Anne Storcks ist Karrierecoach aus Aachen. Foto: A. Storcks

"Je länger die Auszeit, desto geringer das Selbstbewusstsein"

Fragen Sie unseren Coach (Teil 13): Nach der Familienphase zurück ins Berufsleben? Keine einfache Sache. Karrierecoach Anne Storcks umreißt drei große Problembereiche.

Die Frage:

Nach mehreren Jahren Familienzeit plane ich wieder in den Beruf einzusteigen. Ich bin mir aber nicht sicher, wie ich vorgehen soll. Teilzeitstellen sind rar gesät. Ich möchte weiterhin für meine Kinder da sein und weiß nicht, ob ich alles unter einen Hut bekomme. Wie soll ich vorgehen?  

Die Antwort von Karrierecoach Anne Storcks:

Es gibt sehr unterschiedliche Ausgangssituationen von Frauen, die wieder in den Beruf einsteigen wollen. Manche haben zwar eine Rückkehrmöglichkeit in ihr Unternehmen, allerdings ist ihr Job nur schwer mit der Familie vereinbar – zum Beispiel bei Tätigkeiten, die mit beruflichen Reisen verbunden sind.

Andere Frauen haben keine festen Arbeitsverträge mehr und müssen sich komplett neu bewerben. Und wiederum andere könnten zwar in ihren alten Beruf zurück. Aber durch die familiäre Auszeit haben sie Abstand bekommen und wollen sich jetzt beruflich in eine andere Richtung entwickeln.

Nach meiner Erfahrung gibt es drei große Problembereiche beim Wiedereinstieg:

1. Die Unternehmen:

Gerade bei anspruchsvollen Jobs ist es immer noch schwierig, in Teilzeit einzusteigen. Viele Unternehmen haben bisher keine Konzepte entwickelt, wie sie Teilzeitmöglichkeiten in den Arbeitsalltag integrieren. Es hat immer noch etwas von einem Manko, wenn jemand nicht Vollzeit vor Ort ist. Dazu kommt: Häufig wird zwar die Stundenzahl reduziert, aber die Aufgaben nicht. Das führt zu einer Arbeitsverdichtung und zu Stress. Die Frauen haben ständig das Gefühl, es nicht zu schaffen.

Mein Rat: Klären Sie möglichst früh mit Ihrem Arbeitgeber Rahmenbedingungen für eine Teilzeittätigkeit. Bringen Sie eigene Vorschläge ein, welche Aufgaben weggelassen oder delegiert werden können. Es ist nicht nötig, bei jeder Besprechung körperlich anwesend zu sein. Prüfen Sie, in welchen Fällen Home-Office und Video­konferenz reichen, damit Sie trotz Teilzeit auf dem Laufenden sind. Haben Sie diese Themen auch bei Ihren Bewerbungen im Blick und prüfen Sie, wie die Kultur in einer Firma oder Organisation ist.

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2. Die Frauen selbst:

Zu den äußeren Schwierigkeiten kommt hinzu, dass es sich viele Frauen selbst schwer machen. Je länger die Auszeit, desto geringer das Selbstbewusstsein. Viele Frauen glauben, dass ihnen Kompetenzen verloren gegangen sind und sie zu einem anspruchsvollen Job nicht mehr qualifiziert genug sind. Eine weitere Falle: Manche Frauen nehmen bewusst eine unterqualifizierte 450-Euro-Stelle an. Nach dem Motto: „Ich muss zu Hause so viel im Blick haben. Da will ich einfach nur ein bisschen Geld verdienen, ohne mir groß einen Kopf zu machen.“ Hier entsteht schnell die Gefahr einer Abwärtsspirale.

Mein Rat: Klammern Sie das Thema Beruf nicht für Jahre komplett aus Ihrem Leben aus. Halten Sie während der Familienphase Kontakt zu Kollegen und Fachkreisen. In fast jeder Stadt gibt es Frauen-Netzwerke. So bauen sie sich ein Netzwerk auf, das sie später aktivieren können, wenn sie wieder in den Beruf einsteigen wollen. Investieren Sie besser in eine Weiterbildung und nutzen Sie Möglichkeiten der nebenberuflichen Selbstständigkeit anstatt eine unterqualifizierte Stelle anzutreten.

3. Die Ehemänner:

Meistens ist es so, dass die Männer genau in der Zeit einen Karrieresprung machen, in der die Frauen die Kinder groß ziehen. Dementsprechend arbeiten die Männer oft weiter in Vollzeit, machen Überstunden und sind nach Feierabend oder auch an Wochenenden beruflich unterwegs. Für die Frauen wird es dadurch deutlich schwieriger, wieder in den Beruf einzusteigen. Denn wer kümmert sich um die Kinder, wenn sie mal krank sind? Wer erledigt die Arzttermine? Wer schmeißt den Haushalt?

Mein Rat: Nehmen Sie auch Ihren Mann in die Verantwortung. Der Wiedereinstieg ist ein Familienthema. Reden Sie miteinander über berufliche Wünsche, wie sie ihr Familienleben gestalten wollen und wer welche Aufgaben zuhause übernimmt. Geben Sie Verantwortung ab –auch Ihr Mann kann Aufgaben übernehmen und Sie dadurch unterstützen.

Zur Person:

Ob beim beruflichen (Wieder-)Einstieg, Job- oder Positionswechsel, bei Unzufriedenheit mit der aktuellen Arbeitssituation oder der Balance zwischen Beruf- und Privatleben: Anne Storcks unterstützt Menschen dabei, sich auf ihrem beruflichen Weg auf das auszurichten, was ihnen wichtig ist und dafür die eigenen Stärken zu nutzen und weiterzuentwickeln. Erfahren Sie hier mehr zu unserem WILA Coaching-Kooperationsprogramm

Protokoll: Benjamin O'Daniel

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