Arbeitszeugnisse verstehen und schreiben
Viele Mitarbeiter müssen ihr Arbeitszeugnis selbst schreiben. Keine einfache Aufgabe. Foto: Fotolia / Thomas Bethge

Arbeitszeugnisse verstehen und schreiben

Zeugnissprache ist ein Buch mit sieben Siegeln. Oft ist nicht klar, wie die Beurteilung nun lautet. Noch schwerer: sein eigenes Arbeitszeugnis selbst schreiben. Einige Tipps.

Text: Jasmin Schwarzenbart 

Arbeitszeugnisse sollten möglichst positiv, umfassend und individuell sein. Doch ist mein Arbeitszeugnis das auch? Die Interpretation der Formulierungen und Einschätzung der Beurteilung kann schwierig sein.

Obwohl Geheimcodes in Arbeitszeugnissen laut eines Urteils des Bundesarbeitsgerichts im Jahr 2008 unzulässig sind, gibt es auch mehr oder minder erlaubte Formulierungen, die auf den ersten Blick nicht böse scheinen, aber doch etwas ganz Anderes meinen, als geschrieben steht. 

Gesellig = Betrunken? 

Beispiele für eigentlich verbotene Codes sind: „Mit seiner geselligen Art trug er zur Verbesserung des Betriebsklimas bei“ (= Mitarbeiter/in hat Alkoholprobleme) oder „Er trat engagiert für die Interessen der Kollegen ein“ (= er/sie war im Betriebsrat). Aber auch Auffälligkeiten im Text können solche nicht erlaubten Geheimcodes sein. Dazu gehören unter anderem Ausrufezeichen, Fettungen, Auslassungspunkte oder absichtlich missglückte Unterschriften. Im Arbeitszeugnis haben sie nichts zu suchen.

Wer ein Arbeitszeugnis ausgehändigt bekommt, sollte als erstes kontrollieren, ob das Arbeitszeugnis formal vollständig ist. Fehlt beispielsweise die Dankesformel, kann das ein Fehler, aber auch böse Absicht sein. In diesem, wie auch in anderen Fällen, gilt: Mit dem Verfasser oder der Verfasserin des Arbeitszeugnisses ein klärendes Gespräch führen!

Benotung in Arbeitszeugnissen 

Am interessantesten und strittigsten bei Arbeitszeugnissen ist die Beurteilung der Leistung und des Verhaltens. Denn hieraus können zukünftige Arbeitgeber Schlüsse auf die Qualitäten der Arbeitnehmerin oder des Arbeitnehmers ziehen. Die bekannteste Formulierung zur zusammenfassenden Bewertung ist wohl „stets zu unserer vollsten Zufriedenheit“, was der Gesamtnote 1 entspricht. Dagegen ist „zur vollen Zufriedenheit“ nur befriedigend.

Generell sollte man Formulierungen mit gesundem Menschenverstand hinterfragen. So mag folgender Satz eigentlich ganz harmlos wirken: „Frau Müller hat alle Arbeiten ordnungsgemäß erledigt.“ Doch wer hinter die Sprachwahl blickt, stellt fest, dass Frau Müller zwar pflichtbewusst ist, aber wahrscheinlich keinerlei Eigeninitiative gezeigt hat. Ein anderes Beispiel: „Mit seinen Vorgesetzten ist Herr Müller gut zurechtgekommen“ (= er hat nie den Mund aufgemacht und seine Meinung gesagt). 

Arbeitszeugnis selbst schreiben

Bei Beachtung dieser Grundlagen braucht man eigentlich keine Angst vor folgender Aufforderung haben: „Schreiben Sie doch Ihr Arbeitszeugnis selbst! Wir schauen dann auch drüber.“ Wer das von seiner Vorgesetzten oder dem verantwortlichen Personaler gesagt bekommt, weiß oftmals nicht, ob das nun ein Grund zur Freude ist oder nicht.

Auf der einen Seite bietet es die Chance, sich ein sehr gutes Zeugnis auszustellen. Auf der anderen Seite kennt man sich als normale/r Beschäftigte/r meist nicht so wirklich gut mit der Zeugnissprache aus.

Wer aufgefordert wird, sein Arbeitszeugnis selbst zu verfassen, ist mit „dem Problem“ nicht allein. Wie eine Studie der Uni Jena herausfand, lassen knapp 40 Prozent der Unternehmen die Arbeitszeugnisse zumindest manchmal von den scheidenden Mitarbeiter/innen verfassen.

Wenn man die Studie liest, drängt sich einem der Verdacht auf, dass das vielleicht gar nicht so schlecht ist. Denn viele der Personalverantwortlichen, die die Arbeitszeugnisse eigentlich schreiben sollten, haben keine Schulung hierfür; in kleinen Unternehmen liegt die Zahl der „Ungelernten“ sogar bei 80 Prozent. Auch der Zeitaufwand für die Zeugniserstellung erscheint relativ gering. Durchschnittlich werden 1,2 Stunden hierfür verwendet. Nur ein Drittel der Zeugnisschreiber/innen führt ein Vorgespräch mit den Vorgesetzten der zu bewertenden Person.

Gängige Formulierungen und ihre Bedeutung

  • Sehr gut
  • „ihre Leistungen waren stets zu unserer vollsten Zufriedenheit“
  • „hat den Erwartungen in jeder Hinsicht und allerbester Weise entsprochen“
  • „verlässt uns auf eigenen Wunsch, was wir außerordentlich bedauern“
  • Gut
  • „hat die ihm übertragenen Arbeiten stets zu unserer vollen Zufriedenheit erledigt“
  • „sein/ihr Verhältnis zu Vorgesetzten, Mitarbeitern und Kunden war stets einwandfrei“
  • „hat die Aufgaben mit äußerster Sorgfalt und Genauigkeit erledigt“ 
  • Befriedigend
  • „hat zu unserer vollen Zufriedenheit gearbeitet“
  • „zeigte Engagement und Initiative“
  • „arbeitete sorgfältig und genau“
  • Ausreichend
  • „hat alle Aufgaben zu unserer Zufriedenheit erledigt“
  • „hat unseren Erwartungen entsprochen“
  • „war immer mit Interesse bei der Sache“

Arbeitszeugnis schreiben lassen

Also doch: selbst schreiben! Bei dem einen oder der anderen wird trotzdem die Unsicherheit bleiben, dass man nicht geübt in der Zeugnissprache ist. Da liegt die Überlegung nicht fern, einen Dienstleister zu bezahlen. Im Internet gibt es Anbieter, die das Schrei­ben ab circa 80 Euro übernehmen. Die teuersten Angebote liegen bei ungefähr 400 Euro. In der Regel sind solche Leistungen zwar steuerlich absetzbar, aber die Qualität lässt sich – wenn überhaupt – erst im Nachhinein abschätzen.

Einer der ersten Schritte bei der Erstellung des eigenen Arbeitszeugnisses ist zu überlegen, welchen Aufgaben und Tätigkeiten man nachgegangen ist. Das zu strukturieren und sinnvoll zusammenzufassen, ist nicht immer einfach. Üblich ist die Darstellung in Listen beziehungsweise Tabellen. Ausufern sollten diese aber nicht. Wichtige Tätigkeiten sollten eher am Anfang stehen als am Ende.

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Noch kniffeliger wird es bei der Leistungs- und Verhaltensbeurteilung. Sehr hilfreich hierbei kann es sein, eigene alte Arbeitszeugnisse oder die von Freunden oder Verwandten anzuschauen. Prinzipiell bietet auch das Internet kostenlose Zeugnisgeneratoren, die aus vorgefertigten Satzbausteinen mit einigen Zusatzangaben einen Text zusammenwürfeln. Doch die sind selbstverständlich mit Vorsicht zu genießen. An generierten Texten muss auf jeden Fall noch gefeilt werden, individuelle Passagen müssen eingebaut werden. 

Wer Erfahrung mit Schreiben hat, ist beim Erstellen von Arbeitszeugnissen ganz klar im Vorteil. Letztlich gelten auch hier Regeln, die genauso für andere Texte greifen: Passivformulierungen wirken schnell so, als habe man nur reagiert, aber selbst nichts gemacht. Statt „sie hatte das Budget zu verantworten“ sollte es besser heißen „sie verantwortete das Budget“. Ebenso gilt es, die richtigen Verben zu finden. Aktive Verben wie „verbesserte“, „erreichte“ oder „setzte durch“ drücken Eigenmotivation und Erfolg aus.

Mit einem ersten Entwurf kann man dann zum Vorgesetzten gehen und ihn bitten, die Formulierungen nochmal zu prüfen. Die meisten Arbeitgeber wollen einem keine Steine in den Weg legen, gerade wenn man auseinandergeht, weil beispielsweise ein befristeter Arbeitsvertrag ausgelaufen ist. Viel falsch machen kann man beim Arbeitszeugnisschreiben in diesem Fall nicht. 

Das gehört in ein Arbeitszeugnis

  • Überschrift: Das Wort „Zeugnis“ muss in der Überschrift stehen – ganz egal ob „Arbeitszeugnis“, „Abschlusszeugnis“ oder „Dienstzeugnis“. Wörter wie „Arbeitsbescheinigung“ oder „Beurteilung“ haben in der Überschrift nichts zu suchen.
  • Einleitung: Eigentlich ist die Angabe von Namen, Geburtsdatum und -ort selbstverständlich, trotzdem wurde sie schon manchmal vergessen. Nicht unbedingt zwingend, aber doch üblich, ist eine kurze Beschreibung des Unternehmens.
  • Tätigkeitsbeschreibung: Hier sollten zuerst der Stellentitel und die Position ebenso wie die Beschäftigungsdauer und der Umfang der Stelle (Voll-/Teilzeit) genannt werden. Die Beschreibung der Aufgaben sollte ausführlich und allgemein verständlich (branchenübergreifende Begriffe) sein. Die Komplexität (Schwierigkeit der Aufgabe) und der Verantwortungsbereich (z. B. Budget- und Personalverantwortung) sollten ebenfalls genannt werden.
  • Beurteilung der Leistung: Die Leistungsbeurteilung kann unterteilt werden in die Bewertung der Arbeitsbereitschaft (z. B. Eigeninitiative, Engagement), der Arbeitsbefähigung (z. B. Kreativität, Stressresistenz), der Arbeitsweise (z. B. Struktur, Zuverlässigkeit), der Arbeitserfolge (z. B. Quantität, Qualität, Weiterbildung) und ggf. Führungsleistung (z. B. Zahl und Motivation der Mitarbeiter/innen). Am Ende muss eine abschließende Beurteilung der Gesamtleistung stehen (z. B. „hat stets zu unserer vollsten Zufriedenheit gearbeitet“).
  • Beurteilung des sozialen Verhaltens: Hier wird der Umgang mit Vorgesetzten, Kolleg/innen und Kund/innen bewertet (z. B. Teamfähigkeit, Verhandlungsstärke, Diskretion).
  • Beendigungsformel: Die Gründe fürs das Ausscheiden aus dem Unternehmen werden angeführt (z. B. Ende eines befristeten Arbeitsverhältnisses, Kündigung auf Wunsch des Arbeitnehmers).
  • Dankesformel: Durch das Ausdrücken des Bedauerns über das Ausscheiden sowie gute Wünsche für die Zukunft wird das Zeugnis aufgewertet.
  • Ort, Datum, Unterschrift: Der Name des Unterschreibenden sollte gedruckt unter der Unterschrift stehen, außerdem sollte dessen Funktion aufgeführt sein.

 

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