An der Seite von Umweltpolitikern
Die Natur im Blick: Umweltreferenten arbeiten unter anderem für Politikerinnen und Politiker im EU-Parlament in Straßburg. Foto: © Jonathan Stutz / Fotolia.de

An der Seite von Umweltpolitikern

Sie sind Terminjongleure, Wortartistinnen und Netzwerkbauer. Aber vor allem unterstützen die Fachreferentinnen und -referenten Berufspolitiker mit ihrem Wissen in Umweltfragen – auf EU-, Bundes- und Landesebene.

Text: Jasmin Welker

Die generellen Abläufe im Europäischen Parlament kannte Lena Wietheger schon aus ihrer Zeit als Mitarbeiterin beim europäischen Dachverband für ökologische Landwirtschaft, IFOAM EU. Doch als sie vor knapp einem Jahr ihre Stelle als Parlamentarische Assistentin für den Umweltausschuss bei dem Grünen-Politiker Martin Häusling antrat, musste auch sie sich erst einmal in den Details der komplexen Strukturen des europäischen Parlaments zurechtfinden.

Die studierte Agrarwissenschaftlerin hatte im Zusammenhang ihrer vorherigen Arbeit bereits gelegentlich Kontakt mit dem Abgeordneten. „Bei der Einstellung von Fachreferenten kommt es mir an auf Berufserfahrung im Bereich Umwelt und die Fähigkeit, politische Inhalte transportieren zu können“, sagt Martin Häusling. Nach einem Parteibuch wurde Lena Wietheger im Vorstellungsgespräch nicht gefragt. Allerdings meint sie, dass es von Vorteil sein kann, wenn man die Parteiarbeit kennt und natürlich sollte man sich den Zielen und Einstellungen der politischen Gruppe verbunden fühlen. 

"Auf jeden Fall vom Fach sein"

Wenn ihr Chef unterwegs ist, besucht die 37-Jährige für ihn den Umweltausschuss und die Arbeitsgruppen. Die Diskussionen fasst sie dann zusammen. Dabei helfe ihr ihr Vorwissen sehr. „Man sollte auf jeden Fall vom Fach sein, damit man eine Basis hat, auf der man aufbauen kann.“ Dabei hat sie oft mit Themen zu tun, die sich mit technischen Detailfragen beschäftigen. Wenn die EU-Kommission neue Gesetze einbringt, setzt sie sich mit den Inhalten auseinander und bereitet Stellungnahmen vor.

In die juristische Sprache von Gesetzen müsse man sich reinarbeiten können, bestätigt sie. Juristin sein müsse man allerdings nicht. Auch verfolgt sie die Diskussion zu Umweltthemen in der Fachöffentlichkeit und „brieft“ dann ihren Chef. „Daher sind ein breites Allgemeinwissen mit einer Spezialisierung in Umweltthemenfeldern und Kommunikation wichtig“, fasst Martin Häusling zusammen.

"Man muss belastbar sein"

Kommunikationsfähigkeit hilft ihr unter anderem beim Schreiben von Redebeiträgen für Veranstaltungen oder für Rundbriefe und Zeitschriften. „Man muss unterschiedliche Sprachniveaus verstehen und sprechen können, denn wir richten uns sowohl an Fachpersonen als auch an normale Bürgerinnen und Bürger.“

Ein Großteil ihrer Arbeit fällt dann auch unter das, was Lena Wietheger „Kontaktpflege“ nennt. Fast täglich tauscht sie sich mit ihren Fachkollegen aus. „Die Vielfalt an unterschiedlichen Menschen und Themen macht mir am meisten Spaß an meiner Arbeit.“ Das bringt jedoch mit sich, dass Lena Wietheger sehr flexibel sein muss. So zieht sie jeden zweiten Monat für einige Tage mit um, wenn das Europäische Parlament seine Sitzungswoche in Straßburg hält. „Man muss schon belastbar sein“, sagt sie. Neben dieser Mobilitätsbereitschaft sollte man selbstverständlich verhandlungssicher Englisch sprechen. Französisch dagegen sei zwar von Vorteil, aber nicht unbedingt vonnöten, meint sie. 

Ihr Vertrag ist auf die Wahlperiode von fünf Jahren befristet. Das stört Lena Wietheger nicht im geringsten: „Andere Stellen sind ja teilweise nur auf zwei Jahre ausgeschrieben.“

Umweltpolitik auf Bundesebene

Dass er sich eventuell nach einer neuen Stelle umsehen muss, sollte seine Chefin nicht mehr gewählt werden oder nicht mehr antreten, sieht auch Benjamin Beutler ganz entspannt. Er ist wissenschaftlicher Mitarbeiter bei Eva Bulling-Schröter, die für die Partei „Die Linke“ im deutschen Bundestag Sprecherin für Energie- und Klimapolitik ist.

Seine Chefin Eva Bulling-Schröter hat in ihren fast 20 Jahren als Abgeordnete des Bundestags schon einige Mitarbeitende eingestellt. Ihrer Erfahrung nach fänden Mitarbeitende von Politikerinnen und Politikern nach Ausscheiden ihrer jeweiligen Vorgesetzten vielerorts eine Anschlussbeschäftigung. „Durch die im Berufsfeld Politik und Parlament erworbenen Kenntnisse sind auch Stiftungen, NGOs, Verbände und Public-Relation-Agenturen eine gern genutzte Option.“ Alternativ würden ehemalige Fachreferentinnen und -referenten auch bei anderen Abgeordnetenbüros auf Bundes- und Landesebene im Anschluss angestellt werden. 

„Politik wird immer komplexer. Wir müssen sie erklären können.“

Benjamin Beutler, geboren 1979,  hat sich neben seiner Halbtagsstelle als Fachreferent für Klimapolitik ein zweites Standbein geschaffen. Und zwar arbeitet er als freier Journalist und Autor. Dass er ein Buch über das Lithiumvorkommen in Bolivien geschrieben hat, habe ihm auch bei der Bewerbung auf seine Stelle als Fachreferent geholfen, meinte er. „Nach einem Praktikum bei der Bundesparteizentrale der Linke habe ich mich ganz gezielt auf Stellen in der Politik beworben, da mich die Arbeit sehr interessiert hat.“ Nach einigen Absagen klappte es dann auch.

Der studierte Lateinamerikawissenschaftler musste sich am Anfang erst einmal in Umweltthemen einlesen. „Ich habe wie ein Staubsauger alles aufgesaugt: Fachpresse und -literatur sowie Internetquellen.“ Er meint, es sei für seine Arbeit wichtiger, einen interdisziplinären Studiengang absolviert und ein breites Wissen zu haben, als spezifisches Fachwissen zu Umweltthemen vorweisen zu können. „Politik wird immer komplexer. Wir müssen sie erklären können.“ Seine Chefin sieht das ähnlich: „Ich bin auf Generalisten mit profundem Spezialwissen angewiesen, die sich fehlende Fachexpertise bei Bedarf aneignen können.“

Zu seinen Tätigkeiten gehört unter anderem Öffentlichkeitsarbeit, wie die Pflege der Internetseite von Eva Bulling-Schröter oder das Schreiben von Pressemitteilungen. Bestandteil davon ist natürlich auch Recherchearbeit. Außerdem bereitet Benjamin Beutler seine Chefin auf die Themen der Sitzungen von Arbeitskreisen und des Parlaments vor. „Da wir in der Opposition sind, haben wir nicht dieselben Ressourcen wie die Regierung und müssen dadurch viel Stoff mit weniger Manpower erledigen.“

Zu seinen wichtigsten Aufgaben als Fachreferent in einer Oppositionspartei zählt Benjamin Beutler das Formulieren von so genannten Anfragen an die Regierung.  „Strukturiertes Denken ist für meine Arbeit essentiell. Es reicht nicht, einfach nur das Parteibuch herunterbeten zu können.“ Ein Parteibuch hat er bis heute nicht. Laut Eva Bulling-Schröter ist das auch keine Voraussetzung. „Politische Überzeugung und Begeisterung für linke (Umwelt-)Politik sind ja auch nicht automatisch durch ein Parteibuch gegeben.“ 

Umweltpolitik auf Landesebene 

Anfangs war auch Gunnar Hennings kein Parteimitglied. Der 48-Jährige arbeitet seit 1997 als Wissenschaftlicher Referent für Landwirtschaft, Umwelt, Verbraucherschutz, Energie, Infrastruktur und Landesentwicklung bei der CDU-Fraktion im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern. Damit ist er nicht nur für einen Politiker oder eine Politikerin tätig, sondern Fachreferent für die komplette CDU-Fraktion. Er arbeitet daher viel auf Zuruf: Wenn jemand beispielsweise eine umweltpolitische Frage hat, wendet er sich an den studierten Landwirt. 

Für seine Arbeit ist er viel unterwegs: Er begleitet CDU-Abgeordnete in ihre Wahlkreise, wenn dort beispielsweise eine Veranstaltung zu Landwirtschaft stattfindet. Dann nimmt er unter anderem an Fraktionsklausuren und an Tagungen teil, bei denen sich umweltpolitische Sprecher austauschen. Das Redenschreiben gehört ebenso zu seinen Aufgaben wie Absprachen mit Mitarbeitenden von anderen Parteien. Zum Lesen von Fachzeitschriften bleibt ihm da nur wenig Zeit.

In seinen 18 Jahren als Fachreferent hat er so manche Themenkarrieren mitbekommen. Anfangs war vor allem das Thema Abfallwirtschaft ganz hoch auf der Tagesordnung. Danach beschäftigte er sich mit Maßnahmen zum Vogelschutz. Jetzt stehen eher energiepolitische Themen auf der Agenda. „Zu meiner Arbeit gehört es auch, bestimmte Themen politisch voranzutreiben.“ Was sich aber vor allem geändert hat: Die Umweltpolitik ist viel europäischer ausgerichtet, sodass man sich mit dem politischen System der EU auskennen sollte und auch als Fachreferent auf Landesebene zumindest einigermaßen gut Englisch sprechen sollte, um die Fachdiskussionen mitverfolgen zu können.

Dadurch dass Gunnar Hennigs schon lange im Geschäft ist, hat er viele Kontakte. „Wenn ich was wissen will, weiß ich genau, wen ich anrufen kann.“ Das helfe ihm bei seiner Arbeit sehr. „Außerdem kann ich mittlerweile gut die Ruhe bewahren, wenn alle mal wieder verrückt herumrennen wie die Hühner.“

Gunnar Hennigs ist in der bequemen Situation, einen zeitlich unbefristeten Vertrag zu haben. „Das gäbe es heute nicht mehr.“ Viel habe sich in den letzten Jahren bei umweltpolitischen Fachreferenten geändert, meint er. Als er sich damals beworben hatte, gab es knapp 700 Bewerbungen auf seine Stelle. Mittlerweile seien es auf Fachreferentenstellen weniger Bewerbungen. Zwar hatte er durch seine Arbeit für ein gemeinnütziges Siedlungsunternehmen eine inhaltliche Nähe zu seiner jetzigen Arbeit, aber Kontakte in die Politik hatte er keine. „Bei meiner Bewerbung hat nur das fachliche Wissen gezählt.“ 

Auf die Frage, was man als umweltpolitischer Fachreferent mitbringen muss, zählt er folgende Punkte auf: „Das Wichtigste ist Zuhören und Schweigen. Man muss sich psychologisch in Personen hineinversetzen können und manchmal auch ein bisschen Therapeut sein. Und last not least muss man fachlich sehr gut sein.“ Auf ihn kämen speziell bei Veranstaltungen viele Bürgerinnen und Bürger mit ihren Anliegen zu, sodass psychologische Kenntnisse nicht verkehrt seien. Daneben spielten eine schnelle Auffassungsgabe und Flexibilität eine Rolle. „Letztlich kann man aber nur gut in dem Job sein, wenn man mit dem Herz dabei ist.“

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