Ran ans Anschreiben
Starke Verben, konkrete Beispiele, ein perfekter erster Satz: 10 Tipps für alle, die ihr Bewerbungsanschreiben verbessern wollen - und etwas von Medienprofis lernen möchten.
Von Annika Schneider
Was haben Journalist/innen und Arbeitssuchende gemeinsam? Mehr, als man auf den ersten Blick denken würde. Beide stehen nämlich vor der gleichen Herausforderung: Aufmerksamkeit bekommen. In der Medienbranche ist das eines der zentralen Ziele.
Ob Redakteurin oder Pressesprecher: Alle wollen ihre Informationen an möglichst viele Menschen bringen. Sie kämpfen um Klicks, um Leserzahlen, um Einschaltquoten. Wenn der erste Satz zu lang und kompliziert ist, klicken sie den Text weg. Alternativen gibt es immer.
Diese Situation dürfte Arbeitssuchenden bekannt vorkommen.
Auch sie verfassen regelmäßig Texte, um Aufmerksamkeit zu erregen. Ihnen geht es allerdings nicht um Mediennutzende, sondern um Personaler/innen. Auch die entscheiden oft innerhalb weniger Minuten, ob eine Bewerbung für sie in Frage kommt oder nicht.
Mit geübtem Blick scannen sie zig Lebensläufe und Anschreiben. Wenn die passenden Schlagwörter fehlen oder auf der ersten Seite ein Rechtschreibfehler prangt, landet die Mappe auf dem Stapel mit den Absagen. Dieses Schicksal ereilt manchmal auch die, die eigentlich gut auf eine Stelle passen würden. Wer sich nicht verkaufen kann, hat verloren.
In der Kommunikationsbranche gibt es eine ganze Reihe von Tricks, wie „Content“ am besten verpackt wird, um bei möglichst vielen Rezipient/innen anzukommen. Vieles davon lässt sich auch auf Bewerbungen übertragen. Grund genug also, den Profis auf die Finger zu schauen. Was können die, die auf Stellensuche sind, von ihnen lernen? Zehn Herangehensweisen helfen, das eigene Bewerbungsanschreiben zu verbessern.
1. Die Zielgruppe kennen
Niemand im Journalismus oder in der PR schreibt auch nur einen einzigen Satz, ohne die Zielgruppe zu kennen. Es macht einen riesigen Unterschied, ob ein Text für Fachpublikum, die breite Allgemeinheit oder Kinder gedacht ist. Das Gleiche gilt auch für Bewerbungsanschreiben. Es ist wenig sinnvoll, ein Standardanschreiben zu verfassen und an Dutzende Personalabteilungen zu schicken. Natürlich können einzelne Elemente immer wieder verwendet werden. Grundsätzlich ist es aber unvermeidlich, für jede Stellenanzeige ein neues Anschreiben zu verfassen.
Noch bevor der erste Satz geschrieben wird, sollte man deswegen seine Zielgruppe so gut wie möglich kennenlernen. Am besten nimmt man sich dafür erst einmal die Stellenanzeige vor. Welche Schlüsselwörter werden genannt? Welche konkreten Kompetenzen werden gewünscht? Wie wird die Position im Unternehmen beschrieben – unterstützend oder leitend? Gibt es Anforderungen, die man nicht erfüllen kann, und andere, bei denen man besonders gut dasteht? Je mehr sich über die zu vergebende Stelle in Erfahrung bringen lässt, desto besser wird das Anschreiben. Dabei hilft es auch, auf der Unternehmenswebseite zu recherchieren.
Wer eine Stelle zu vergeben hat, hat im Normalfall ganz genaue Vorstellungen, was für eine Person gesucht wird. Diesem Bild gilt es in der Bewerbung möglichst gut zu entsprechen. Aufpassen sollte man, wenn man bestimmte Kriterien schon auf den ersten Blick nicht erfüllt. Das betrifft zum Beispiel Arbeitssuchende fortgeschrittenen Alters, die sich auf eine Stelle für Berufsanfänger/innen bewerben – oder andersherum.
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Auch ein Wechsel aus einer ungekündigten Anstellung heraus in eine befristete und niedriger dotierte Stellung könnte Arbeitgeber erst einmal misstrauisch machen. In diesen offensichtlichen Fällen sollte man erwägen, schon im Anschreiben eine kurze Erklärung zu liefern: „Weil meine Partnerin eine neue Stelle in München gefunden hat, möchte auch ich mich in dieser Region beruflich neu aufstellen.“ – „Nachdem ich zehn Jahre für das Ministerium XY Drittmittel vergeben habe, möchte ich nun als Projektmitarbeiterin in Ihrem Verein die andere Seite kennenlernen.“ Wer plausible Erklärungen liefert, löst beim Lesenden im besten Fall ein Aha-Erlebnis aus und erhöht so die eigenen Chancen auf eine Einladung zum Bewerbungsgespräch.
2. Der perfekte erste Satz
Der erste Satz entscheidet. Er kann neugierig machen, in den Text hineinziehen, aufhorchen lassen. Der Mensch ist neugierig - und diese Tatsache gilt es auszunutzen. Dabei ist allerdings nicht jedes Mittel recht. Es geht nicht darum, mit dem ersten Satz eine möglichst provokante These in den Raum zu stellen oder Leser/innen mit gewagten Selbstbeweihräucherungen zu irritieren. Das schreckt Personalverantwortliche wohl eher ab. Stattdessen soll der erste Satz mitten ins Schwarze treffen. Hier hilft es wieder, zu wissen, was der Lesende genau sucht. Mit dem ersten Satz soll diese Erwartung erfüllt und gleichzeitig der folgende Text „angeteasert“ werden.
Viele Bewerbungen beginnen ziemlich erwartbar: „Hiermit bewerbe ich mich um die Stelle als...“ oder „Im WILA Arbeitsmarkt bin ich auf Ihre Stellenanzeige XY gestoßen“. Dass die Stellenanzeige bekannt ist, ist eine Selbstverständlichkeit, die keiner Erwähnung bedarf. Und um welche Stelle es geht, kann im Zweifelsfall eine Betreffzeile klarstellen. Somit bleibt im ersten Satz Platz, um zu betonen, warum die eigene Bewerbung lesenswert ist. Dabei sollte man nicht zu dick aufzutragen.
„Auch als Erwachsene bin ich bei Geländespielen immer noch mit Begeisterung dabei.“ Dieser Satz passt, wenn es um eine Stelle in der Jugendarbeit geht, die genau diese Tätigkeit beinhaltet. Für ein Volontariat bei einer Tageszeitung könnte es so losgehen: „Ihre Kolumne XY hat mich als Jugendliche so begeistert, dass ich eine Zeitlang selbst Folgen dafür geschrieben habe.“ Für einen Job, der vor allem Organisationstalent erfordert, wäre denkbar: „Zeitpläne aufstellen, To-do-Listen abhaken, Tabellen füllen: Schon seit meinem Studium bin ich gut darin, den Überblick zu behalten und Ressourcen zu managen.“
Wenn es vor der Bewerbung schon ein Gespräch mit dem Unternehmen gab, kann es sinnvoll sein, sich im ersten Satz darauf zu beziehen. Das funktioniert aber nur, wenn der oder die Personalverantwortliche sich an das Gespräch erinnert („Ach, das war die Frau, die gerade ein Fernstudium abgeschlossen hat…“).
Der Einstiegssatz soll bei der Zielperson vor allem ein Gefühl wecken: „Genau auf diese Person habe ich gewartet.“ Einige Bewerber/innen bemühen sich bei ihrer Bewerbung, durch Kreativität und ausgefallene Ideen aufzufallen. Eine Kandidatin berichtete, sie habe sich erfolgreich mit selbst verfassten Vierzeilern beworben. Aber nicht jedem liegen solche Experimente, und sie bergen immer auch die Gefahr, bemüht zu wirken. Ziel sollte erst einmal sein, einen soliden Text abzuliefern. Schließlich gehört das Verfassen von Texten oft mit zu den Aufgaben, für die Geisteswissenschafler/innen eingestellt werden.
3. Der rote Faden
Wer eine Geistes- oder Sozialwissenschaft studiert hat, verfügt mit Sicherheit über eine zentrale Fähigkeit: Er oder sie kann komplexe Themen eingrenzen und strukturieren. Jede Hausarbeit und erst recht jede größere Abschlussarbeit beginnt mit einer Gliederung. An ein Bewerbungsanschreiben sollte man ähnlich herangehen. Auch gute Pressemitteilungen und journalistische Texte werden nicht ins Blaue geschrieben, sondern vorher sorgfältig durchkonstruiert. Wer einfach losschreibt, wird schnell feststellen, dass eine Seite nicht viel Platz bietet.
Am Anfang steht die Überlegung, welche Punkte das Anschreiben enthalten soll. Dabei sollte man nicht von sich selbst, sondern vom Arbeitgeber ausgehen. Konkret heißt das: Eine gute Gliederung entsteht nicht, indem man seinen Lebenslauf nimmt und die einzelnen Stationen eine nach der anderen ins Anschreiben quetscht. Der bessere Weg ist es, sich einmal mehr an der Stellenanzeige zu orientieren.
Die Kernaussagen der Ausschreibung sollten sich im Anschreiben widerspiegeln. Es sind Social-Media-Kenntnisse gefragt? Bisherige Erfahrungen sollten auf jeden Fall auftauchen. Thematisch geht um die Arbeit mit minderjährigen Flüchtlingen? Auf diese spezielle Zielgruppe muss das Anschreiben unbedingt Bezug nehmen. Wer dann zu jedem dieser Punkte einen oder maximal zwei Sätze schreibt, kann alles Wichtige unterbringen, ohne sich unnötig zu wiederholen. Die einzelnen Stationen der bisherigen Laufbahn tauchen dann zwar auf, bilden aber nicht das Grundgerüst der Bewerbung. Für eine vollständige Übersicht gibt es schließlich den Lebenslauf.
4. Keine Schachtelsätze
Einfache Sätze zu schreiben, bedeutet nicht, dass man die Lesenden für schlicht gestrickt hält. Bewerber/innen berücksichtigen damit vielmehr, dass der oder die Personalverantwortliche weder Zeit noch Nerven hat, sich durch komplizierte Schachtelsätze zu wühlen. Es ist eine Frage der Höflichkeit, die Informationen so aufzubereiten, dass sie ohne Zusatzaufwand zu entziffern sind. Deswegen sollten die Sätze in Bewerbungen kurz und klar, aber nicht schlicht sein. Sie können Nebensätze haben, sollen aber nicht ständig durch Einschübe unterbrochen werden.
Das ist vor allem für diejenigen eine Herausforderung, die es gewohnt sind, wissenschaftlich zu schreiben. Der Stil von Abschlussarbeiten oder Fachaufsätzen ist normalerweise gehoben, weil er sich an ein Fachpublikum richtet. Für Bewerbungsanschreiben gelten andere Regeln.
Es ist ein Irrtum, dass ein möglichst komplexes Anschreiben das eigene Fachwissen bestmöglich demonstriert. Stattdessen wirken überkandidelte Sätze eher so, als hätte sie jemand verfasst, der kompliziert oder unstrukturiert denkt – beides wollen Personalverantwortliche in der Regel nicht. Außerdem lesen vielleicht auch andere Abteilungen als die Fachabteilung die Bewerbung.
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Bei komplizierten Sätzen hilft es, sie für ein imaginäres oder echtes Gegenüber mündlich zusammenzufassen. In der gesprochenen Sprache bringen wir Zusammenhänge oft viel direkter auf den Punkt und in die richtige Reihenfolge. Beim Textschreiben besteht hingegen die Gefahr, Sachen komplizierter zu machen, als sie sind. „Weil ich während meiner Tätigkeit als Sozialpädagogin sowohl mit Familien und Jugendlichen als auch mit Senioren gearbeitet habe, habe ich Erfahrung darin, Menschen in verschiedensten Lebenssituationen einfühlsam zu begegnen.“ Dieser Satz lässt sich ohne Probleme umbauen: „Ich habe als Sozialpädagogin Erfahrung darin, Menschen in verschiedensten Lebenssituationen einfühlsam zu begegnen, ob Familien, Jugendlichen oder Senioren.“
Wer gut lesbar schreibt, kann trotzdem mit Fachwissen punkten, aber eben inhaltlich. Relevante Schlagworte vermitteln dem oder der Personaler/in, dass sich jemand auf seinem Gebiet auskennt. Das können die Namen von EDV-Programmen, praktische Methoden oder inhaltliche Schwerpunkte sein – natürlich immer zugeschnitten auf die jeweilige Stellenanzeige.
5. Mehr aktive Verben
Eng damit verknüpft ist ein weiteres Problem, das vor allem Hochschulabsolvent/innen haben: Sie lieben Substantivierungen und machen damit alles viel komplizierter. „Ich habe Erfahrung in der Konzeption von Projekten, dem Verfassen von Berichten, der Organisation von Veranstaltungen und der Durchführung von Evaluationen“, ist ein typisches Beispiel. Viel besser liest sich: „In meiner bisherigen Anstellung habe ich Projekte geplant, Berichte geschrieben sowie Veranstaltungen organisiert und evaluiert.“ Das klingt aktiv, praxisnah und kompetent.
Denen, die bisher vor allem wissenschaftlich geschrieben haben, fällt die Abkehr vom Substantiv-Stil meist nicht leicht. Aber sie lohnt sich! Ein Anschreiben sollte viele, viele Verben enthalten. Schließlich suchen die Arbeitgeber Leute, die etwas tun und anpacken – und welche Wortart würde die Fähigkeiten dafür besser zeigen als das Verb? Dabei kommt es auch darauf an, die richtigen Verben zu verwenden.
Durchführen, erstellen, machen: Das sind schwache Verben, die im Kopf kein Bild erzeugen. Kompetenz vermitteln hingegen Wörter wie leiten, aufbauen, verantwortlich sein, organisieren, unterrichten, planen, modernisieren, neu aufstellen, managen, veranstalten, gründen, etablieren, gestalten, konzipieren. Ähnliches ist es bei Passivkonstruktionen. Wann immer möglich, sollten die Sätze im Aktiv geschrieben sein.
6. Konkret sein
Diese Regel gilt auch für das Anschreiben generell: Je konkreter, desto besser. Ein Worst-Case-Beispiel wäre folgendes: Der Arbeitgeber wünscht sich in seiner Stellenausschreibung jemanden, der oder die „teamfähig und kommunikativ“ ist. Als Pendant steht im Anschreiben dann: „Ich bin teamfähig und kommunikativ.“ Diese fünf Worte sind schnell geschrieben, auch von nicht-kommunikativen Einzelkämpfern. Für den Arbeitgeber hat eine solche pauschale Behauptung deswegen nicht viel Wert. Wenn sie sich in dieser Form dann auch noch in zwei von drei Bewerbungen findet, ist ihre Aussagekraft gleich Null.
Deswegen gelten zwei Regeln bei Bewerbungsanschreiben, die auch Kommunikationsprofis verinnerlicht haben. Erstens sollte ein Text Allgemeinplätze immer vermeiden und stattdessen so konkret wie möglich sein. Zweitens müssen Behauptungen belegt werden. Für die Teamfähigkeit könnte ein passender Satz lauten: „In der Agentur XY habe ich in enger Zusammenarbeit mit Kollegen Werbekampagnen entworfen und gestaltet.“
Das gleiche gilt auch für alle anderen Kompetenzen. Es geht im Anschreiben nicht darum, zu behaupten, etwas gut zu können. Viel wichtiger ist es, zu zeigen, dass man etwas tatsächlich gemacht hat. „Als Projektleiterin habe ich ein zehnköpfiges Team sowie das Projektbudget verantwortet.“ Das klingt viel besser als die Behauptung: „Ich habe Leitungserfahrung.“
Wer keine Berufserfahrung vorzuweisen hat, kann sich an Studentenjobs oder ehrenamtlichen Tätigkeiten orientieren – alles besser, als Behauptungen einfach so in den luftleeren Raum zu stellen. „Ich habe als wissenschaftliche Hilfskraft eine Tagung mitorganisiert und war dabei für die Kommunikation mit den Teilnehmern und Referenten verantwortlich“ klingt einfach besser als „Ich kann gut organisieren“.
Es hat dabei gleich mehrere Vorteile, so konkret wie möglich zu sein. Zum einen können sich Personalchefs und -chefinnen dann eine bessere Vorstellung davon machen, was jemand tatsächlich kann und mitbringt. Wenn man ihre Wünsche trifft, erhöhen sich die Chancen, eine Einladung zum Bewerbungsgespräch zu bekommen. Zum anderen schaffen konkrete Beispiele auch einen Wiedererkennungswert. „Das war die, die Tierschutzkampagnen geplant hat“, heißt es dann bei der Besprechung der Bewerbungen.
Auf diese Weise geht das eigene Anschreiben nicht als 08/15-Text zwischen anderen unter. Es sticht hervor und bleibt besser in Erinnerung. Der dritte Vorteil von konkreten Beispielen ist, dass eine Bewerbung auch beim schnellen Scannen eher hervorsticht. Wer auf der Suche nach konkreten Stichworten ist, bleibt an „Ich habe die Firmenkanäle auf Twitter, Instagram und Pinterest betreut“ eher hängen als an der Phrase „Ich habe Social-Media-Kompetenzen“. Ein gutes Anschreiben ist ein sehr individueller Text. Ein/e ganz bestimmte/r Bewerberin richtet es an einen ganz bestimmten Arbeitgeber und stellt klar, warum beide gut zusammenpassen. An dem Text darf nichts Austauschbares und Schwammiges sein. Beim Lesen soll das Bild von einer konkreten Person mit konkreten Kompetenzen entstehen.
7. Nichts voraussetzen
Ethik der Textkulturen? Sozialraumentwicklung und -organisation? Visual and Media Anthropology? All das sind aktuelle Masterstudiengänge. Ziemlich unwahrscheinlich, dass sich Personalverantwortliche darunter etwas vorstellen können. Es reicht also nicht, die Studiengänge einfach zu benennen – und darauf zu hoffen, dass die Personalabteilung das Curriculum googelt, wenn sie mehr wissen will.
Bewerbungen zu lesen macht schließlich Arbeit, und wenn eine einzelne Bewerbung zu viel Zeit kostet, wird sie aussortiert. Deswegen ist es bei Studiengängen und bisherigen Tätigkeiten sinnvoll, sie nicht einfach nur aufzuzählen, sondern näher zu beschreiben und einzuordnen. Es gilt: Grundsätzlich sollte im Anschreiben kein Vorwissen vorausgesetzt werden. Das machen Journalist/innen ja genauso, wenn sie auch nach zwölf Jahren Kanzlerschaft immer noch „Bundeskanzlerin Angela Merkel“ schreiben, obwohl den meisten Leser/innen wohl ein schlichtes „Merkel“ reichen würde.
Es ist oft gar nicht so einfach, sich selbst darüber klarzuwerden, was andere alles nicht wissen. Wer in einer bestimmten Branche „drinsteckt“, hält Vieles für selbstverständlich. Aber gerade wer mit seiner Bewerbung in ein neues Feld hineinkommen oder den Ort wechseln möchte, sollte genau überlegen, was im Anschreiben erklärt werden muss.
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Die Tageszeitung, für die man gearbeitet hat, ist im eigenen Bundesland jedem bekannt. Woanders haben die Menschen noch nie von ihr gehört – da hilft im Anschreiben ein kurzer Hinweis auf die Auflagenhöhe. Im Politikstudium lag der Schwerpunkt auf EU-Politik inklusive Exkursion nach Brüssel? Bitte gesondert erwähnen – denn ein Mitbewerber hat vielleicht ebenfalls Politikwissenschaft studiert, den Schwerpunkt aber auf politische Philosophie gelegt.
Natürlich ist es unmöglich, seinen bisherigen Werdegang auf einer Seite mit allen Einzelheiten zu erläutern. Es fehlt an Platz, um sämtliche Studieninhalte und Berufserfahrungen genau aufzuschlüsseln. Auch hier sollte man sich wieder von der Stellenanzeige und den Anforderungen der Arbeitgeber leiten lassen. Das hilft, die relevanten Punkte zu finden und hervorzuheben. Alles, was keinen direkten Bezug zur Stelle hat, kann man vernachlässigen.
8. Text entschlacken
Platz ist generell ein Problem im Anschreiben. Schreibfreudige können locker drei Seiten füllen mit dem, was sie dem potenziellen Arbeitgeber zu sagen haben. Um alles auf eine Seite zu quetschen, fängt man dann oft das Tricksen an. Geht es auch mit einer Schriftgröße kleiner? Und mit ein bisschen weniger Zeilenabstand? Mit etwas weniger Seitenrand?
Bevor die Seite total überladen aussieht, lohnt es sich, am Text zu kürzen. Bei den eigenen Werken fällt das meistens besonders schwer. Es hilft, das Anschreiben eine Nacht liegen zu lassen und am nächsten Morgen noch einmal zu lesen. Dann fällt leichter auf, welche Wörter verzichtbar sind. Ziel ist es, einen schlanken und gut lesbaren Text zu haben.
Der erste Schritt ist es, Wiederholungen auszumerzen. Was zusammengehört, sollte zusammenstehen, und nicht an mehreren Stellen im Text erwähnt werden. Oft formuliert man den gleichen Sachverhalt in verschiedenen Varianten. Deswegen lohnt es sich zu prüfen: Enthält wirklich jeder Satz eine neue Aussage? „In der Pressestelle der Hochschule XY war ich für die Universitätszeitschrift verantwortlich. In dieser Funktion habe ich Themen geplant, Artikel geschrieben und Texte redigiert.“ Dieser Satz lässt sich ohne Probleme kürzen: „In der Pressestelle der Hochschule XY habe ich als Leiter der Universitätszeitschrift Themen geplant, Artikel geschrieben und Texte redigiert.“ Dabei sollte man daran denken, dass auch der Lebenslauf noch einige Informationen liefert. Ins Anschreiben gehören deswegen nur die „Highlights“ – ohne Anspruch auf Vollständigkeit.
Im zweiten Schritt sollten alle Sätze noch einmal auf Phrasen und Allgemeinplätze kontrolliert werden. Die Textstücke, die in allen Bewerbungen gleich aussehen, sollten so kurz wie möglich sein, weil sie keine eigene Aussage enthalten. Natürlich braucht es eine Anrede und eine Schlussfloskel. Erstere sollte aber auf jeden Fall einen konkreten Namen enthalten und letztere kurz und prägnant sein. Auf diese Weise lässt sich Platz sparen.
Der dritte Schritt ist es, noch einmal genau auf die verwendeten Wörter zu schauen. Es gibt viele Füllwörter, die ohne Funktion im Satz herumstehen und Platz kosten. Ganz vorne mit dabei ist das Wörtchen „auch“, das gerne in Sätze verbaut wird und sich im schlimmsten Fall in jedem zweiten Satz wiederholt. „Also“ ist ebenfalls ein typisches Füllwort, das sich oft eliminieren lässt.
9. Fehlerloses Layout
Wenn der Inhalt steht, ist das Schwierigste geschafft. Ein bisschen Zeit kostet es dann noch, das Layout in Form zu bringen. Dabei darf man nicht schludern: Der schönste Text nützt nichts, wenn er noch vor dem Lesen wegen formaler Fehler aussortiert wird. Eine halbe Stunde für den letzten Schliff muss also drin sein. Sind wirklich alle Rechtschreibfehler beseitigt? Stimmt die Schriftgröße? Ist der Text übersichtlich angeordnet? Sind alle Namen und Kontaktdaten richtig geschrieben und vollständig?
Der Teufel steckt im Detail. Ein Kommafehler scheint verzeihlich. Bei Dutzenden Bewerbungen dient er Personaler/innen aber als willkommener Vorwand, eine Person gleich am Anfang auszusortieren. Außerdem enthält das Layout eine Botschaft. Im Idealfall diese: Ich kann sorgfältig, fehlerfrei und strukturiert arbeiten. Wer über Bewerbungen entscheidet, hat oft sehr wenige Anhaltspunkte, um den oder die Bewerber/in zu beurteilen. Da werden auch Kleinigkeiten plötzlich wichtig – und das bessere Anschreiben gewinnt. Das gilt noch einmal mehr, wenn es in der angestrebten Stelle darum geht, mit Texten zu arbeiten. Dann dient das Anschreiben von Vorneherein als Beweis, dass man darin fit ist.
10. Gegenlesen lassen
In Redaktionen gehört es ganz selbstverständlich dazu: das Gegenlesen. Man kann noch so sorgfältig arbeiten – irgendwann wird man „betriebsblind“. Wer dieselben Sätze zum dreißigsten Mal liest, sieht nicht, dass nach der zehnten Änderung ein Buchstabe im Wort fehlt. Es ist deswegen unbedingt zu empfehlen, dass ein weiteres Augenpaar das fertige Anschreiben auf Fehler scannt. Da fallen dann oft noch einmal Rechtschreibfehler auf. Oder es wird klar, dass der Aufbau unübersichtlich ist und noch ein Absatz gesetzt werden muss.
Das Gegenlesen hat aber noch einen weiteren Grund. Demjenigen, der einen Text schreibt, ist im Normalfall glasklar, was er ausdrücken will. Ob die Botschaft genauso klar beim Empfänger ankommt, steht allerdings auf einem anderen Blatt. „Ich freue mich, Sie bei Ihrer Arbeit zu unterstützen.“ Dieser Satz ist fehl am Platz, wenn es um eine Leitungsfunktion geht – in der es eben nicht Ziel ist, jemand anderem zuzuarbeiten, sondern selbst Entscheidungen zu treffen. „Ich würde mich über eine Einladung zum Vorstellungsgespräch sehr freuen.“ Dieser Satz klingt eher zögerlich. „Ich freue mich auf eine Einladung zum Vorstellungsgespräch“, zeugt von mehr Selbstbewusstsein. Eine Bewerbung sollte frei von solchen missverständlichen Aussagen sein. Entsprechendes Feedback kann nur eine Person geben, die den Text zum ersten Mal liest.
Sie kann auch prüfen, ob alle Fragen beantwortet sind. Bleibt irgendetwas unklar? Fehlt eine Erklärung? Ist ein Zusammenhang unschlüssig? Keine Bewerbung sollte ohne das Vier-Augen-Prinzip verschickt werden. Wer in seinem Umfeld niemanden zum Gegenlesen hat, kann mit anderen Bewerberinnen und Bewerbern Tandems bilden, bei denen man sich gegenseitig unterstützt. Die Bewerbungscafés des WILA sind zum Beispiel eine gute Möglichkeit, Partner/innen zu finden.