Die erste Frage morgens beim Bäcker
Richtungsweisend: Ein Gespräch mit Verbraucherschützer Martin Brandis. Foto: © Thomas Reimer / Fotolia.de

Die erste Frage morgens beim Bäcker

Im Verbraucherschutz zu arbeiten, ist für die meisten Menschen weit mehr als ein Job. Der Wunsch nach Aufklärung und der Einsatz für die gute Sache sind wichtige Triebfedern.

So wie bei Martin Brandis. Seit 20 Jahren arbeitet der Diplom-Ingenieur bei der Verbraucherzentrale NRW und berät Bürger zum Thema Energie in Rietberg und Verl, zwei Kleinstädten in der Nähe von Bielefeld. Mit ihm sprach Katharina Hamacher.

Herr Brandis, wie haben Sie den Weg in die Verbraucherzentrale gefunden?

Martin-Brandis-VerbraucherschutzDa ich bereits während meines Maschinenbau-Studiums die Weichen dafür gestellt habe, fiel der Einstieg recht leicht. Ich habe mich an der Uni auf die Fachrichtung Energie spezialisiert und direkt nach dem Studium als Energieberater für einen Umweltverband gearbeitet. Dabei konnte ich wichtige Erfahrungen sammeln, die mir im Vorstellungsgespräch sicherlich geholfen haben.

Mussten Sie sich Qualifikationen aneignen?

Im Gegensatz zu vielen Kollegen habe ich kein Aufbau-Studium als Energieberater absolviert. Von daher war mein direkter Weg in die Verbraucherzentrale eher unüblich. Geholfen hat mir aber meine vorige Erfahrung in der Beratung. 

Ich habe über die Jahre immer wieder notwendige Fortbildungen gemacht. Eine Umstellung war anfangs die Beratungssituation selbst: Zuvor hatte ich eher öffentliche Einrichtungen und Unternehmen beraten, das war anders. Im Verbraucherschutz ging es nun darum, nicht mehr nur als Ingenieur zu denken, sondern das Wissen in eine allgemein verständliche Sprache zu übersetzen.

Das ist eine Herausforderung und gelingt nicht jedem, auch nicht jedem Energieberater. Es ist eine besondere Didaktik nötig, um den unterschiedlichen Menschen die Informationen nahezubringen. Solche Dinge habe ich erst in Fortbildungen gelernt.

"Ein kommunikativer Mensch ist bei uns besser aufgehoben als ein Technik-Freak"

Was reizt Sie an der Arbeit im Verbraucherschutz?

Vor allem die Vielseitigkeit und der Sinn, den ich in meiner Arbeit sehe. Ich betrachte mich nicht nur als Ingenieur, der Erneuerbare Energien oder Wärmdämmungen voranbringt, sondern auch als Verbraucherschützer. Schön ist der direkte Kontakt zu den Kunden. Ich lebe und arbeite in einer kleinen Stadt, da ist die persönliche Beratung besonders wichtig.

Gelegentlich fangen Verbraucher schon morgens beim Bäcker an, mir Fragen zu stellen, während ich meine Brötchen kaufe. Das zeugt von Vertrauen. Es ist für mich auch ein Zeichen, dass die Verbraucherzentrale einen seriösen Ruf genießt. Durch spezielle Veranstaltungen gewinnen wir das Interesse der Verbraucher.

Im Bereich Solartechnik beispielsweise schauen wir uns gemeinsam an Ort und Stelle an, wie eine Anlage funktioniert. Oder wir gehen im Rahmen eines „Thermografie-Spaziergangs“ mit Wärmebild-Kameras durch ein Wohngebiet, um anhand von Wärmebildern der umliegenden Gebäude Eindrücke von Wärmedämmungen zu gewinnen. 

Wie hat sich Ihre Tätigkeit in den vergangenen Jahren verändert?

Es wird immer wichtiger, Netzwerke zu bilden, zu pflegen und auszubauen. Zunehmend sind wir Ansprechpartner für Medien. Wer die Energiewende nach außen tragen will, muss intensiv Medienarbeit betreiben. Vieles ist in den letzten Jahren professioneller geworden. So gibt es  etwa spezielle, auf Beratungsaktionen abgestimmte Drucksachen und Materialien. Viele, die heute zu uns kommen, haben mehr Vorwissen als noch vor zehn oder 15 Jahren. In Beratungen geht es häufiger darum, das Wissen, das sich die Verbraucher über das Internet angeeignet haben, zu vermehren oder auch nur bestätigen zu lassen.

Welche Qualifikationen sind wichtig?

Energieberater bei der Verbraucherzentrale NRW benötigen einen Hochschulabschluss (Diplom oder Master) in Ingenieurwissenschaften (Maschinenbau, Bauingenieurwesen oder Architektur). Daneben ist Kommunikationsfähigkeit eine Schlüsselqualifikation. Ein Berater im Verbraucherschutz sollte Spaß daran haben, sein Wissen nach außen zu tragen. Regelmäßig Vorträge zu halten, hilft dabei.

Ein kommunikativer Mensch ist bei uns besser aufgehoben als ein Technik-Freak, der jedes Bauteil einer Solaranlage auswendig kennt. Zudem ist es wichtig, den Verbrauchern das Gefühl zu vermitteln, dass man sich kompetent und kritisch mit den entsprechenden Themen auseinandergesetzt hat. Außerdem muss ein Berater in der Lage sein, komplexe Sachverhalte in einfache Worte zu verpacken. Mein Studium hat mir an dieser Stelle leider gar nichts genützt, dort wurden nur technische Sachverhalte vermittelt.

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