"Eines Tages habe ich eine Tandembewerbung erhalten"
Früher hat Jana Tepe als Personalberaterin gearbeitet. Heute ist sie Gründerin von "Tandemploy", einer Plattform, die Menschen zusammenbringt, die ihren Job teilen wollen.
Auch Unternehmen können auf der Plattform Tandems finden, die für freie Vollzeitstellen in Frage kommen könnten. Mit der Gründerin Jana Tepe sprach Daniela Lukaßen.
Wie sind Sie auf die Idee für die Plattform Tandemploy gekommen?
Jana Tepe: Die Idee dazu ist in meinem letzten Job entstanden. Ich habe vorher in der Personalberatung für die digitale Wirtschaft gearbeitet. Und da war ich eigentlich täglich mit Bewerbern konfrontiert, die Teilzeitjobs gesucht haben, aber sie nicht finden konnten. Aber auch ich konnte selten die entsprechenden Teilzeitjobs anbieten, sondern in erster Linie Vollzeitjobs. Und die Teilzeitstellen, die ich hatte, waren selten das, was sich die Bewerber vorgestellt haben.
Eines Tages habe ich dann tatsächlich eine Tandembewerbung bekommen. Damit haben sich zwei Menschen gemeinsam bei mir auf eine Leitungsposition beworben, die ich ausgeschrieben hatte. Dabei hat es sich um eine typische Vollzeitstelle gehandelt. Und das war für mich der Ausgangspunkt für die Idee von Tandemploy. Ich hatte dann mit den beiden Bewerbern zu dritt ein Interview via Skype und war so fasziniert, dass ich der ersten Kollegin, die ich getroffen habe, davon erzählt habe. Zufällig war das Anna Kaiser, mit der ich die Plattform dann später gegründet habe.
Wir haben beide sofort gesagt: Das ist ein tolles Konzept. Und wir haben uns gefragt: Warum wird das nicht häufiger in Deutschland umgesetzt? Wir haben dann angefangen zu recherchieren und festgestellt, einige Unternehmen machen das zwar schon, aber es handelt sich in diesen Fällen eigentlich immer um ein Zufallsprodukt. Das bedeutet: Die klassische Situation sieht so aus, dass man einen Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin hat, die ihre Arbeitszeit reduzieren möchte und aus der Not heraus wird der Person jemand zur Seite gestellt. So findet zwar ein Jobsharing statt, aber überhaupt nicht systematisch und strategisch.
Hier haben wir ganz schnell gesagt: Wir möchten etwas machen, um dieses Modell zu unterstützen. Und so ist die Idee zu einer Plattform entstanden, auf der wir alle Beteiligten miteinander vernetzen.
Welche Vorteile bietet Jobsharing aus Ihrer Sicht?
Jana Tepe: Für Arbeitnehmer ist der größte Vorteil, dass man den eigenen Wunschjob in Teilzeit und flexibel realisieren kann. Das ist sonst oft ein Problem. Die Teilzeitstellen sind oft nicht die Jobs, die sich die Bewerber aufgrund ihrer guten Qualifikation vorstellen. Und im Jobsharing wird genau das möglich, da sich die Menschen mit einem Sharing-Partner die Verantwortung für eine volle Stelle teilen. Und das mit einem gemeinsamen Ziel. Darüber hinaus haben die Beschäftigten immer jemanden, mit dem sie sehr eng und kooperativ zusammenarbeiten. Das ist häufig sehr motivierend und beide Sharing-Partner lernen voneinander. So können sie in den verschiedensten Lebensphasen flexibel arbeiten.
Und für die Unternehmen ist das Konzept spannend, weil sie sich neue Potenziale auf dem Arbeitsmarkt erschließen können. Nämlich all jene, die hochqualifiziert sind, aber aus unterschiedlichen Gründen weniger arbeiten möchten oder müssen. Und natürlich können die Unternehmen so auch auf bereits eingestellte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter reagieren, die vielleicht auch irgendwann in Situationen kommen, in denen sich ihre Arbeit reduzieren muss. Ein weiterer Vorteil für Arbeitgeber ist, dass sie zwei Potenziale auf eine Stelle vereinen können. Häufig kommen Menschen mit verschiedenen Stärken zusammen. Außerdem hängt das Wissen nicht wie bei einer kleinen Wissensinsel nur an einer Person. Das bedeutet, alles wird viel geschmeidiger und flexibler.
Und was würden Sie Bewerbern raten, die sich im Tandem bewerben möchten? Auf was sollten sie besonders achten?
Jana Tepe: Ich rate immer dazu, den Tandemgedanken herauszustellen. Das bedeutet, sich wirklich gemeinsam mit einer Bewerbung zu bewerben und so zu zeigen, dass man gemeinsam mehr kann als einer alleine. Dazu gehört es etwa zu zeigen, inwieweit sich die Bewerber ergänzen. Etwa, indem sie zeigen, dass sie zusammen fünf Sprachen sprechen, dass sie analytisch sind und dennoch kreativ. Also, dass sie das vereinen, was Arbeitgeber suchen, aber selten in einer Person finden können. Und ich denke, je konkreter man in einer Bewerbung wird, desto besser. Denn viele Arbeitgeber haben vielleicht schon einmal von Jobsharing gehört, wissen aber nicht wirklich, was sie sich darunter vorstellen können. Man sollte also ganz konkret formulieren, wie man sich selbst organisieren würde.
Ist Jobsharing aus Ihrer Sicht ein Thema der Zukunft?
Jana Tepe: Ja, absolut. Denn wir sehen, dass sich die Arbeitswelt zunehmend flexibilisiert und dass sie sich flexibilisieren muss. Etwa, weil sich die Altersstruktur und die Ansprüche der Menschen ändern. Um dann alle Potenziale der Gesellschaft zu nutzen, benötigt man dringend neue pragmatische Modelle, die eine andere Arbeitsverteilung ermöglichen.
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