"Wir haben es selbst in der Hand": Steffi Burkhart forscht über die Generation Y. / Foto: Hanna Berger

"Jede Generation stellt die Sinnfrage"

Dr. Steffi Burkhart forscht, bloggt und hält Vorträge zur Generation Y - eine Generation, zu der sie selbst gehört. Sarah Kröger sprach mit ihr über Selbstverwirklichung, Spaß und Ansprüche.

Wer fällt alles unter die Generation Y?

Dr. Steffi Burkhart: Als Generation Y werden alle bezeichnet, die zwischen 1980 bis 1995 geboren sind. Das Y, das englisch ‚Why‘ ausgesprochen wird, steht dafür, dass diese Generation vieles in Frage stellt. 

Der Generation Y wird nachgesagt, dass sie mehr Sinn in der Arbeit sucht als die Generationen zuvor. Ist das so?

Ich glaube, jede Generation stellt sich die Sinnfrage, aber unsere Generation traut es sich etwas mehr, die Frage nach dem ‚Warum‘ zu stellen, auch in Bezug auf die Arbeitswelt. Wir stellen uns und unseren Arbeitgebern Fragen wie: Muss ich fünf Tage die Woche immer in einem Büro sitzen oder kann ich mir meine Arbeit auch anders einteilen? Muss ich unbedingt Karriere machen oder ist mir die Balance zwischen Arbeit und Freizeit wichtiger? Muss ich ein klassisches Familienmodell leben oder geht es auch anders?

Wie wichtig sind materielle Werte für die Generation Y?

Da wir im Wohlstand aufgewachsen sind, hat Besitz für uns eine andere Wertigkeit. Wir opfern uns nicht für die Arbeit auf, um uns eines Tages bestimmte Träume wie ein Haus, ein Auto oder ein Boot erfüllen zu können. Wir legen mehr Wert auf immaterielle Statussymbole wie Zeit, Wissen oder Selbstverwirklichung.

Sich selbst verwirklichen, das wollten natürlich auch schon die Generationen vor uns, aber wir können das viel intensiver einfordern, da die demographische Entwicklung für uns von Vorteil ist: Wenn die Babyboomer einmal in Rente sind, dann gibt es in Deutschland einen Personalmangel, und die Unternehmen bemühen sich mehr um gute junge Leute.

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Welche Ansprüche stellt die Generation Y an einen Job?

Unsere Generation wurde von Helikopter-Eltern großgezogen, die uns mit auf den Weg gaben: „Kinder, macht im Leben immer das, was Spaß macht, privat und beruflich“. Neben dem Sinn in der Arbeit möchten wir auch Spaß an unserer Arbeit haben. Wir brauchen Kollegen um uns herum, mit denen wir uns verstehen und die auf einer ähnlichen Wellenlänge sind.

Wir brauchen eine möglichst flexible und unbürokratische Unternehmenskultur. Wir bevorzugen Teamarbeit und selbstbestimmtes Arbeiten. Und wir wollen kooperative Chefs, die nicht von oben herab führen.

Gibt es überhaupt genug Unternehmen mit derartigen Qualitäten?

Es gibt da noch viel Nachholbedarf in Deutschland. Ein paar Unternehmen haben gute Ansätze, treffen aber nicht den Kern der Ansprüche der Generation Y. Sie stellen zum Beispiel einen Kicker ins Büro oder eine Schale Obst. Aber ein Kicker bringt uns nichts, wenn wir keine eigenen Ideen einbringen dürfen und uns nicht selbst verwirklichen können.

Es gibt aber auch viele Unternehmen, die sich noch gar keine Gedanken um die Generation Y machen. Vor allem bei mittelständischen Unternehmen ist das noch nicht angekommen. 

Gibt es Branchen, die sich mehr als andere auf die Generation Y eingestellt haben?

Die Kreativ-Branche lebt schon länger den Arbeitsstil der Generation Y. Aber je größer und je älter ein Unternehmen ist, desto schwieriger wird es, die Unternehmenskultur zu ändern. Kleinere Unternehmen bekommen das schneller hin.

Ist es denn realistisch, einen Job zu finden, der zu meinen individuellen Werten passt?

Ich glaube, dass es möglich ist, so einen Job zu finden. Man sollte nur nicht aufgeben und in Bewerbungsgesprächen die richtigen Fragen stellen. Eine Möglichkeit ist zum Beispiel, vorher schon mal in die Unternehmens-Mensa zu gehen und die Leute dort zu beobachten: Wie sind sie gekleidet, sind sie gut gelaunt?

Oder man unterhält sich vor Ort mit ein paar Mitarbeitern. Oder man ruft an im Unternehen und sagt, man habe sich verwählt. Die Reaktion darauf sagt schon einiges über die Unternehmenskultur.

Aber wer kann es sich denn leisten, sich seinen Job so genau auszusuchen?

Ich glaube, dass wir alle viele Möglichkeiten haben, wenn wir Disziplin und Ehrgeiz mitbringen, uns ein Netzwerk aufbauen und weiterbildungsaffin bleiben. Wenn wir offen sind für weitere Möglichkeiten und auch einen Plan B und C haben, dann können wir, ganz unabhängig vom Bildungsstand, einen Job finden, der zu uns passt.

Wir haben es alle selbst in der Hand. Einen sinnvollen Job für sich zu finden ist keine Luxusthematik. Ich glaube, wer seine Stärken erkennt und weiß, was er wirklich kann, kann mit diesem Talent auch etwas machen. Das ist das Tolle, das so etwas heute möglich ist. Wir leben in einer Zeit, in der wir uns verwirklichen und Dinge ausprobieren können. 

Zur Person: 

Derzeit schreibt Dr. Steffi Burkart an ihrem Buch „Die spinnen die Jungen! Eine Gebrauchsanweisung für die Generation Y“

 

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