Die Statistiken im Blick: Susanne Messmann von der Arbeitsagentur. Foto: S. Messmann

"Der Berufseinstieg ist oft nicht einfach"

Susanne Messmann ist Referentin beim Team Arbeitsmarktberichterstattung der Bundesagentur für Arbeit. Jana Degener sprach mit ihr über die Geisteswissenschaftler.

arbeitsmarkt: Wie schätzen Sie die Arbeitsmarkt-Situation für Geisteswissenschaftler ein?

Susanne Meßmann: Der Arbeitsmarkt für Geisteswissenschaftler, zu denen insbesondere Sprachwissenschaftler, Historiker, Medien- und Theaterwissenschaftler sowie Philosophen und Anthropologen zählen, hat sich über die letzten zehn Jahre zwar positiv entwickelt, stellt sich aber nach wie vor nicht ganz unproblematisch dar. 2014 waren jahresdurchschnittlich 4.600 Geisteswissenschaftler bei der Bundesagentur für Arbeit arbeitslos gemeldet. Das waren 3,3 Prozent mehr Arbeitslose als im Vorjahr.

Im längerfristigen Vergleich befindet sich die Arbeitslosigkeit in dieser Berufsgruppe, mit einer Abnahme um knapp 40 Prozent gegenüber 2004, aber auf einem niedrigen Niveau. Gleichzeitig entwickelt sich die Erwerbstätigkeit positiv und ist tendenziell steigend.

Welche Rolle spielen Geisteswissenschaftler in der Wirtschaft?

Geisteswissenschaftler finden sich in vielfältigen Einsatzfeldern wieder. Etwas mehr als die Hälfte arbeitet in Branchen, die zu den klassischen Arbeitsfeldern zählen. Hierzu gehört vorrangig mit rund jedem dritten Erwerbstätigen das Bildungswesen, gefolgt von Unternehmen im Bereich Information und Kommunikation (13 Prozent), Kunst und Kultur (6 Prozent), Dolmetschen und Übersetzen (4 Prozent) oder Forschung (2 Prozent). Weitere fünf Prozent der erwerbstätigen Geisteswissenschaftler sind im Öffentlichen Dienst beschäftigt – auch hier dürften viele fachnahe Einsatzbereiche zum Beispiel im Kulturbereich zu finden sein.

Darüber hinaus ist jeder Achte in den Bereichen Public Relations und Unternehmensberatung, Werbung und Marktforschung tätig oder erbringt zum Beispiel als Kundenberater oder Sachbearbeiter andere wirtschaftliche Dienstleistungen. Weitere Einsatzschwerpunkte bilden Interessenvereinigungen, Organisationen oder kirchliche Einrichtungen (4 Prozent), das Gesundheits- und Sozialwesen (4 Prozent) sowie das Produzierende Gewerbe mit acht Prozent und Handel und Gastgewerbe mit ebenfalls acht Prozent.

Welche Qualifikationen müssen Geisteswissenschaftler mitbringen, die in der Wirtschaft arbeiten wollen?

Der Berufseinstieg gestaltet sich für Geisteswissenschaftler oftmals nicht ganz einfach, da es nur wenige Stellenangebote gibt, die sich explizit an Absolventen geisteswissenschaftlicher Studiengänge richten. Im letzten Jahr (2014) waren bei der Bundesagentur für Arbeit von insgesamt rund 490.000 gemeldeten Stellen nur knapp 150 für Geisteswissenschaftler gemeldet. Eine frühzeitige berufliche Orientierung, Flexibilität und Mobilität sind daher wichtige Voraussetzungen für eine erfolgreiche Etablierung am Arbeitsmarkt. Zusatzqualifikationen, wie z.B. betriebswirtschaftliche Kenntnisse, Projektmanagement und weitere Fremdsprachen, können dabei zudem von Vorteil sein.

Welche Befürchtungen oder Vorurteile haben Personaler gegenüber Geisteswissenschaftlern und Geisteswissenschaftler gegenüber „der Wirtschaft“?

Über Befürchtungen und Vorurteile von Unternehmen und Geisteswissenschaftlern hat die Statistik der BA leider keine Daten. Die steigende Erwerbstätigkeit in dieser Berufsgruppe lässt jedoch vermuten, dass sich diese – falls vorhanden – überwinden lassen und dass Geisteswissenschaftler in der Wirtschaft zunehmend geschätzt werden.

Vielen Dank für das Interview!

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