Chef*in im Homeoffice sein
Alle arbeiten im Homeoffice – auch die Vorgesetzten. Wie kann es Führungskräften dennoch gelingen, ihrer Rolle gerecht zu werden und gleichzeitig den Zusammenhalt zu fördern?
Text: Anja Schreiber
Das Thema „Führen auf Distanz“ ist spätestens seit der Pandemie wichtig geworden. Auch Führungskräfte haben die verschiedenen Vorteile des Arbeitens im Homeoffice entdeckt. So lassen sich sowohl Arbeitszeiten flexibler und individueller gestalten als auch Büroflächen reduzieren. Doch für Führungskräfte bringt das auch besondere Herausforderungen mit sich. So ist die Kommunikation mit den Mitarbeitenden weit aufwendiger, als wenn alle vor Ort sind, denn der Austausch zwischen Tür und Angel fällt weg. Damit ist es nicht mehr so leicht, einander zwischendurch Informationen zukommen zu lassen. Außerdem ist es für Führungskräfte schwieriger mitzubekommen, wie es ihren Teammitgliedern persönlich geht oder wie diese mit ihren Aufgaben vorankommen. Denn der kurze Plausch im Büro oder die kleine Geste in der Teeküche sind deutlich niederschwelliger als eine Nachricht auf digitalem Wege.
Kein Wunder, dass viele Vorgesetzte das Gefühl haben, dass ihnen beim Homeoffice die Kontrolle entgleitet. Durch die verschiedenen Kommunikationskanäle – von der Mail über den Chat bis zum Videocall – können sie zudem leicht die Übersicht über Absprachen verlieren. Die Mitarbeiter*innen dagegen fühlen sich schneller alleingelassen und leiden zum Beispiel darunter, dass ihnen Informationen fehlen oder sie diese verspätet erhalten. Nicht selten fehlt ihnen auch die Unterstützung durch Vorgesetzte und Kolleg*innen. Gleichzeitig stehen sie – zumindest gefühlt – unter dem Druck zu beweisen, dass sie auch im Homeoffice produktiv sind. Diese Rahmenbedingungen können zu einem weiteren Problem führen: der sogenannten interessierten Selbstgefährdung. Darunter versteht man ein Arbeitsverhalten bei Mitarbeitenden und Führungskräften, das dazu führt, aus Interesse am beruflichen Erfolg die eigene Gesundheit zu gefährden. Beschäftigte arbeiten dann zum Beispiel häufig länger als zehn Stunden pro Tag, sind am Wochenende und im Urlaub erreichbar oder kümmern sich auch trotz Krankheit weiter um ihre Projekte.
Vertrauen und Transparenz
All diese Herausforderungen und Besonderheiten sollten Führungskräfte kennen, um ihre Kommunikations- und Führungsstrategien entsprechend anzupassen. Es ist sinnvoll, die eigene Rolle und Haltung gegenüber den Mitarbeitenden zu reflektieren, indem sie sich fragen, inwieweit ihre Verhaltensweisen dem Team gegenüber sinnvoll und adäquat sind. Wer als Vorgesetze*r in einer Präsenzkultur gerne auf Kontrolle und Micro-Management setzt – also die sehr starke Orientierung auf Details – wird seine Probleme mit der Führung aus der Ferne haben. Stellt jemand mit Personalverantwortung jedoch grundsätzlich Vertrauen und Transparenz in Vordergrund, wird das digitale Führen dagegen leicht(er) fallen.
Damit das Führen auf Distanz gelingt, sollten Vorgesetzte die Fähigkeiten eines jeden Teamglieds gut einschätzen können. Wichtig ist Empathie, aber auch die Fähigkeit, Arbeitsabläufe gut zu organisieren und dafür die passenden digitalen Tools zu nutzen. Neben Videokonferenzsystemen können dazu Online-Projektmanagement-Tools wie Asana gehören und Echtzeit-Messaging-Plattformen, beispielsweise Slack. Manche Tools wie Stackfield kombinieren verschiedene Funktionen wie Aufgabenverwaltung, Projektplanung, Videokonferenzen, Team-Chat und Dateiaustausch. Doch egal welche Tools genutzt werden: Führungskräfte haben die Aufgabe, die Regeln für die Remote-Arbeit festzulegen. Sie müssen klar und transparent machen, wie die Erreichbarkeit der Teammitglieder – auch im Notfall – aussehen soll. Eindeutige Vorgaben für Kernarbeitszeiten und virtuelle Meetings zu schaffen, ist ebenfalls eine zentrale Leitungsaufgabe. Dabei gilt es, einerseits den Wunsch nach Flexibilität der Mitarbeitenden Rechnung zu tragen, andererseits die Arbeitsfähigkeit des Teams sicherzustellen. Außerdem sollten Vorgesetzte die Arbeit an gemeinsamen Dokumenten, den Informationsaustausch und die Verwaltung von Kalendern verbindlich regeln. Das alles schafft Transparenz und Verlässlichkeit.
Zeit für persönliche Gespräche
Zur Transparenz gehört auch, dass es im Team die Möglichkeit gibt, gemeinsam die Zusammenarbeit zu reflektieren und offen über Probleme zu sprechen. So lassen sich Schwachstellen aufdecken und korrigieren. Das Sammeln von anonymem Feedback ist eine weitere Möglichkeit, um potenzielle Schwierigkeiten frühzeitig zu erkennen. Neben den Gesprächen im Team sind auch Einzelgespräche wichtig. Sie dürfen auch im Homeoffice nicht unter den Tisch fallen. Dabei sollten Vorgesetzte nicht nur über Sachliches reden, sondern auch erfragen, wie es dem Teammitglied persönlich geht. Es kann zudem sinnvoll sein, wenn Führungskräfte den privaten Austausch im Team fördern, etwa mit einer virtuellen Kaffeepause, bei der nicht über die Arbeit gesprochen wird.
Die meisten virtuellen Teams sehen sich von Zeit zu Zeit im realen Leben. Für die Organisation solcher Treffen ist in der Regel die Führungskraft zuständig. Empfehlenswert sind Meetings, die einen Mehrwert liefern wie zum Beispiel Kick-off-Veranstaltungen, fachliche Workshops oder Teambuilding-Events. Entscheidend ist dabei, dass die Mitarbeitenden den Sinn solcher persönlichen Treffen erkennen. Deshalb ist es eine gute Idee, im Team auch Erfolge zu feiern.