Im Zeichen der Umwelt
Ein Siegel für die ökologisch und sozial verantwortliche Waldbewirtschaftung ist das FSC. Dahinter stehen Expertinnen und Experten, die die Standards überprüfen. Foto: © Lilli / Fotolia.de

Im Zeichen der Umwelt

Öko-Labels wie der Blaue Engel, FSC und Bioland kennzeichnen Produkte als umweltfreundlich. Welche Jobs stecken hinter diesen drei, weitverbreiteten Umweltzeichen?

Von Jasmin Welker

Würde man Sven Gebhart mitten in der Nacht wecken, könnte er die Standards für die FSC-Produktzertifizierung fehlerfrei herunterbeten. „Wer in der Zertifizierung arbeiten möchte, dem sollten die Standards natürlich in Fleisch und Blut übergegangen sein“, summiert der studierte Forstwissenschaftler die Voraussetzungen für seinen Job. Bei der IMOswiss AG ist er mitverantwortlich für die Zertifizierung von Produkten mit dem FSC (Forest Stewardship Council)-Label. 

Das Schweizer „Institut für Marktökologie“ (IMO) ist eine international agierende Kontrollstelle für nachhaltige Produkte und hat unter anderem auch einen Sitz in Deutschland. Neben der Zertifizierung für das FSC-Label ist das Institut für weitere Öko-Labels tätig, unter anderem für MSC, Demeter oder Naturtextil.

„Es ist auf jeden Fall von Vorteil, wenn man bei der Zertifizierung von FSC einen forstwissenschaftlichen Hintergrund hat“, sagt Sven Gebhart. In der Regel arbeiten bei der IMOswiss AG in den verschiedenen Bereichen Frauen und Männer mit jeweils passendem fachlichem Studienabschluss. „Aber auch wer anderweitig einschlägige Erfahrungen gesammelt hat, kann prinzipiell einsteigen.“

Bürotäter und Geschäftsreisender

Seit einem Jahr arbeitet Sven Gebhart nun bei der IMOswiss AG. Es ist sein erster Job nach dem Studium. Durch ein Praktikum bei FSC kam er in den Bereich der Produkt-Zertifizierung. Passenderweise war die Stelle bei der IMOswiss AG gerade ausgeschrieben, als er einen Job suchte. Dem Familienvater war bei der Entscheidung für einen Arbeitgeber wichtig, dass es sich um ein glaubwürdiges Zeichen handelt. „Mir gefällt an meinem Job die Abwechslung zwischen Bürotätigkeiten und Audits bei den Unternehmen.“


Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist für ihn kein Problem. Meist finden zwei Audits an einem Tag statt – wenn er weitere Strecken für die Termine bei den Unternehmen vor Ort fahren muss, übernachtet er im Hotel. Er prüft Unternehmen der gesamten Wertschöpfungskette. Zu seinen Kunden zählen beispielsweise Sägewerke, Druckereien, Großpapierhändler oder Designbüros. Vor Ort kontrolliert er neben anderen Vorgängen, ob im Wareneingang die FSC-Abstammung des Holzes korrekt vermerkt ist und ob die Ablage von FSC-zertifizierten Produkten getrennt von solchen erfolgt, die nicht das Umweltzeichen tragen.

Selbstverständlich schaut sich Sven Gebhart auch die einzelnen Abläufe der Verarbeitung an. „Natürlich versteht man als Laie da manchmal nicht alles, aber dann muss man halt nachfragen. Man sollte in meinem Job auf jeden Fall kommunikativ sein und sich nachzufragen trauen.“ Daneben empfiehlt er Leuten, die in dem Bereich arbeiten wollen, EDV-Kenntnisse mitzubringen, denn Dokumentation, Abrechnung etc. laufen über spezielle Programme. Da es sich bei FSC um einen internationalen Standard handelt, sind laut Sven Gebhart Englischkenntnisse darüber hinaus von Vorteil. Gelernt hat er seinen Job vor allem dadurch, dass er am Anfang andere Auditorinnen und Auditoren begleitet hat. Daneben hat er am Training „ISO 19011 Course for Auditors to FSC Standards“ der Astra-Academy teilgenommen. Auch FSC selbst schult externe Auditor/innen.

Den einen Zugang zu einem Job in der Zertifizierung gebe es nicht, erklärt Henning Scholtz, Leiter des Bereiches Umweltzeichen bei der RAL gGmbH. Als Zeichenvergabestelle des Blauen Engels ist das gemeinnützige Unternehmen verantwortlich für die Prüfung, ob ein Produkt die Anforderungen für das Öko-Label erfüllt, sowie für die Durchführung von Expertenanhörungen. Daneben betreut RAL – mit Sitz in Sankt Augustin bei Bonn – das Europäische Umweltzeichen „EU-Ecolabel“. Insgesamt sechs Personen sind mit der Vergabe der beiden Umweltzeichen beschäftigt, darunter zwei Chemiker und eine Biologin.

„Man braucht kein absolutes Fachwissen, aber ein technisches Verständnis ist für unsere Aufgaben nicht verkehrt“, sagt Henning Scholtz. Die vier Referent/innen für Umweltzeichen prüfen Anträge von ganz unterschiedlichen Produkten. „Da kann es sein, dass man zuerst mit einem Drucker und dann mit einer Babywindel zu tun hat.“ Ein Unternehmen, das auf sein Produkt den Blauen Engel drucken möchte, reicht bei der RAL gGmbH einen entsprechenden Antrag ein. Die Referent/innen prüfen dann, ob das Produkt / die Dienstleistung die spezifischen Anforderungen erfüllt.

Externe Audits wie bei anderen Öko-Labeln finden beim Blauen Engel nicht statt. Die Entscheidung, ob ein Produkt den Blauen Engel tragen darf, basiert auf den so genannten Vergabegrundlagen. Diese Listen mit Kriterien, die Produkte erfüllen müssen, gibt es von „A“ wie Austauschkatalysator bis „W“ wie Wärmeverbundsysteme. Außerdem führt die RAL gGmbH im Vorfeld der Erarbeitung von Vergabegrundlagen für neue Produktgruppen Expertenanhörungen durch, an denen unter anderen Wirtschaft, Verbraucher- und Umweltverbände beteiligt sind.

Verwaltung ja, aber kein Hexenwerk

„Die Zertifizierung ist letztlich kein Hexenwerk, vielmehr sind es immer wieder dieselben Verwaltungsabläufe. Man muss die Anforderungen der Vergabegrundlagen aber natürlich verstehen und nachvollziehen können, wenn man in dem Bereich arbeitet“, sagt Henning Scholtz. Eine einschlägige Fortbildung, die in die Tätigkeit führt, gibt es nicht. „Die Einarbeitung in das Feld ist kompliziert, aber wir nehmen uns dafür auch Zeit.“ Voraussichtlich demnächst sucht die RAL gGmbH für den Bereich Umweltzeichen einen neuen Angestellten. „Wir möchten auch jungen Leuten eine Plattform geben und sind daher offen für Bewerberinnen und Bewerber, die frisch aus dem Studium kommen.“

Die Karriereleiter ist bei der RAL gGmbH begrenzt. Das weiß auch Henning Scholtz. „Ich kann natürlich nicht verhindern, wenn jemand wechseln möchte. Den Prozess der Vergabe von Zeichen, den man bei uns lernt, ist ein Rüstwerk, mit dem man auch bei anderen Arbeitgebern gut anfangen kann. Aber ich denke, die teilweise sehr lange Betriebszugehörigkeit unserer Mitarbeiter zeigt, dass wir ein attraktiver Arbeitgeber sind.“

Wenn es inhaltlich passt, ermöglicht die RAL gGmbH ihren Mitarbeiter/innen entsprechende Weiterbildungen. „Die Bezahlung ist verhandelbar bei uns, da es keinen Tarif gibt, und richtet sich nach den Erfahrungen, die ein Bewerber mitbringt“, sagt Henning Scholtz.

Gehaltseinschätzung

Die Bezahlung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die bei Bioland für die Vergabe des Öko-Labels verantwortlich sind, schätzt Walter Heinzmann, Leiter der Qualitätssicherung, als durchschnittlich bis gut ein. „Mit den Gehältern von großen Agrarbetriebsmittelherstellern können wir natürlich aber nicht mithalten.“

Bevor ein landwirtschaftlicher oder verarbeitender Betrieb Mitglied bei Bioland werden und somit das Öko-Label auf seine Produkte drucken kann, werden die folgenden Schritte durchlaufen. Zuerst findet eine Beratung statt. Hier arbeiten laut Walter Heinzmann die meisten Mitarbeiter. Knapp 50 Leute sind es.

Ein zumindest mit dem Bachelor abgeschlossenes Studium sollten Bewerberinnen und Bewerber mitbringen sowie einschlägige Erfahrungen im Agrarbereich. Die Beraterinnen und Berater zeigen den landwirtschaftlichen Betrieben, was sie verändern müssen, wenn sie auf ökologische Landwirtschaft umstellen wollen. „Wer als Beraterin oder Berater bei uns arbeitet, sollte auch betriebswirtschaftliche Kalkulation beherrschen. Denn das ist für viele Betriebe das schlagende Argument.“

Für die eigentliche Kontrolle der Betriebe bedient sich Bioland externer Kontrollstellen, wie zum Beispiel ABCERT. Diese prüfen den Betrieb bei der ersten Antragsstellung zur Aufnahme einer Mitgliedschaft und dann jedes Jahr ein weiteres Mal. Außerdem werden gelegentlich unangekündigt Stichproben durchgeführt. Bei einem Rundgang gewinnt der Kontrolleur oder die Kontrolleurin einen ersten Eindruck über Pflanzenbestände und Tierhaltung. Außerdem kontrollieren sie die Dokumentation des Betriebs, zum Beispiel auf den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln. Insgesamt 6.200 Erzeuger- und über 1.000 Hersteller-Betriebe – vom klassischen Schweinezuchtbetrieb über Winzer bis zum Naturkosthandel – sind Mitglied bei Bioland und werden so regelmäßig kontrolliert.

Und am Ende steht ...

Die eigentliche Erteilung des Zertifikats erfolgt dann durch Angestellte von Bioland. Insgesamt fünf Fachreferent/innen arbeiten in diesem Bereich - drei sind verantwortlich für Erzeuger-Betriebe und zwei für die verarbeitenden Betriebe. „Letzteres hat viel mit den eigentlichen Lebensmitteln zu tun, sodass hier die Beschäftigten aus den Ernährungswissenschaften kommen“, erklärt Walter Heinzmann. Die Aufgabe der Fachreferent/innen ist es, die Gutachten der Zertifizierungsdienstleister zu prüfen.

„Wer bei Bioland arbeiten möchte, sollte schon im Studium einen Schwerpunkt auf ökologische Landwirtschaft gelegt haben. Man wechselt nicht so schnell mal von einem Label zum nächsten“, empfiehlt der Leiter der Qualitätssicherung. Personen, die zuvor in der Zertifizierung von anderen Öko-Labeln gearbeitet haben, finden sich unter den Bioland-Mitarbeitenden eher nicht.

Für Leute, die bei Bioland einsteigen wollen, sieht es momentan relativ gut aus. „Die Pioniergeneration geht bald in Rente, sodass Stellen frei werden. Erfahrene Fachkräfte sowohl für die Beratung als auch die Kontrolle sind Mangelware.“

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