Garten- und Landschaftsbau: Zwischen Büro und Baustelle
Benjamin Küsters führt einen Familienbetrieb in der zweiten Generation. Er fordert von Bewerberinnen und Bewerbern vor allem praktische Erfahrung.
Benjamin Küsters ist Geschäftsführer des Familienbetriebs Gartenhof Küsters GmbH. Der Landschaftsgärtner, Soziologe/Politologe und Master of Business Administration führt den Familienbetrieb in Neuss am Niederrhein, den sein Vater 1964 aufgebaut hat, seit vier Jahren in zweiter Generation. Darüber hinaus ist der 38-Jährige Mitglied des Präsidiums im Verband Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau Nordrhein-Westfalen e.V. Mit ihm sprach Katharina Hamacher.
Herr Küsters, Sie haben nicht den klassischen Werdegang eines Akademikers im Garten- und Landschaftsbau absolviert. Wie hat sich Ihr beruflicher Weg entwickelt?
Ich habe zunächst eine Ausbildung zum Landschaftsgärtner abgeschlossen und anschließend mein Abitur auf dem zweiten Bildungsweg gemacht. Auf meine Ausbildung aufbauend habe ich Soziologie und Politologie studiert und mit dem Master of Business Administration, dem englischsprachigen BWL-Abschluss, ergänzt.
Während meines Studiums habe ich Studien zu Markt- und Motiv-Forschung veröffentlicht und Erfahrung im politischen sowie strategischen Beratungsbereich gesammelt. Seit 2010 bin ich als Nachfolger in das Familien-Unternehmen Gartenhof Küsters GmbH eingetreten. Meine Erfahrungen während Ausbildung und Studium helfen mir dabei, das Unternehmen zu führen.
Worauf ist Ihr Betrieb spezialisiert?
Unser Unternehmen ist auf Großprojekte, Dachbegrünung, hochwertige Hausgärten und Außenanlagenpflege spezialisiert. Überwiegend gewerbliche Auftraggeber und Privatleute fragen unsere Leistungen an, einige wenige Projekte sind öffentlich. Wir schaffen grüne Lebenswelten, etwa im Rahmen unserer Innenraumbegrünung mit der Anlage und Pflege einzelner Haus- und großer Bürobegrünung bis hin zur Indoor-Begrünung großer Wellness-Anlagen.
Vor einigen Jahren etwa haben wir einen ganz neuen, ökologisch ausgewogenen Stadtteil von Zutphen in den Niederlanden gestaltet. Als Generalunternehmen im grünen Bereich übergeben wir dem Kunden sozusagen einen schlüsselfertigen Garten. Statt mehrere Handwerksbetriebe zu engagieren, schaffen wir alles aus einer Hand: Bepflanzung, Terrassenbau und Pflasterarbeiten, Beleuchtung, Regenwasser-Management, Be- und Entwässerungssysteme sowie Medientrassen.
Wie sieht Ihr beruflicher Alltag aus?
Mein Schwerpunkt ist der kaufmännische Part des Unternehmens, wobei ich auch die jüngeren Bauleiter im operativen unterstütze. Die aktuell rund 120 Mitarbeiter unseres Betriebs arbeiten in verschiedenen gärtnerischen Abteilungen. Einige der Mitarbeiter, mit denen ich eng zusammenarbeite, haben bei uns ihre Ausbildung gemacht und sind nach dem Meister oder Ingenieurstudium wieder zurück gekommen.
Im Durchschnitt bilden wir 15 junge Frauen und Männer zu Landschaftsgärtnern aus. Auch Studenten der Landschaftsarchitektur nutzen gerne die Möglichkeit, ihr Praxissemester in unserem Unternehmen zu absolvieren und ihre Kenntnisse im Bereich Bauleitung auszubauen. Zusätzlich haben Bachelor- und Master-Studenten die Gelegenheit, Fragestellungen für Ihre Abschluss- und Studienarbeiten hier betreuen zu lassen. Auch für sie stehen wir gerne als Ansprechpartner zur Verfügung.
Was schätzen Sie besonders an Ihrem Beruf?
Er findet draußen statt, in unserer Umwelt. Gerade dass wir mit der Pflanze und Bautechnik im besten Fall so umgehen, dass daraus ein positives Lebensumfeld für den Menschen und die Natur entsteht, macht unseren Beruf für mich so einzigartig. Wir schaffen echte Lebensräume, eben nicht virtuell, sondern ganz konkret und zwar Hand in Hand mit dem Kunden und nach den Wünschen aller Beteiligter: Wir bilden ja immer auch die verschiedensten Vorstellungen des Zeitgeistes und Strömungen der Gesellschaft sowie die des individuellen Kunden und des planenden Architekten im Freiraum ab. In diesem Prozess trägt jeder dieser Akteure seinen entscheidenden Teil dazu bei. Wir übersetzen Ideen in Realität. Das, finde ich, macht unseren Beruf so wertvoll.
Wie hat sich der Arbeitsmarkt für Garten- und Landschaftsbauer Ihrer Wahrnehmung nach in den vergangenen Jahren verändert?
Es hat eine Professionalisierung stattgefunden. Auf der anderen Seite verschiebt sich der Wunsch der jungen Leute - die sich zum Meister, Techniker oder an der Hochschule weitergebildet haben - hin zu einer Tätigkeit im Büro, weg von der Baustelle. Das ist dem gesellschaftlichen Trend entsprechend nachvollziehbar. Ich finde es schade, wenn auch verständlich.
Meines Erachtens sinkt damit aber auch die dringend benötigte Praxiserfahrung in unserem Beruf, die wie in allen handwerklichen Berufen eine notwendige Grundvoraussetzung für eine leitende Tätigkeit ist. Im schlimmsten Fall fehlt die Praxiserfahrung ganz, wenn nämlich direkt ein Studium ohne Ausbildung gemacht wurde; diesen Mangel an Erfahrung können die meisten studienbegleitenden Büropraktika nicht ansatzweise kompensieren.
- Das Interview ist im WILA Infodienst Arbeitsmarkt für Berufe in Umwelt und Natur erschienen. Jede Woche werten wir mehrere hundert grüne Stellen aus und sortieren diese nach Tätigkeitsgebieten. So erhalten unsere Abonnentinnen und Abonnenten einen Überblick über den aktuellen Stellenmarkt. Mehr Infos hier.