Neben dem Job promovieren
Anouschka Strang ist Karrierecoach und berät Doktorandinnen und Doktoranden. / Foto: A. Strang

Neben dem Job promovieren

Fragen Sie unseren Coach (5): Manche Akademikerinnen und Akademiker spielen mit dem Gedanken, neben ihrer beruflichen Tätigkeit zu promovieren. Eine kluge Idee?

Die Frage:

"Ich arbeite jetzt seit fünf Jahren und denke oft an die gute Zeit an der Hochschule. Damals hat man die Themen noch tiefer durchdrungen. Ich überlege, ob ich neben meinem Job noch promoviere. Wie würden Sie vorgehen?"

Die Antwort von Karrierecoach Anouschka Strang:

Anouschka Strang: Wenn Sie neben Ihrem beruflichen Alltag promovieren wollen, sollten Sie einige Fragen vorab klären und anschließend einen klugen und pragmatischen Plan entwerfen.

Für Ihre Promotion sollten Sie unter diesen Umständen mindestens drei bis fünf Jahre einplanen, in denen Sie jede Woche zehn bis 15 Stunden investieren müssen. Das sind jeden Abend drei Stunden oder ein bis zwei volle Arbeitstage pro Woche. Und diese Zeit geht von Ihrem Privatleben ab. Sind Sie dazu bereit? Falls nicht, sollten Sie besser die Finger davon lassen.

Ihre Erfahrung aus der Hochschule hilft Ihnen nur bedingt weiter. Bei einem Diplom, einer Magister- oder Master-Arbeit gibt es einen festen Zeitplan mit einem zeitlich fixierten Ende. Bei einer Promotion setzen Sie selbst die Fristen, und niemand kontrolliert Sie. Außerdem ist die Komplexität in der Regel deutlich höher. Es ist also sehr viel anspruchsvoller. Gleichzeitig sind Sie viel isolierter als die Doktoranden, die an der Universität arbeiten.

Wenn Sie sich über mehrere Jahre mit einem Thema auseinandersetzen wollen, brauchen Sie einen starken Willen. Deswegen sollten Sie sich auch vorab fragen, warum Sie promovieren möchten. Sind es persönliche Ziele? Möchten Sie sich fachlich weiterentwickeln? Bringt Sie die Doktorarbeit auch beruflich weiter?

Wenn Sie diese Fragen geklärt haben, geht es darum, Ihre Promotion zu planen und umzusetzen. Es beginnt mit der Suche nach einem geeigneten Thema und einem passenden Professor. Viele Menschen entwickeln sich beruflich in eine andere Richtung, die vielleicht mit dem Studium nicht mehr viel zu tun hat. Gibt es ein aktuelles Thema in Ihrer Branche, das dauerhaft relevant ist und Sie nachhaltig interessiert? Dann könnten Sie daraus eine Fragestellung entwickeln und anschließend eine passende Betreuung suchen.

Einfach so bei einem unbekannten Prof anklopfen – das funktioniert leider nicht. Professoren haben viel zu tun, und es braucht einen triftigen Grund, warum sie sich noch zusätzlich um einen externen Doktoranden kümmern sollten. Ergreifen Sie die Initiative!  Beschreiben Sie auf zwei bis drei Seiten Ihr Thema, Ihre methodische Herangehensweise und eine grobe Gliederung. Hierfür sollten Sie sich vorab auf den aktuellen Forschungsstand bringen. Häufig hilft ein solches Exposé auch, um sich selbst klarer über das Vorhaben zu werden.

Nun können Sie sich zum Beispiel über das Sekretariat einen Gesprächstermin geben lassen. Oder Sie besuchen eine Tagung und versuchen dort den Professor anzusprechen. Es gibt viele Möglichkeiten abseits der klassischen E-Mail. Anschließend geht es darum, dass Sie einen realistischen Zeitplan entwerfen. Sie sollten Ihre Doktorarbeit nicht als Lebenswerk begreifen, sondern als eine Prüfungsleistung. Auf Basis des Exposés können Sie Meilensteine definieren und so Schritt für Schritt weiter kommen.

Ein Tipp: Schauen Sie vorab in die Prüfungsordnung! Zu jeder Promotion gehört eine Disputation oder ein Rigorosum. Wobei Letzteres umfangreicher in der Vorbereitung ist. Zudem sind von externen Doktoranden häufig Zusatzleistungen zu erbringen, insbesondere, wenn die Promotion in einer anderen als der ursprünglichen Fachdisziplin verortet ist.

Zum Abschluss: Eine Doktorarbeit lohnt sich sehr! Sie steigern ungemein ihre Selbstlernkompetenzen. Bei jeder Promotion gibt es ein tiefes Tal. Wenn Sie dies durchschritten haben, kommen Sie mit erhobenem Haupt wieder heraus und sind persönlich gereift. Und eine fachliche Spezialisierung hilft im Beruf fast immer weiter.

Zum Coach

Dr. Anouschka Strang bietet integriertes Coaching für Doktoranden, Berufs(neu)orientierer und Existenzgründer an. Nachdem Motivation und Ziele geklärt sind und das bisherige Vorgehen analysiert wurde, erstellt sie gemeinsam mit ihren Coachees einen Projektplan und begleitet sie bei der Veränderung. Dabei greift sie unter anderem auf Methoden des Zeit- und Projektmanagements zurück. Mehr zu unserem Coaching-Kooperationsprogramm finden Sie hier.

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