Ordnen und voran bringen
Alle Institutionen brauchen Fachkräfte, die ihre Entwicklung vorantreiben. © weedezign – stock.adobe.com

Ordnen und voran bringen

Gesucht: Organisationsentwickler*in. Schon mal über eine solche Stellenausschreibung gestolpert? Lesen Sie, was sich hinter der Berufsbezeichnung verbirgt und welche Fachkräfte hier eine Anstellung finden.

Text: Anja Schreiber

Die strategische Planung und Durchführung von Wandlungsprozessen in Unternehmen und Institutionen übernehmen Organisationsentwickler*innen. Ihr zentrales Ziel ist die stete Weiterentwicklung der Organisationen. Dazu können zum Beispiel öffentliche Verwaltungen, Industrieunternehmen, Kulturinstitutionen und Gesundheitseinrichtungen gehören. So wird es diesen möglich, sich an veränderte Wirtschafts- und Umweltbedingungen anzupassen. Neben strategischen Zielen wie Effizienz und Wachstum geht es bei der Organisationsentwicklung aber auch um die qualitative Verbesserung des Arbeitslebens der Mitarbeiter*innen. Dr. Frank Heber, Referent für Organisationsentwicklung beim Berlin Institute of Health (BIH) in der Charité, erklärt: „Organisationsentwicklung ist ein Querschnittsthema. Wir arbeiten als Wegbegleiter für Organisationen. Dabei analysieren und erarbeiten wir Konzepte.“ Diese betreffen von der Personalabteilung bis zum Weiterbildungsmanagement viele Bereiche.

Nicht auf einen Wirtschaftszweig beschränkt

Zu den aktuellen Standardthemen der Organisationsentwicklung zählten laut Frank Heber zum Beispiel Digitalisierung und Nachhaltigkeit: „Dabei konzipieren Organisationsentwickler*innen meist die großen Linien. Eher selten beschäftigen sie sich mit Detailfragen. Kurz zusammengefasst: Der Abstraktionsgrad der Tätigkeit ist eher hoch.“ Die Ausrichtung der einzelnen Mitarbeiter*innen könne jedoch unterschiedlich sein: „Während meine Kollegin unter anderem die qualitativen Aspekte unserer Arbeit federführend verantwortet, beispielsweise die Konzeption von Workshops für Mitarbeitende im Rahmen von Change-Management-Prozessen, bin ich mehr für die quantitativen Aspekte zuständig, etwa Befragungen von Mitarbeitenden.“

Organisationsentwickler*innen seien in allen Branchen sowie in unterschiedlichen Unternehmen und Institutionen tätig, so Frank Heber. Dabei sind sie nicht unbedingt bei dem Unternehmen angestellt, das sie entwickeln sollen. Arbeitgeber sind häufig Unternehmensberatungen, die sie entsenden oder sie sind als selbstständige Berater*innen tätig. „In der Regel sind Organisationsentwickler*innen für große und vor allem komplexe Organisationen tätig“, erklärt Frank Heber. In kleineren Unternehmen würde die Entwicklung meist intern durch die Geschäftsführung realisiert.

Austausch und Wachstum

„Beim BIH befassen wir uns aktuell mit der Implementierung eines neuen Dokumentenmanagement- und Vorgangsbearbeitungssystems“, erklärt Sabine Mallschützke, ebenfalls Referentin für Organisationsentwicklung am BIH. „In dieses System werden die komplette Ablage integriert und Vorgänge digital abgebildet, sodass es den Grundstein für eine vollständig digitale Verwaltung am BIH bildet.“ Die Aufgabe des BIH innerhalb der Charité ist es, für den kontinuierlichen Austausch der verschiedenen Forschungsbereiche zu sorgen. Dieser soll die beschleunigte Anwendung von Forschungsergebnissen ermöglichen, um so einen schnelleren relevanten medizinischen Nutzen für Patient*innen und Bürger*innen herzustellen.

„Das BIH wurde erst 2021 in die Charité Universitätsmedizin Berlin integriert. Deshalb gehört insbesondere auch das Prozessmanagement zu unseren Aufgaben. Wir versuchen, kontinuierlich alle Geschäftsprozesse zu optimieren“, erklärt Sabine Mallschützke. „Doch es geht nicht nur um Prozesse, sondern auch um Menschen. So ist auch die Personalentwicklung Teil unseres Teams, zu dem noch zwei Kolleginnen gehören, die ausschließlich für Personalentwicklung zuständig sind.“

Wie wichtig das Thema Personal innerhalb des Berufszweigs ist, zeigt sich auch in Stellenausschreibungen. Dort gehören oft Tätigkeiten im Bereich Weiterbildung zum Stellenprofil. So erwartet die “Stiftung Kinder forschen” in ihrer kürzlich veröffentlichten Ausschreibung für eine*n „Referent*in für Inhalte und Organisationsentwicklung“, dass diese Person Online- und Präsenzfortbildungen für pädagogische Fachkräfte durchführt und für diese auch Inhalte, Materialien und digitale Formate entwickelt.

Hochschulabschluss notwendig

Voraussetzung für die Tätigkeit als Organisationsentwickler*in ist in der Regel ein abgeschlossenes Studium. Oft haben Fachkräfte in diesem Bereich einen wirtschaftswissenschaftlichen Studiengang mit dem Schwerpunkt auf Organisationsentwicklung oder Change-Management absolviert. Aber auch andere Akademiker*innen sind gefragt: So suchten die Pfalzwerke in Ludwigshafen eine*n Personal-/Organisationsentwickler*in. Voraussetzung war ein erfolgreich abgeschlossenes (Master-)Studium mit Schwerpunkt Wirtschafts- beziehungsweise Sozialwissenschaften, Psychologie oder Ähnliches. Die “Stiftung Kinder forschen” erwartete in ihrer Ausschreibung vorzugsweise ein Hochschulstudium mit Schwerpunkt Pädagogik, Erwachsenenbildung oder einen vergleichbaren Abschluss.

Wie vielfältig der berufliche Werdegang von Organisationsentwickler*innen sein kann, zeigen auch die Lebensläufe von Frank Heber und Sabine Mallschützke. Letztere hat ein Diplom in Soziologie: „Anschließend machte ich noch einen Masterabschluss in Sozialmanagement und eine Ausbildung zur systemischen Beraterin.“ Ihre beruflichen Stationen führten Sabine Mallschützke über eine Tätigkeit als Bildungs- und Personalreferentin bis zur Referentin der Geschäftsführung bei einer gemeinnützigen Organisation. Frank Heber hingegen hat einen anderen akademischen Hintergrund: „Ich studierte Betriebswirtschaftslehre als Bachelor- und Masterstudiengang und promovierte anschließend zum Thema ‚Kontraproduktives Verhalten in Organisationen‘.“

Quereinstieg möglich

Einige Hochschulen bieten eigene Masterstudiengänge im Bereich Organisationsentwicklung an. Aber auch Quereinsteiger*innen haben Chancen. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn sie bereits Praxiserfahrung im Bereich Personal- und Organisationsentwicklung sammeln konnten oder eine Weiterbildung – etwa in systemischer Organisationsentwicklung – nachweisen können. Denn es kommt vor allem auf fachübergreifendeFähigkeiten an: „Organisationsentwickler*innen sind Generalist*innen“, erklärt Sabine Mallschützke. „In unserem Beruf braucht man einerseits Flexibilität, andererseits einen langen Atem und Geduld. Denn wir müssen den Mitarbeitenden unsere Konzepte vermitteln. Dabei haben wir auch die Aufgabe, bei ihnen Interesse für die Veränderungen zu wecken.“ Und gerade das sei nicht immer leicht: „Nicht selten gibt es Angst vor Veränderungen. Denn die Mitarbeitenden wissen, dass es bei jeder Veränderung Gewinner*innen und Verlierer*innen gibt.“ Aus diesem Grund seien für diese Aufgabe kommunikative Fähigkeiten entscheidend. Daneben nennt die Organisationsentwicklerin analytische und konzeptionelle Fähigkeiten sowie analytisches Denken als wichtige Aspekte für den Tätigkeitsbereich. „Außerdem sollte man in diesem Beruf die Übersicht behalten. So muss man zum Beispiel wissen, wer wann worüber informiert werden muss“, erklärt Sabine Mallschützke.

Sabine Mallschützke und Frank Heber sind sich sicher, dass die Berufsaussichten für Organisationsentwickler*innen gut sind: „Die Komplexität in Unternehmen und Organisationen nimmt stetig zu. Überall entstehen heute Querschnittsaufgaben“, so Sabine Mallschützke. Die aktuellen Dauerbrenner Digitalisierung und Nachhaltigkeit können nur mit guter fachlicher Begleitung realisiert werden. Für Fachkräfte mit Interesse an einer Tätigkeit in diesem Arbeitsfeld ein interessanter Hinweis: Wer seinen Schwerpunkt auf diese beiden Bereiche ausrichtet, erhöht seine Jobchancen und seine Zukunftsfähigkeit.

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