Unterlassungsklagen im Job

Will man, dass ein bestimmtes Verhalten anderer Personen aufhört, hilft manchmal nur noch eine Unterlassungsklage. Damit lässt sich auch im Arbeitskontext gegen Verletzungen des Rechts vorgehen, wie Marc-Oliver Schulze erläutert, Fachanwalt für Arbeitsrecht und Datenschutz.

Porträt von Marc-Oliver Schulze
Marc-Oliver Schulze vertritt für die Kanzlei AfA Rechtsanwälte deutschlandweit Arbeitnehmende und Betriebsräte. Foto: AfA

Interview: Christine Lendt

WILA Arbeitsmarkt: Wann haben Arbeitnehmer*innen Anspruch auf Unterlassung gegen Ihren Arbeitgeber? Was für Fälle kommen in der Praxis häufig vor?
Marc-Oliver Schulze: Einen Anspruch auf Unterlassung hat ein Arbeitnehmer immer dann, wenn die Gefahr besteht, dass der Arbeitgeber (oder aber auch ein Arbeitskollege) Handlungen vornimmt, die ihn in seinen Rechtsgütern verletzen – also ein Eingriff in das Eigentum, die Gesundheit oder das allgemeine Persönlichkeitsrecht im Raume steht.

So kommt es regelmäßig vor, dass sich Arbeitnehmer*innen am Arbeitsplatz mit Mobbinghandlungen konfrontiert sehen, also mit systematischer Anfeindung, Schikane oder Diskriminierung und dadurch in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht, der Ehre oder der Gesundheit verletzt werden. Die Anfeindungen können unterschiedlichster Art sein – sei es offene Beleidigungen oder aber die Herabwürdigung der Fähigkeiten, das systematische Ausschließen von Förderungsmaßnahmen oder das unberechtigte Abmahnen oder Kündigen.

Vielfach gibt es Auseinandersetzungen darüber, ob Bilder oder Videoaufnahmen des Arbeitnehmers zu Werbezwecken des Arbeitgebers (weiter) verwendet werden dürfen, wenn dieser zunächst damit einverstanden war. Ein Widerruf der Einwilligung ist jedenfalls dann möglich, wenn ein plausibler Grund angegeben wird, warum der Arbeitnehmer sein Recht auf informationelle Selbstbestimmung nunmehr gegenläufig ausüben will.

Häufig kommt es erst nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu Auseinandersetzungen – etwa, wenn der Arbeitgeber unwahre Tatsachen über den Arbeitnehmer verbreitet, zum Beispiel, dass der Grund für die Kündigung die Begehung einer Straftat war. Solche Rufschädigungen können gerade in kleinen Branchen eine starke Beeinträchtigung bei der Jobsuche bedeuten.

Unter welchen Voraussetzungen können Arbeitnehmer*innen erfolgreich auf Unterlassung klagen?
Im Regelfall wird der Unterlassungsanspruch auf eine entsprechende vertragliche Grundlage gestützt – den Arbeitsvertrag. Wenn eine Pflicht hieraus verletzt wird und eine Wiederholungsgefahr besteht oder eine Erstbegehung unmittelbar zu befürchten ist, kann eine Unterlassung verlangt werden. Hier ist insbesondere an die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers zu denken, wonach dieser Rücksicht auf das Wohlergehen seiner Arbeitnehmer*innen zu nehmen hat. Auch Handlungen von Arbeitskolleg*innen können einen Unterlassungsanspruch gegen den Arbeitgeber begründen, soweit diese für ihn tätig geworden sind.

Gibt es auch Fälle, in denen der Arbeitgeber gegen Arbeitnehmer*innen auf Unterlassung vorgeht?
Das kommt regelmäßig vor, wenn ein Verstoß gegen arbeitsvertragliche Pflichten droht. Wurde etwa eine Geheimhaltungspflicht vertraglich vereinbart, kann der Arbeitgeber gegen den Arbeitnehmer vorgehen. Auch kann es einem Arbeitnehmer aus Wettbewerbsgründen arbeitsvertraglich verwehrt sein, einer bestimmten Nebentätigkeit nachzugehen. Oder der Arbeitgeber macht einen Anspruch auf Unterlassung einer rechtswidrigen Streikmaßnahme geltend – etwa, wenn der Streikaufruf auf ein tariflich nicht regelbares Ziel gerichtet ist und damit ein rechtlich geschütztes Recht des Arbeitgebers – das Recht am sogenannten eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb – verletzt wird.

Kann einem Arbeitnehmer oder einer Arbeitnehmerin eine Unterlassungsklage empfohlen werden?
Arbeitnehmer*innen sollten sich natürlich nicht alles gefallen lassen und dem Arbeitgeber rechtzeitig klare Schranken setzen. Das gilt insbesondere, wenn wie beim Mobbing Grenzen überschritten werden. Man muss allerdings realistisch bleiben: In den allermeisten Fällen – spätestens dann, wenn arbeitsgerichtliche Verfahren angestrengt werden – läuft es auf eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses hinaus.

Soweit der Erhalt des Arbeitsplatzes im Vordergrund steht, kann deshalb ein behutsames Vorgehen angezeigt sein. Wenn allerdings auch das Ausscheiden in Betracht kommt, kann eine Unterlassungsklage der schnelle Einstieg in den Ausstieg sein. Hier sollte dann neben einer möglichen Abfindung auch in den Blick genommen werden, ob Schadensersatzansprüche aufgrund von Persönlichkeitsverletzungen des Arbeitgebers oder von Arbeitskolleg*innen geltend gemacht werden.

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