Interview mit einem E-Book-Autor
E-Books: Digitale Bücher ermöglichen vielen Autoren auch ohne Verlag Geld zu verdienen. Foto/Copyright: © Markus Bormann - Fotolia.com

Interview mit einem E-Book-Autor

In einer Themenausgabe haben wir uns mit E-Books als Einnahmequelle auseinandergesetzt. Unter anderem haben wir einen unabhängigen "Self Publisher" gefragt, wie er sein Geld verdient.

Der studierte Theaterwissenschaftler Ulrich Merholt (Name geändert) ist seit 1998 als Musikjournalist freiberuflich tätig und veröffentlichte 2012 sein erstes digitales Buch. Er schreibt im Genre "Kriminalroman". Mit seinem neuesten E-Book schaffte er es bis auf Platz 180 der Amazon-Charts.

arbeitsmarkt: Wie kamen Sie auf die Idee, im Self-Publishing tätig zu werden?

Ulrich Merholt: Vor zwei Jahren wurde eine langjährige Rundfunksendung, die ich zweimal im Monat als Autor betreute, vom Sender genommen. Somit musste ich diese Lücke füllen und besann mich auf einen Kriminalroman, den ich 2004 in einem Berliner Verlag veröffentlichte. Da die Rechte inzwischen an mich zurückgefallen waren, habe ich den Text gründlich überarbeitet, die letzten Kapitel komplett neu geschrieben und bei Amazon eingestellt.

Und der Erfolg ließ nicht lange auf sich warten?

Doch, er ließ auf sich warten. Von diesem ersten E-Book-Krimi, der 80 Seiten umfasste, verkaufte ich in den ersten drei Monaten 43 Stück. Ich habe dann nachgelegt und daraus eine Serie mit drei weiteren Folgen entwickelt. Dann lief es besser. 

Warum lief es dann besser?

Ich habe das alte „Bastei-Verlag-Prinzip“ angewandt, nachdem zum Beispiel drei Jerry-Cotton-Romane als Sammelband zum Sonderpreis angeboten werden. E-Book-Käufer wollen nämlich nach meiner Erfahrung viel Text für wenig Geld. Der Sammelband lief dann richtig gut. Man muss aber immer nachlegen, irgendwann sind E-Books „durch“, und das fängt man nur durch eine weitere Story auf, weil sonst die Einnahmen sinken.

Schreiben Sie marktorientiert?

Anfangs nicht. Mein erster Held schlug sich im New York von 1938 durch die Musicalszene, das war für viele Leser zu weit weg. Mir gefielen die Storys zwar, die sich heute noch ab und zu verkaufen, aber ich wollte mit den eigenen E-Books ja meine Kasse auffüllen. Deshalb schwenkte ich um, verlegte meine Geschichten in die heutige Zeit und in diesen darf auch mal mit dem Smartphone telefoniert, bei Starbucks Kaffee getrunken und Lady Gaga gehört werden. 

Welches Marketing betreiben sie?

Gar keines, entweder die Bücher laufen gut – oder eben weniger gut. Aber ich schaue genau hin, wo die Ladenhüter und wo die Hits sind. Und dann schreibe ich das nächste E-Book so, dass es wieder ankommt und sich verkauft. 

Verkommt das E-Book damit nicht zur konfektionierten Ware?

Meinetwegen ja, aber damit kann ich leben. Ich liefere Unterhaltungsliteratur, so wie es viele Print-Verlage übrigens auch tun, immer mit dem Blick auf die Marge gerichtet. Ich möchte damit Geld verdienen. Autorenlesungen oder der deutsche Buchpreis sind nicht mein Ziel. Andere Autoren mögen das anders sehen.

Welche Tipps geben Sie zukünftigen Autorinnen und Autoren?

Sich Zeit lassen, zunächst mit 50 Seiten anfangen, nicht sofort mit dem Opus magnum von 400 Seiten, das funktioniert nicht, sondern sich langsam steigern und Schreiberfahrung sammeln. Auch Schreibratgeber lesen, ich empfehle da den Autor Stephan Waldscheidt. Mehrere Korrekturdurchgänge sind wichtig, ebenso die stilistische Überarbeitung. Den Text ausdrucken und einmal laut lesen. Das Manuskript auch mal drei Monate liegen lassen und es sich dann mit einem frischen Blick und mit Selbstkritik nochmals ansehen. Interessante Charaktere aufbauen, nichts ist schlimmer als ein langweiliger Held. Dabei immer glaubhaft bleiben. Die Pistole, die der Held beim finalen Kampf gegen seinen Widersacher zufällig in einer New Yorker Straßenschlucht findet, die gibt es nicht.

Können Sie sich vorstellen, eines Ihrer Manuskripte einem Verlag anzubieten?

Darauf arbeite ich hin, und dieser Roman soll dann mein erstes Buch werden, das ich unter meinem richtigen Namen veröffentlichen werde. Aber dafür braucht es noch einige Zeit. Schreiben ist auch Erfahrung, und je mehr man schreibt, desto besser wird man. Ich sehe die Arbeit als Selfpublisher durchaus als Einstieg in den Markt der gedruckten Bücher, und wenn das nicht klappen sollte, dann bleibt mir ja immer noch das Einstellen als E-Book. Hauptsache, ich werde gelesen.

Vielen Dank für das Interview! 

Arbeitsmarkt GeisteswissenschaftlerDas Interview ist ein Auszug aus unserem Heft arbeitsmarkt Bildung, Kultur, Sozialwesen. Jede Woche bieten wir eine Übersicht über mehrere hundert aktuelle und qualifizierten Stellen. Außerdem berichten wir über aktuelle Trends am Arbeitsmarkt. 

 

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