Jobs für Agrarwissenschaftler
Dr. Anne-Katrin Mahlein forscht an der Uni Bonn zum Thema Pflanzenkrankheiten. Foto: Volker Lannert / Uni Bonn

Jobs für Agrarwissenschaftler

Wer Agrarwissenschaften studiert, kann danach in zahlreichen Branchen arbeiten. Zum Beispiel als Pflanzenforscherin, Weinzüchter, Agrarjournalistin oder als Referentin für Tierzucht, wie Katharina Hamacher beschreibt.

Sie arbeiten in Wirtschaft, Wissenschaft und Lehre, in der praktischen Landwirtschaft, in Behörden, Kammern und Verbänden, als Fachjournalisten oder bei Banken und Versicherungen: In kaum einem anderen Berufsfeld sind die möglichen Einsatzbereiche so vielfältig wie bei Agrarleuten. „Es gibt eigentlich nichts, was eine Agrarwissenschaftlerin oder ein Agrarwissenschaftler nicht kann“, sagt Markus Ebel-Waldmann, Präsident des VDL-Bundesverbandes Agrar, Ernährung, Umwelt.

Ihre Vielseitigkeit verdanken die Agrarwissenschaftler ihrem umfassenden, sehr breit aufgestellten Studium. Nachdem zunächst Fächer wie Mathematik, Chemie, Physik, Biologie, Anatomie und Physiologie der Nutztiere, Betriebs- oder Volkswirtschaft im Mittelpunkt stehen, spezialisieren sich die Studierenden später entweder in Richtung Pflanzenwissenschaften, Tierwissenschaften oder Ökonomie. Absolventen arbeiten in ganz unterschiedlichen Bereichen, die eine große Vielfalt an Arbeitsplätzen mit ebenso unterschiedlichen Anforderungsprofilen bieten.

„In keinem anderen Studiengang gibt es so viele Nischen, die sich fortlaufend weiterentwickeln“

In den vergangenen 30 Jahren haben sich die Arbeitsfelder allerdings stark vom öffentlichen Dienst in die Privatwirtschaft verlagert, beobachtet der VDL-Präsident. In den 1970er und 80er Jahren waren Agrarwissenschaftler überwiegend in Ministerien, Agrar- und Umweltämtern sowie in landwirtschaftlichen Kammern untergekommen, wo sie beispielsweise Standards im Agrarbereich prüfen und überwachen. Inzwischen übernehmen sie auch viele administrative Aufgaben im halbstaatlichen Bereich.

Bei Banken und Versicherungen beraten die Fachleute Kunden aus dem Agrarbereich, führen in der Industrie neue Produkte ein oder sind in Vertrieb und Marketing im Groß- und Einzelhandel für Futter und Düngemittel zuständig. Und: „Forschung und Entwicklung hatten schon immer einen hohen Stellenwert, das ist auch heute noch so“, sagt Ebel-Waldmann. Agrarwissenschaftler, die im produktionstechnisch-naturwissenschaftlichen Bereich des Landbaus arbeiten, werden auch Agraringenieure genannt.

„Unser Beruf ist immer ein Stück weit Berufung, das sollte auch im Lebenslauf deutlich werden.“

Andere Bereiche sind in den vergangenen Jahren zunehmend populärer geworden: „In keinem anderen Studiengang gibt es so viele Nischen, die sich fortlaufend weiterentwickeln“, beobachtet der Präsident des Bundesberufsverbandes. „Dazu gehören zum Beispiel die Bereiche Ressourcen- und Umweltmanagement, aus denen sich stabile, eigenständige Berufsfelder gebildet haben.“ Auch Themen wie Qualitätsmanagement, Gentechnologie und der gesamte Sektor der biologischen Landwirtschaft sind sehr zukunftsträchtig. Oft unterschätzt wird der Vertrieb von Nahrungs-, Futter- und Düngemitteln: Obwohl der Innen- und Außendienst in Wirtschaftsunternehmen nicht oben auf der Wunschliste junger Absolventen steht, ist jeder Fünfte in diesem Bereich tätig. Einer vorsichtigen Schätzung nach arbeiten in Deutschland 250.000 bis 300.000 akademische Agrarleute.

Zunehmend weniger beliebt ist die Arbeit in der praktischen Landwirtschaft: Maximal jeder Zehnte ist heute bei einem landwirtschaftlichen Betrieb tätig, schätzt der Berufsverband. Diese Entwicklung hat auch Auswirkungen auf das Studium: „Durch die Umstellung vom Diplomstudiengang auf Bachelor und Master gab es eine Explosion von Studiengängen“, sagt Ebel-Waldmann. Inzwischen gibt es über 200 verschiedene Möglichkeiten zur Schwerpunktsetzung – eine Entwicklung, die der VDL sehr kritisch beobachtet: „Bei einer solchen Vielfalt ist es wichtig, dass die Studiengänge transparent gestaltet werden. Das ist leider nicht immer so.“ Interessierte sollten auf eine gute Beratung achten und Schwerpunkte wählen, die den eigenen Neigungen entsprechen. Das lässt sich am besten über vielfältige Praktika herausfinden.

Generell ist praktische Erfahrung das A und O im Agrarbereich. Eine starke Persönlichkeit, der Blick über den Tellerrand und Engagement außerhalb der Hochschule zählen bei Personalern mehr als Noten und Regelstudienzeit. „Herzblut und Authentizität sind ganz wichtig“, sagt Markus Ebel-Waldmann. „Unser Beruf ist immer ein Stück weit Berufung, das sollte auch im Lebenslauf deutlich werden.“

Unabhängig davon, in welchem Bereich sie arbeiten: Der Anspruch ist groß. „Agrarwissenschaftler sollten ausgeprägte technische und ökonomische Qualitäten mitbringen, die Sprache der Landwirte verstehen und einen großen Praxisbezug aufweisen“, sagt der VDL-Präsident. Neben Leidenschaft für den grünen Sektor gehören Kommunikationsfähigkeit, Teamfähigkeit, selbstständiges Arbeiten und problemlösungsorientiertes Denken zu den Kernkompetenzen. Mehrsprachigkeit gilt inzwischen als Voraussetzung, da internationale Zusammenarbeit immer wichtiger wird.

Wer diese Voraussetzungen erfüllt, muss sich um seine berufliche Zukunft in der Regel keine Sorgen machen. Eine Studie der Uni Kiel belegt, dass gut die Hälfte der Absolventen einen Monat nach ihrem Abschluss die erste Stelle findet. Nach drei Monaten sind es bereits Dreiviertel. Diese Zahlen sind umso bemerkenswerter, da sich laut der Studie etwa die Hälfte der Absolventen erst unmittelbar vor Studienabschluss um einen Job bemüht.

Mit Blick auf den demographischen Wandel ist in den kommenden Jahren ein Fachkräftemangel zu erwarten, sagt der Berufsverband. Erneuerbare Energien sind nach wie vor ein wachsender Sektor, im Bereich Landtechnik fehlen schon jetzt gut ausgebildete Leute. „Qualitativ betrachtet, haben wir schon jetzt zu wenig Nachwuchs in der Branche“, sagt Ebel-Waldmann. Um Geld zu sparen, haben viele Hochschulen in den vergangenen Jahren fachspezifische Professuren etwa im Bereich Landmaschinentechnik eingespart. Darunter leidet die Lehre und somit die Ausbildung des Nachwuchses, beobachtet der VDL mit Sorge. 

Beispiel 1: "Mit Leidenschaft und Ausdauer"

Hubert-KempfDr. Hubert Kempf ist seit fast 25 Jahren als erfolgreicher Weizenzüchter aktiv. Statt im Labor kreuzt er die Sorten auf dem Feld.

Axioma, Spontan und Johnny gehören zur Elite. Die drei sind aus Tausenden von Konkurrenten ausgewählt worden und erfüllen alle Kriterien, um Landwirte glücklich zu machen: von bester Qualität müssen sie sein, ausgesprochen resistent gegen Schädlinge und andere Umwelteinflüsse und natürlich jede Menge Ernte abwerfen, damit sich der enorme Arbeitsaufwand lohnt. Wie viel Vorlauf nötig ist, damit die Winterweizensorten am Markt den gewünschten Erfolg erzielen, kann sich der Laie kaum vorstellen. Dr. Hubert Kempf hingegen weiß ganz genau, worauf es ankommt. Der erfolgreiche Weizenzüchter ist seit fast 25 Jahren im Geschäft – mit Leidenschaft und dem Schwerpunkt auf der Entwicklung besonders resistenter Sorten. Etwa 400 Kreuzungen plant er im Jahr für die Secobra Saatzucht GmbH in Oberbayern, aus denen eine noch viel größere Anzahl an Nachkommen hervorgeht. „Die Kunst besteht darin, die besten herauszufiltern“, sagt Kempf.

Dabei ist der 56-Jährige recht erfolgreich. Winterweizen ist die wichtigste Getreideart in Deutschland. Bis zu zwölf Jahre dauert es von der ersten Kreuzung bis zum Verkauf, jedes Jahr wird ein neuer Züchtungszyklus gestartet. Von 2500 potentiellen Sorten bleiben am Ende des Zuchtgangs etwa zehn übrig, die sich mit der harten Konkurrenz messen müssen: Der Wettbewerb beim Bundessortenamt entscheidet, welche Sorten für den Handel zugelassen werden. Jedes Jahr werden rund 120 potentielle neue Sorten aus insgesamt 20 Züchtungsunternehmen angemeldet. Diese werden drei Jahre lang auf Qualität, Resistenz und Ertrag geprüft, bevor etwa zehn bis fünfzehn Sorten die Zulassung erhalten und damit vermarktet werden dürfen. Wirklichen Gewinn werfen im Schnitt nur drei von ihnen ab, sagt Dr. Hubert Kempf. 1000 Hektar Vermehrungsfläche einer Sorte Weizen gelten als guter Wert. Wer eine Sorte pro Jahr erfolgreich am Markt platziert, ist gut im Geschäft. Bei Secobra waren es in den vergangenen zwei Jahren insgesamt sechs. In der eher überschaubaren Weizenzüchterbranche sieht sich der gebürtige Hohenloher durch die Erfolge seiner Arbeit für den enormen Aufwand belohnt. Einen besonderen Durchbruch erzielte er vor zwei Jahren: „Eine Sorte, deren grundlegende Kreuzungsarbeiten schon 1985 durchgeführt wurden, wurde nach 29 Jahren mit zwei neuen Resistenz-Genen zugelassen – das war schon ein besonderer Moment für mich.“

Die Liebe zur Landwirtschaft wurde Kempf quasi in die Wiege gelegt. Seine Eltern führten einen Bauernhof, den sein Bruder später übernahm. Beim Studium der Agrarwissenschaften an der Uni Hohenheim in Stuttgart entdeckte er die Begeisterung für das Züchter-Metier. Das Praktikum bei einem leidenschaftlichen Züchter hat Kempfs beruflichen Werdegang entscheidend geprägt. Direkt nach seiner Promotion hat es Dr. Hubert Kempf in die Branche gezogen. 1991 fing er seine erste Stelle bei der Saatzucht Schweiger an, die später von Secobra Saatzucht übernommen wurde. Wenn der Wissenschaftler nicht auf dem Feld steht, kümmert er sich als verwaltungstechnischer Stationsleiter um die Organisation der Mitarbeiter, die Kooperation mit den Landwirten und die Kontakte zum Landhandel.

Sein Herzblut aber steckt in der Züchtung: „Das Besondere an unserem Beruf ist, dass man die Entwicklung einer Züchtung von der Kreuzung an bis zum Ende selbst in der Hand hat und begleitet“, sagt der 56-Jährige. Auch die Arbeit in der Natur  schätzt er sehr. Entwickelt wird derzeit noch nahezu ausschließlich auf dem Feld und nur in wenigen Fällen auch im Reagenzglas – auch das ist eine Besonderheit seines Berufs. Die arbeitsintensivsten Monate sind zwischen Mai und Oktober, die der Agrarwissenschaftler häufig von frühmorgens bis zur Dämmerung auf den rund 40 Hektar Zuchtgartenfläche verbringt, die der Betrieb von lokalen Landwirten pachtet. „Das hat natürlich nur funktioniert, weil die Familie mitgezogen hat“, sagt er. Der obligatorische Sommerurlaub mit Frau und Kindern musste in der damals deutlich kleineren Saatzucht häufig ausfallen. Die teilweise schwer einzuhaltende  „Work-Life-Balance“ könnte sicherlich mit ein Grund dafür sein, dass es heute weniger junge Agrarwissenschaftler in den Saatzuchtbereich zieht, schätzt der Züchter. Für ihn hat es sich auf jeden Fall gelohnt: „Das Berufsleben eines Weizenzüchters könnte von mir aus ruhig 20 Jahre länger dauern.“

Beispiel 2: "Die aktuellen Themen im Blick"

Patricia-SteinbornPatricia Steinborn schreibt als Fachjournalistin über Themen wie Landwirtschaft, Gartenbau und Bioenergie. Die Abwechslung schätzt sie besonders an ihrem Beruf.

Interessante Themen recherchieren und leserfreundliche Fachartikel verfassen, Interviews führen und Pressekonferenzen besuchen: Wenn die Agrarjournalistin Patricia Steinborn morgens ins Büro kommt, weiß sie nie, was der Tag bringt. Diese spannende Vielseitigkeit schätzt die Redakteurin von „Agra Europe“, des Berliner Presse- und Informationsdienstes für Agrarpolitik und Agrarwirtschaft  am meisten an ihrem Job. Für die wöchentlich erscheinende Publikation zeichnen sie und ihre Kollegen ein aktuelles Bild der Themen Landwirtschaft, Gartenbau und Bioenergie in Deutschland und international.

Die entscheidenden Fachkenntnisse hat sich Patricia Steinborn im Studium angeeignet. Nach einer Ausbildung zur Pharmazeutisch-technischen Assistentin hat sich die gebürtige Berlinerin für Agrarwissenschaften entschieden, weil sie schon immer eine große Sympathie für das grüne Berufsfeld hegte. Nicht nur, dass sie im Studium an der Berliner Uni die Schwerpunkte auf Gartenbau und Bio-Energie legte, kam ihr bei ihrem beruflichen Werdegang zugute. Auch die ungewöhnliche Tatsache, dass Steinborn zwei Master-Abschlüsse im Agrarbereich vorweisen kann, war oft ein Aufhänger in Bewerbungsgesprächen, sagt die 38-Jährige. Weil ihr der erste Master im Bereich Gartenbau nicht genügte, sattelte die Agrarwissenschaftlerin innerhalb eines Jahres noch einen Abschluss in Agrar­ökonomie auf, statt mehrere Jahre in eine Promotion zu investieren.

Wie viel Spaß ihr das Schreiben macht, hat Patricia Steinborn erst während ihres letzten Forschungsprojekts an der Uni entdeckt. Auf Empfehlung ihres Professors verfasste sie Artikel für Fachzeitschriften und konnte so wertvolle Referenzen für die Volontärs-Bewerbung bei der Zentralen Markt- und Preisberichtstelle (ZMP) sammeln. Noch vor  ihrem zweiten Masterabschluss 2008 begann sie mit dem Volontariat, das zwar wegen der Insolvenz der ZMP verkürzt werden musste, aber die entscheidende Grundlage für den weiteren Berufsweg der Fachjournalistin bildete: Nach einem Volontariat bei „Agra Europe“ wurde sie von ihrem heutigen Arbeitgeber übernommen. Besonders geholfen hat ihr dabei die Vielseitigkeit der Themengebiete, die sie durch ihr breites Studium kennengelernt hat, sagt die 38-Jährige.

Rückblickend erkennt Patricia Steinborn, dass sich die Umwege zu ihrem Traumjob absolut gelohnt haben. Bei der Jobsuche sollte man auch über den Tellerrand blicken und bei den ersten Stellen vielleicht auch mal Kompromisse eingehen. „An vielen Unis wird Studierenden vermittelt, dass Agrarwissenschaftler händeringend gesucht werden“, beobachtet Patricia Steinborn, die neben ihrem Job ehrenamtlich als Geschäftsführerin des VDL-Landesverbandes Ost e.V. tätig ist.  Durch die Verbandsarbeit erhält sie nicht nur viele hilfreiche Kontakte für ihren Beruf, sondern auch einen Blick auf die Berufschancen jungen Absolventen. Sie empfiehlt ihnen, offen zu bleiben und sich nicht zu eng an bestehende Vorstellungen zu klammern. „Die erste Zeit nach dem Studium kann eine Durststrecke sein. Aber es lohnt sich, Zeit zu investieren und verschiedene Bereiche auszuprobieren.“ 

Beispiel 3: "Forschen für Nachhaltigkeit und Ressourcenschutz"

Anne-Katrin-MahleinDr. Anne-Katrin Mahlein forscht an der Uni Bonn zum Thema Pflanzenkrankheiten. Ihre Ergebnisse könnten die Landwirtschaft maßgeblich verändern.

Wenn Dr. Anne-Katrin Mahlein Zuckerrüben oder Gerste im Labor betrachtet, ist sie Landwirten und Pflanzenzüchtern weit voraus. Die junge Forscherin erkennt Krankheiten und Stress bei Pflanzen, lange bevor sie erste Anzeichen dafür zeigen. Spezielle Kameras zeichnen die Reflexion in unterschiedlichen Wellenlängen auf, die geschwächte Pflanzen von gesunden unterscheiden und mit dem menschlichen Auge nicht zu sehen sind. Seit ihrer Promotion zum Thema Blattkrankheiten an der Uni Bonn im Jahr 2011 hat die Agrarwissenschaftlerin jede Menge zu tun, denn viele Unternehmen und Forschungseinrichtungen haben Interesse an der zukunftweisenden Technologie. In fünf bis zehn Jahren sollen die Forschungsergebnisse zu einer Anwendung in der Praxis führen.

Genau diese praxisbezogene Forschung für eine nachhaltige und ressourcenschonende Landwirtschaft fasziniert Dr. Anne-Katrin Mahlein an ihrem Beruf. Praktika in einem Landwirtschaftsbetrieb und bei einem agrochemischen Unternehmen haben das Interesse der damaligen Studentin geweckt, Forschung für die praktische Anwendung zu betreiben, von der Landwirte profitieren. „In der Praxis werden Krankheiten und Mangelzustände häufig erst erkannt, wenn eindeutige Symptome auftreten. Ertragseinbußen sind dann bereits vorprogrammiert. Manche Krankheiten sind zudem selbst von Experten nur schwer zu unterscheiden“, sagt die Agrarwissenschaftlerin. Zudem können Pflanzenzüchter die Technik nutzen, um die Nachkommen aus Pflanzenkreuzungen nach gewünschten Merkmalen wie Krankheits- oder Stressresistenz sicher auszuwählen.

Die Themen Pflanzenkrankheiten und Pflanzenschutz haben die 33-Jährige bereits während ihres Studiums an der Uni Bonn fasziniert. Ihre erste eigenständige Forschung im Rahmen der Diplomarbeit warf eine Vielzahl interessanter Fragestellungen auf. „Von diesem Zeitpunkt an war mir klar, dass ich in der Forschung bleiben möchte“, erinnert sich die Agrarwissenschaftlerin. Nach ihrem Abschluss 2007 begann sie mit der Promotion und ist seitdem als Post-Doc am Institut für Nutzpflanzenwissenschaften und Ressourcenschutz tätig. Seit einem Jahr leitet sie dort eine Nachwuchsforschergruppe und kooperiert mit anderen Universitäten, Forschungseinrichtungen und Unternehmen.

Angehenden Agrarwissenschaftlern rät Dr. Anne-Katrin Mahlein, ihre Interessen durch Praktika in verschiedenen Bereichen auszuloten. Wer in die Forschung will, sollte sich durch einen Master-Abschluss für eine Promotion qualifizieren und Interesse an innovativen und interdisziplinären Fragestellungen mitbringen.“

Beispiel 4: "Nah dran an den Tieren und Menschen"

Nadine-HülsmannNadine Hülsmann prüft als Tierzuchtreferentin Zuchtorganisationen und Besamungsstationen. Der Kontakt zu Landwirten und Züchtern ist ihr dabei sehr wichtig.

Wenn Nadine Hülsmann durch die Tierställe und Besamungsstationen geht, ist sie mehr als eine reine Kontrollinstanz. Die Referentin für Tierzuchtrecht bei der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen nimmt sich bei ihren Besuchen viel Zeit, um mit den Landwirten und Züchtern zu sprechen. „Der persönliche Kontakt zu den Menschen ist mir sehr wichtig“, sagt die 33-Jährige. Für Nadine Hülsmann sind die Termine vor Ort eine schöne Abwechslung zu ihrem Büroalltag. Bei der Landwirtschaftskammer ist sie für die Zulassung und Überwachung von Zuchtorganisationen, Samendepots sowie Besamungs- und Embryotransferstationen zuständig. Sie prüft die von Organisationen und Züchtern erstellten Dokumentationen von der Besamung bis zur Geburt der Nachkommen von Rindern, Pferden, Schafen, Ziegen und Schweinen. Im Bereich der Besamungs- und Embryotransferstationen kontrolliert die Referentin, ob bei Gewinnung, Übertragung, Lagerung und Abgabe die Vorschriften des Tierzuchtrechts eingehalten werden. Zudem ist sie an der Ausbildung von Eigenbestandsbesamern und Besamungsbeauftragten beteiligt.

In welchem Bereich sie nach dem Studium arbeiten würde, war für Hülsmann lange Zeit offen, da der Abschluss Agrarwissenschaften so viele Möglichkeiten bietet.

Dass komplizierte Gesetzestexte ihr liegen, hat die Agrarwissenschaftlerin erst während der Bachelorvorlesungen zu Agrar- und Umweltrecht gemerkt. Dass sie direkt nach ihrem Masterabschuss 2013 ihren Traumjob bei der Landwirtschaftskammer ergattert hat, war nicht nur ein glücklicher Zufall. „Meine beruflichen Vorkenntnisse kamen mir bei der Bewerbung sehr zugute“, sagt Hülsmann. Bereits als Jugendliche verbrachte sie jede freie Minute auf einem Gestüt, bei dem die pferdebegeisterte junge Frau direkt nach dem Schulabschluss eine Ausbildung zur Pferdewirtin absolvierte. Eine Zusatzausbildung zur Besamungsbeauftragten legte einen entscheidenden Grundstein für ihren weiteren beruflichen Werdegang. Obwohl ihr die Arbeit viel Spaß machte, waren die körperliche Belastung und der geringe Verdienst ausschlaggebend, neben ihrem Job das Abitur nachzuholen. Im Studium der Agrarwissenschaften legte Nadine Hülsmann mit Blick auf ihren künftigen Beruf bewusst den Schwerpunkt auf das Thema Nutztierwissenschaften: „Ich wollte nach dem Studium unbedingt etwas machen, was nicht nur am Schreibtisch stattfindet, sondern einen praktischen Bezug zur Tierzucht hat.“

Der Teil ihres Berufs allerdings, der am Schreibtisch stattfindet, ist für die 33-Jährige trotzdem sehr spannend. „Am Anfang war der neue Job eine ziemliche Herausforderung“, erinnert sie sich. In der ersten Zeit kämpfte sie sich durch Stapel von Gesetzestexten, um sich einen  Überblick zu verschaffen. Das Tierzuchtrecht stand während des Studiums nicht auf dem Lehrplan. In der intensiven, fast einjährigen Einarbeitungsphase bekam sie viel Unterstützung von einem Kollegen, der inzwischen im Ruhestand ist. „Aktuell plant die EU eine neue Tierzuchtverordnung. Zunächst werden uns die Gesetzesentwürfe zugeschickt“, erklärt Hülsmann. Anschließend gibt die zuständige Behörde jedes Bundeslandes eine Stellungnahme dazu ab. „Zu beobachten und beteiligt zu sein, wie ein neues Gesetz entsteht, finde ich besonders spannend.“

Studierenden rät sie, in einen Berufsverband einzutreten. „Dort bekommen junge Agrarwissenschaftler tolle Unterstützung, wenn es darum geht, sich in der vielfältigen Berufswelt zu orientieren.“

 

Weitere WILA-Angebote