragmente wieder zusammenfügen und mit einer Datenbank abzugleichen, die alle bislang bekannten Gene umfasst. „Denn nur so erfahren wir, welche Gene im Erbgut der Schlange vorhanden sind und welche davon für die Giftproduktion in Frage kommen.“ Für das gesamte Verfahren bedient sich Malisi erneut bei Open-Source-Programmen. Das Problem: „Viele davon wurden für menschliche Daten geschrieben. Das menschliche Erbgut unterscheidet sich aber in manchen Eigenschaften von dem einer Schlange.“ Malisi passt deshalb jetzt einige Parameter an, damit die Programme beim Abgleich mit der Datenbank später gültige Ergebnisse liefern.
15.30 Uhr: Malisi checkt ein paar Unterlagen. In einer halben Stunde hat er eine Telefonkonferenz mit Vertretern einer Brauerei; es geht um die Zwischenergebnisse einer Gerstenanalyse. „Da wir maßgeschneidert arbeiten, ist der Austausch mit den Kunden sehr wichtig – von der Angebotserstellung über die konkrete Planung bis zum Endbericht“, sagt Malisi. Als Bioinformatiker komme ihm dabei sein naturwissenschaftliches Fachwissen zugute. „Man versteht die Sprache des Gegenübers und weiß oft intuitiv, in welche Richtung es gehen soll.“
17.15 Uhr: Die Telefonkonferenz verlief erfolgreich, der Kunde ist mit dem Zwischenstand zufrieden. Malisi macht daher Schluss für heute. Auch wenn das zeitraubende Anpassen von Programmen oder Dateiformaten manchmal nervig sei: Er mag seinen Job. „Denn ich arbeite hier nicht an Standardlösungen, sondern habe immer wieder mit kniffligen Aufgaben zu tun. Das ist herausfordernd, aber auch sehr spannend.“
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