Psychologie: 10 Berufsfelder im Überblick
Psychologinnen und Psychologen sind auf dem Arbeitsmarkt gefragt - und ihnen stehen viele Wege offen. Wir stellen 10 Berufsfelder vor - von Klinken bis Website Usability.
Text: Anne Klostermann und Bianca Vaterrodt
Für Absolventinnen und Absolventen der Psychologie gibt es gute Nachrichten: Es besteht ein hoher Bedarf an gut ausgebildeten Psychologinnen und Psychologen. Die Arbeitslosenquote von Psycholog/innen lag 2015 mit 2,4 Prozent niedriger als die Arbeitslosenquote unter Akademikern allgemein (2,6 Prozent) und deutlich niedriger als die generelle Arbeitslosenquote im Jahr 2014 (6,8 Prozent). Hier ein Überblick in welchen Bereichen Psychologen arbeiten:
Berufsfeld 1: Kliniken und Psychotherapeutische Praxen
Die meisten Psychologinnen und Psychologen arbeiten der Bundesagentur für Arbeit zufolge im klinischen Bereich, ein großer Teil davon als approbierte psychologische Psychotherapeut/innen, viele aber auch im Gesundheitssektor ohne Ausbildung in Psychotherapie, als klinische Neuropsycholog/innen oder in der klinisch orientierten Beratung. Aber nicht alle Absolvent/innen wollen Psychotherapeut/in werden. Für diejenigen, die anders gelagerte Interessen haben, bietet der Arbeitsmarkt unterschiedliche Perspektiven an.
Berufsfeld 2: Personalwesen
Psychologinnen und Psychologen im Personalwesen arbeiten häufig in mittleren bis großen Unternehmen. Dort können sie zum Beispiel in der strategischen und operativen Personalentwicklung eingesetzt werden. Zu ihren Tätigkeiten gehören die Vorbereitung und Durchführung von Mitarbeiter- und Führungskräftebefragungen, die Planung und Evaluation von Entwicklungsmaßnahmen (wie zum Beispiel Schulungen), aber auch die Beratung des Managements. Ein weiterer Einsatzbereich liegt in der strategischen und operativen Personalauswahl (zum Beispiel der Planung und Durchführung von Assessment Centern).
Berufsfeld 3: Organisationsberatungen
Organisationsberatungen decken ein breites Spektrum an Dienstleistungen der Organisa-tions- und Personalentwicklung ab. Dieses reicht vom Coaching von Führungskräften und Mitarbeitern über Kommunikations- und Verhaltenstrainings, Management-Beratung, Assessment Center, Führungskräftetrainings, Teamentwicklung über strategische Organisationsentwicklung bis hin zur Begleitung von Veränderungsprozessen.
Berufsfeld 4: Arbeits- und Gesundheitsschutz
Psychologinnen und Psychologen arbeiten vermehrt auch im Arbeits- und Gesundheitsschutz in größeren Unternehmen, für Kranken- oder Rentenversicherungen oder in Bundesministerien. Sie werden eingesetzt, um Gefährdungsbeurteilungen, Belastungs- und Beanspruchungsanalysen für Arbeitsplätze durchzuführen oder bei Fragen der Arbeitsgestaltung und Ergonomie beratend zu unterstützen. Aber auch im großen Bereich der Gesundheitsprävention, der betrieblichen Gesundheitsförderung und des Gesundheitsmanagements sind sie an der Planung und Umsetzung von betrieblichen Interventionen beteiligt.
Berufsfeld 5: Pädagogisch-psychologischer Bereich
Auch im pädagogisch-psychologischen Bereich finden sich viele unterschiedliche Betätigungsfelder, sei es in Beratungsstellen, als Lerntherapeut/innen und in der Bildungsberatung. Es gibt viele Überschneidungspunkte zur Arbeits- und Organisationspsychologie, wie etwa bei Tätigkeiten, die auf die Optimierung von Lernprozessen in Unternehmen abzielen, oder generell im Trainings- und Weiterbildungsbereich. Auch zur Klinischen Psychologie bestehen Parallelen, wie zum Beispiel in Bereichen wie Lernförderung und Therapie.
Berufsfeld 6: Schulpsychologie
Schulpsycholog/innen sind in den schulpsychologischen Diensten der Länder angestellt und beraten alle Beteiligten im Schulsystem – angefangen bei Schülerinnen und Schülern, über Eltern, Lehrkräfte und Schulleitungen bis hin zur Schulaufsicht. Sie leisten einerseits Einzelfallberatung, zum Beispiel bei akuten Problemen. Andererseits planen und setzen sie auch Interventionsprogramme (wie zum Beispiel, um den Erwerb sozialer Kompetenzen zu fördern) gemeinsam mit den Beratungslehrkräften und Sozialarbeiter/innen an den Schulen um.
Berufsfeld 7: Lernförderung und Lerntherapie
Ein weiteres, etabliertes Anwendungsgebiet ist das der Lernförderung und Lerntherapie. Sie wird auch von psychologischen Beratungsstellen angeboten. Unter bestimmten Umständen werden die Kosten im Rahmen von Eingliederungshilfen von den Jugendämtern übernommen. Häufig handelt es sich aber um eine privat zu zahlende Leistung, die eine spannende Möglichkeit für eine selbstständige Tätigkeit in einer privaten pädagogisch-psychologischen Schulungspraxis bietet.
Berufsfeld 8: Rechtspsychologie
Rechtspsycholog/innen arbeiten an der Schnittstelle zwischen Psychologie und Recht. Sie werden von Gerichten als Gutachter/innen im Familien-, Straf- Sozial- oder Verwaltungsrecht einberufen. In der forensischen Psychologie arbeitet man oftmals auch in Einrichtungen des Straf- oder Maßregelvollzugs und betreut gemeinsam mit anderen Berufsgruppen (zum Beispiel aus der sozialen Arbeit) Personen, die straffällig geworden sind.
Berufsfeld 9: Erziehungs-, Partnerschafts- und Lebensberatung
In der Erziehungs-, Partnerschafts- und Lebensberatung arbeiten Psycholog/innen häufig bei freien Trägern, die eine gesetzlich verankerte Unterstützung bei Problemen anbieten. Beschäftigte in diesen psychologischen Beratungsstellen arbeiten oft mit unterschiedlichen Stellen wie Jugendämtern, Kindertagesstätten und schulpsychologischen Diensten zusammen.
Berufsfeld 10: Usability / Human Factors
Im Tätigkeitsfeld Usability / Human Factors wenden Psycholog/innen ihr Wissen aus der Kognitions- und Ingenieurpsychologie an, um die Schnittstellen zwischen dem Menschen und elektronischen oder technischen Geräten zu gestalten. Ihr Einsatzbereich ist oftmals in Beratungsunternehmen, die zum Beispiel von großen Firmen beauftragt werden, neue Websites zu entwickeln. Diese Spezialisten arbeiten eng mit Designer/innen und Entwickler/innen zusammen. Sie testen die Benutzerfreundlichkeit der technischen Lösungen und geben Gestaltungsempfehlungen an die Entwickler/innen weiter. Dabei wenden sie in großem Umfang ihr Wissen aus der Allgemeinen Psychologie an. Usability-Spezialisten arbeiten auch in den Forschungs- und Entwicklungsabteilungen in der Industrie gemeinsam mit Entwickler/innen an der Gestaltung der Schnittstelle zwischen Mensch und Maschine, zum Beispiel, wenn ein Automobilkonzern neue Navigations- oder andere Assistenzsysteme für ein Auto entwickelt.
... und die Wissenschaft!
Und nicht zuletzt ist die Psychologie eine lebendige und spannende Wissenschaft. Für diejenigen, die Interesse an wissenschaftlichen Fragestellungen haben und die sich im Rahmen einer Promotion weiter qualifizieren wollen, finden sich an Universitäten und verschiedenen Institutionen Arbeitsmöglichkeiten. Forschungsprojekte gibt es in allen Grundlagen- und Anwendungsfächern der Psychologie.
Neben den Qualifizierungsstellen an den Universitäten, die neben der Forschung auch Lehraufgaben beinhalten, gibt es auch viele Stellen in drittmittelfinanzierten Forschungsprojekten, die nicht selten auch Kooperationen mit Industrie und Wirtschaft beinhalten. Auch wenn die Wissenschaft nur wenigen eine unbefristete Stelle mit langfristiger Perspektive ermöglicht, bietet sie sich doch als Einstieg an, um später in einen anderen Bereich zu wechseln.
Stellenportale für Psychologen
- Der WILA Arbeitsmarkt wertet Jobs in Sozialwesen und Psychologie aus über 100 Quellen aus, darunter Tageszeitungen, Fachmagazine. Schnupper-Angebot 4 Ausgaben für 10 Euro: www.wila-arbeitsmarkt.de/abo
- Im Stellenportal PsychJob von Hogrefe werden ausschließlich Stellen für Psycholo-ginnen und Psychologen ausgeschrieben: www.tinyurl.com/stellenportal-hogrefe
- Die Zentralstelle für Psychologische Information und Dokumentation (ZPID) bietet vie-le Informationen für Psychologinnen und Psychologen, unter anderen Stellenangebo-te, vielfach aus dem wissenschaftlichen Bereich: www.tinyurl.com/stellenportal-zpid
- Mitglieder der Deutschen Gesellschaft für Psychologie (DGPs) erhalten über einen Mailverteiler regelmäßig Angebote für Stellen im Wissenschaftsbereich. Interessiert man sich für die wissenschaftliche Psychologie, lohnt es sich, nach dem Bachelorab-schluss studentisches Mitglied zu werden: www.dgps.de
- Der Berufsverband Deutscher Psychologen (BDP) bietet ebenfalls ein Stellenportal an: www.report-psychologie.de/stellenmarkt/angebote