Trainee mit Berufserfahrung
Sind Traineeprogramme nicht nur etwas für Leute frisch von der Hochschule? Nicht unbedingt! Auch für Berufserfahrene und Quereinsteiger*innen können sich hier Chancen bieten. Jedoch sollten die Angebote sorgfältig vorab geprüft werden.
Text: Daniela Obermeyer
Ein Trainee ist in der Regel eine*n Hochschulabsolvent*in, der oder die in einem Unternehmen systematisch als Nachwuchskraft aufgebaut wird. Dafür durchlaufen die Trainees spezielle Förderprogramme, die zwischen zwölf und 24 Monaten dauern. Sogenannte Traineeships konzentrieren sich meist auf bestimmte Branchen wie Finanzen und Versicherungen. Und häufig sind es vor allem große Institutionen und Konzerne, welche ihren Führungskräftenachwuchs auf diese Weise auf ihre künftige Rolle vorbereiten. Aus diesem Grund bekommen Trainees teils eine recht hohe Bezahlung. So listet das Portal trainee-gefluester.de ein durchschnittliches Monatsgehalt im Bereich Marketing von 3.783 Euro auf, im Personalbereich sogar von 4.237 Euro.
Die Begriffe Trainee und Traineeship sind jedoch nicht geschützt, sodass sich dahinter allerhand Programme verbergen können. Diese können sich demnach auch an berufserfahrene Akademiker*innen richten und die Branchen können ebenfalls sehr weit gestreut sein. Zum Beispiel gibt es bei Bertelsmann ein Traineeprogramm speziell für Master-Absolvent*innen der Geistes- und Sozialwissenschaften. Und in der WILA-Stellen-Datenbank war vor kurzem ein Jobangebot der IU internationalen Hochschule zu finden für eine*n „Trainee Online Marketing (m/w/d)“. Der- oder diejenige musste einen ersten Studienabschluss mitbringen (Bachelor oder Diplom), die Fachrichtung war aber nicht vorgegeben. Jedoch sollten erste Erfahrungen im Online-Marketing vorhanden sein sowie im Umgang mit Content Management Systemen und im Customer Relationship Management. Aufgaben des Trainees sind unter anderem die „Unterstützung im operativen Tagesgeschäft sowie bei der Entwicklung, Planung und Umsetzung von zielgruppenspezifischen Marketingmaßnahmen“. Dieses vergütete Programm wurde zudem in Teilzeit angeboten, damit der oder die Trainee zusätzlich kostenfrei ein Master-Fernstudium an der IU machen kann. Eine Bachelorabsolventin in Romanistik, die beispielsweise schon in einem Verlag gearbeitet und Berufserfahrung in den geforderten Bereichen gesammelt hat, kann sich von dieser Stellenanzeige durchaus angesprochen fühlen.
Zu alt für ein Traineeship?
Generell dürfen Stellenausschreibungen nicht altersdiskriminierend verfasst sein. Es dürfen keine Vorgaben gemacht werden, wie jung oder alt – was sich anhand der gesammelten Berufserfahrung ja erschließen lässt – ein*e Bewerber*in zu sein hat, selbst nicht für Berufseinstiegsprogramme. Dazu gab es 2013 ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG). Ein Krankenhaus hatte ein Traineeprogramm für Hochschulabsolventen/Young Professionals ausgeschrieben. Ein 36 Jahre alter Rechtsanwalt mit Berufserfahrung bewarb sich ohne Erfolg und klagte daraufhin wegen Altersdiskriminierung. In den ersten beiden Instanzen war der Mann zwar erfolglos, doch das BAG entschied: Eine Stellenausschreibung, die sich ausdrücklich nur an Hochschulabsolvent*innen und Berufsanfänger*innen richtet, kann ein Indiz für eine Altersdiskriminierung sein.
Formal gesehen kann sich man sich also auch als Berufserfahrene*r auf eine interessante Traineestelle bewerben, unabhängig davon wie lange der Hochschulabschluss zurückliegt. Jedoch sollte man sich darüber im Klaren sein, dass diese Programme in der Regel auf Hochschulabsolvent*innen direkt nach dem Studienabschluss zugeschnitten sind. In einem gewissen Rahmen macht das auch Sinn, da ein Traineeship im Sinne einer Förderung von Nachwuchsführungskräften ein Studium komplettieren soll. Wer sich dennoch als Berufserfahrene*r bewirbt, muss in der Bewerbung und im Vorstellungsgespräch geschickt argumentieren. Die Fachkraft kann darauf hinweisen, dass sie bereits einiges an Arbeitserfahrung mitbringt und es dabei kein Hindernis sein muss, wenn diese Erfahrung sich auf eine andere Branche bezieht. Denn Dinge wie Teamwork, eine strukturierte Arbeitsweise oder Eigeninitiative sind branchenübergreifend gefragt. Zudem kann es durchaus wertvoll und bereichernd sein, Perspektiven und Arbeitsweisen aus einem anderen beruflichen Kontext mitzubringen. Wenn die oder der Bewerber*in dann außerdem plausibel erklärt, warum sie oder er sich für ein Traineeship entschieden hat – nämlich um eine gezielte Karriereentwicklung zu durchlaufen, um anschließend Führungsverantwortung zu übernehmen – zeugt das von Mut und hoher Motivation für das, was man künftig machen möchte.
Berufserfahrene*r und Quereinsteiger*in auf der Suche nach einem Traineeprogramm sollten gezielt kleinere Unternehmen und Start-ups in den Fokus nehmen. Die Gehälter sind zwar nicht so hoch wie in großen Firmen. Jedoch sind die Chancen höher, dass der Arbeitgeber mehr Wert auf die Motivation und die berufspraktischen Erfahrungen der Bewerber*innen legt als auf einen Master-Abschluss mit Bestnote und einen Elite-Lebenslauf.
Was macht ein gutes Traineeprogramm aus?
Ein wenig Vorsicht ist jedoch geboten: Berufserfahrene Akademiker*innen sollten sich nicht als kostengünstige Praktikant*innen einspannen lassen. Deswegen sollten sie gezielt nachhaken, welche Inhalte und Perspektiven das jeweilige Traineeprogramm bietet. Folgende Merkmale können helfen, eine gute Traineestelle zu identifizieren.
1. Verantwortung: Trainees übernehmen von Anfang an oder relativ schnell verantwortungsvolle Aufgaben, zum Beispiel in Form von eigenverantwortlich betreuten Projekten.
2. Perspektiven: Trainees werden anschließend in eine Festanstellung übernommen. Sie sind fester Bestandteil der Personal-Strategie und es gibt im Unternehmen Beispiele für erfolgreiche Karrieren auf Basis des Traineeprogramms.
3. Aufbau: Die Trainees durchlaufen mehrere Unternehmensbereiche. Zu Programm gehören demnach unter anderem Einführungsveranstaltungen, Fachtrainings, Networking-Veranstaltungen und Auslandsaufenthalte.
4. Mentoring: Es gibt Mentor*innen im Unternehmen, die den Trainees zur Seite stehen und ihnen regelmäßig Feedback geben.
5. Gehalt: In den Programmen bekommt man meist eine Bezahlung wie bei ähnlichen Stellen in anderen Unternehmen. Ein Einstieg als Trainee ist finanziell langfristig mit einem Direkteinstieg vergleichbar.