Sein Bastler-Geist hat ihm bei der Gründung geholfen: Tobias Bandel in Kenia. / Foto: T. Bandel

"Auf dem Boden bleiben"

Grüne Selbstständigkeit (Teil 2): Der Agrarwissenschaftler Tobias Bandel berät auf der ganzen Welt Landwirte zu Kompost und Nachhaltigkeit. Jasmin Welker stellt vor, wie er seine eigene Firma gegründet hat.

Er kommt gerade aus Indien. Eine Stunde hat Tobias Bandel, bevor er weiter nach Äthiopien fliegt: Zeit genug für ein Telefonat mit WILA Arbeitsmarkt und die Frage, wie er sich mit seiner Beratungsfirma für Bodenfruchtbarkeit selbstständig gemacht hat.

Die Geschichte beginnt im Ausland. Tobias Bandel hatte bereits seinen Zivildienst bei dem ägyptischen Agrar-Unternehmen Sekem gemacht, das verschiedene Bio-Produkte herstellt und auch gleichzeitig kulturelle Aktivitäten betreibt. Nach seinem Bachelor in Agrarwissenschaften an der Universität Hohenheim im Jahr 2003 kehrte der gebürtige Schwabe wieder dorthin zurück. In der ägyptischen Wüste begegnete er dann bei einem Abendessen mit Vertretern namhafter Konzerne aus der ganzen Welt seinem „Business-Angel“, wie er den wohlhabenden IT-Unternehmer nennt. Dieser stellte Tobias Bandel das zinsfreie Kapital zur Verfügung, das er 2007 zur Gründung seines Beratungsunternehmens „Soil & More international“ brauchte.

„Man muss einfach offen und interessiert dafür sein, was die etablierten Unternehmer wollen. Dann klappt das mit den notwendigen Kontakten.“ Wenn Tobias Bandel von der Dienstleistung erzählt, mit der er sich selbstständig gemacht hat, bleibt er sehr bescheiden: „Wir machen ja nichts groß Neues, wir arbeiten einfach nur mit Kompost.“ Dass der Bedarf an Beratungsdienstleistungen in den Bereichen Kompostierung, Bodenfruchtbarkeit und Nachhaltigkeit da war, merkte er schnell bei seiner Arbeit für Sekem und Eosta, einem niederländischen Vertreiber von Biolebensmitteln. Zusammen mit letzterem Unternehmen als Gesellschafter und einem weiteren niederländischen Partner gründete Tobias Bandel Soil & More international.

Bürokratische Hürden

„Im Nachhaltigkeitsbereich entwickelt man ja am Anfang oft einen gewissen Idealismus, dass man die Welt retten will. Doch man muss auf dem Boden bleiben und erst einmal kleine Brötchen backen“, sagt der 36-Jährige. Nach der Unternehmensgründung brauchte er keine fachlichen Hürden zu überwinden. Dadurch dass er schon im Bereich der Kompostierung gearbeitet hat und den Beratungsbedarf von Klein- und Großbauern auf der ganzen Welt kannte, war der Einstieg vergleichsweise einfach.

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Allerdings taten sich bürokratischen Hürden auf: „Am Anfang habe ich einfach darauf losgearbeitet und dabei auch viele Fehler gemacht. Als wir uns zertifizieren lassen wollten und der TÜV dann vor der Tür stand, musste ich mich zwangsweise mit Themen beschäftigen, mit denen ich mich nicht auskannte und eigentlich auch nichts zu tun haben wollte.“ Bei den „Hausaufgaben rechtlicher Art“ hatte er sich daher Hilfe von einem Steuerberater geholt. Der wies ihn auch darauf hin, was man sonst noch als Jungunternehmer beachten muss.

Eine Sache würde Tobias Bandel heute anders machen: In Deutschland und nicht in den Niederlanden gründen. Zu viel Bürokratie sei damit verbunden. „Besser, ich hätte mich vorher informiert. Aber so ist es halt bei mir, ich lerne dann aus meinen Fehlern.“ Mittlerweile hat er die deutsche Niederlassung von Soil & More international in Hamburg gegründet.

"Ich könnte anderswo mehr verdienen" 

Die ersten Jahre liefen für Soil & More international richtig gut. Tobias Bandel war auf vielen Konferenzen und Messen unterwegs. Soil & More international hat Leute eingestellt und auf Anfrage von Partnerunternehmen das Dienstleistungs­portfolio erweitert. „Wir sind fast etwas größenwahnsinnig geworden.“ Die Ernüchterung kam dann, als sie merkten, dass sie sich zu viel vorgenommen hatten. Sie reduzierten ihr Leistungsangebot wieder und kürzten ihre Gehälter.

„Obwohl ich anderswo mehr verdienen könnte, will ich das, was ich mir aufgebaut habe, nicht aufgeben“, sagt Tobias Bandel. Er erzählt von den leuchtenden Augen der Kleinbauern in Lateinamerika, die er im Auftrag von kleinen und großen Unternehmen wie Lebensbaum, Ritter Sport oder Dole berät. Wenn die Umstellung auf nachhaltige Landwirtschaft klappt, freut er sich mit ihnen. „Ich kann als Selbstständiger meine Vision ausleben und beschäftige mich quasi mit meinem Hobby, also mit etwas, was mir Spaß macht.“

Leuten, die ebenfalls gründen wollen, empfiehlt er „Mut zur Einfachheit“. Man brauche keine überragend neue Idee, sondern einfach nur eine pragmatische Art und Weise, um an Probleme heranzugehen. Anstelle des Fachwissens aus dem Studium hat ihm ein gewisser Bastler-Geist weitergeholfen. 

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