Nächstes Ziel: Professur
Antje Schultheis arbeitet als Trainerin und Coach in Bonn. / Foto: A. Schultheis

Nächstes Ziel: Professur

Es gelingt nur wenigen Menschen, in der akademischen Welt beruflich Fuß zu fassen. In Teil 11 unserer Coaching-Serie erklärt Karrierecoach Antje Schultheis, wie man seine Chancen erhöht.

Die Frage:

Ich habe meine Promotion hinter mir und möchte den nächsten Schritt gehen. Mein Ziel ist eine Professur. Ich weiß, dass dies anspruchsvoll ist. Wie soll ich vorgehen?

Die Antwort von Karrierecoach Antje Schultheis:

Karriere in der Wissenschaft – insbesondere an einer Universität in Deutschland – ist tatsächlich ein anspruchsvolles Ziel. Der Weg zur Professur dauert nur im Idealfall sechs Jahre, meist wird daraus ein Jahrzehnt. Lediglich zehn Prozent aller Promovierten hat Chancen auf eine Professur. Die Arbeitsverträge bis dahin sind in der Regel auf 1-3 Jahre befristet, und auch drei bis sechs Monate sind keine Seltenheit. Diese Unsicherheit ist eine emotionale Belastung, mit der man umgehen muss.

Um eine Stelle als Professorin oder Professor zu erhalten, müssen Sie sehr aktiv sein – neben der Arbeit an Ihrer Habilitation. Die Basis ist, dass Sie möglichst häufig in renommierten Journals publizieren, auf nationalen und internationalen Konferenzen Vorträge halten, lehren und ein fachliches Netzwerk aufbauen. Sie arbeiten in Gremien mit, treiben Forschungsgelder für große Drittmittelprojekte ein und erhalten so Erfahrung in Mitarbeiterführung und Forschungsgruppenleitung.

Sie sollten darauf achten, dass Sie neben Ihrem zentralen Forschungsthema weitere Themenfelder besetzen, so dass Sie flexibler aufgestellt sind oder transdisziplinär anschlussfähig sind. Natürlich gibt es auch Themenkonjunkturen, die man beachten kann, weil daran Forschungsgelder hängen.

Bemühen Sie sich bereits in der zweiten Hälfte Ihrer Post-Doc-Phase um Vertretungsprofessuren. Diese Stellen entstehen häufig durch kurzfristige Engpässe und werden selten öffentlich ausgeschrieben. Deshalb ist Ihr Netzwerk entscheidend.

Durch eine Vertretungsprofessur oder Forschungsleitung können Sie Lehr- und Führungserfahrung vorweisen, die für eine Professur erwartet wird. Außerdem machen Sie sich außerhalb Ihrer Universität einen Namen und zeigen, dass Sie mobil sind – auch dies wird erwartet. Bewerben Sie sich bereits in der zweiten Hälfte der Post-Doc-Phase auf Professuren. Die oft sechs bis 18 Monate dauernde Berufung schafft noch Luft zur Beendigung der Habilitation. Zudem ist es wichtig, Mentoren zu haben: Diese können in bestimmten Netzwerken Ihre Fürsprecher sein, Ihre Forschung kritisch begleiten und auf Trends und freiwerdende Stellen hinweisen.

Ab einem bestimmten Zeitpunkt macht es Sinn, einen „Plan B“ zu entwickeln. Wenn Sie Anfang 40 sind und noch keine unbefristete Stelle erreicht haben, sollten Sie sich überlegen, ob Sie in einen außer-universitären Beruf wechseln wollen. Je länger Sie ausschließlich im Wissenschaftsbetrieb gearbeitet haben, desto schwieriger wird ein Wechsel. Und auch für die persönliche Lebensplanung ist es wichtig, sich irgendwann für einen Weg zu entscheiden, wenn die Chancen zusehends geringer werden.

Alternativ zum linearen Weg zur Professur an der Universität bietet sich die Hochschulprofessur an. Denn an Fachhochschulen brauchen Sie keine Habilitation und die Arbeitsverträge sind langfristiger. Hierfür müssen Sie allerdings drei Jahre Berufspraxis außerhalb der Universität und zwei Jahre in der Lehre vorweisen. Oder Sie gehen in das Hochschulmanagement. Auch in öffentlichen und privaten Bildungsträgern könnten Leitungspositionen interessant sein. Oder man steigt freiberuflich in Beratungsprojekte in der Privatwirtschaft ein.

Ein Hoffnungsschimmer bietet die aktuelle Politik. 2017 sollen 1.500 neue Professorenstellen geschaffen werden. Es lohnt sich, die politische Debatte zu verfolgen: Denn auch das Wissenschaftszeitvertragsgesetz soll 2016 novelliert werden, sodass sich die Leistungs- und Leidensbereitschaft von Post-Docs in Form von längerfristigen Verträgen wieder auszahlt.

Zum Coach: 

Dr. Antje Schultheis arbeitet als Coach, Trainerin (www.as-empowerment.de) auch an Universitäten und FHs. Zu den Methoden ihres Trainings gehören u.a. die Erarbeitung von pro-aktiven Bewerbungsstrategien wie das Selbstmarketing in Netzwerken. Die Politikwissenschaftlerin war für NGOs im entwicklungspolitischen Bereich tätig, hat das Jobforum „Spinnen-Netz“ gegründet und ist Mitglied im Netzwerk Wissenschaftscoaching. Mehr zum WILA Coaching-Prorgramm lesen Sie hier

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